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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 15
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0519

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Äusftellungen

Äusftellungen
Das Junge Rheinland
Über die Vorgefcbidjte und Gründung des
„Jungen Rheinland“ ift an diefer Stelle fcbon be-
richtet worden, fo daß [ich ein näheres Eingehen
darauf erübrigt. Mit diefer Äusftellung nun tritt
die junge Sezeffion zum erften Male vor die
Öffentlichkeit. Das Refultat darf als pofitiv be-
zeichnet werden.
Diefer Erfolg ift zum guten Ceil allerdings auf
das Konto von zwei Künftlern zu buchen, die
nicht mehr unter den Lebenden weilen: Äuguft
Macke und Paul Seehaus. Macke ift nur mit
Dingen vertreten, die man fchon voriges Jahr in
Köln fehen konnte, fo daß eine nähere Änalyfe
hier nicht erforderlich ift. Man bedauert nur
immer wieder, daß diefer wirklich begabte Künft-
ler als Opfer des Krieges fallen mußte, bevor
er feine ganze Kraft entfalten konnte. Seehaus
ift mit Bildern faft aus allen Schaffensperioden
vertreten, von denen befonders der hervor-
ragende „Mageburger Dom“ genannt fei, ein
tüerk, deffen juwelenartige Farbwirkung man
nicht mehr vergißt. Aquarelle und Radierungen
vervollftändigen das Bild diefes Meifters, der
ebenfo wie Macke vor der 3eit fcßeiden mußte.
Neben diefen beiden ift Fjeinrich Nauen die
zentrale Perfönlicßkeit der Äusftellung. Er ift
vielleicht die ftärkfte 3ukunftshoffnung des
tüeftens, hat aber auch wie kaum ein anderer
die Gefahr zu vergewärtigen, verführt durch
feine glänzenden Mittel, in einen etwas ober-
flächlichen Dekorativismus zu geraten. Die 3U-
kunft muß lehren, ob er diefem Schickfal ent-
geht, zumal auf der augenblicklichen Äusftellung
nur bekannte Dinge zu fehen find. Einen ge-
wiffen Erfafj bieten die großen Porträt-Litho-
graphien, die Nauen als hervorragenden Bildnis-
maler erfcheinen laffen, alfo ein Gebiet, das er
bisher weniger kultiviert hat, da das Schwer-
gewicht feiner Tätigkeit auf der großen deko-
rativen Malerei eigentlich lag. Nauen wartet
noch immer auf den Monumentalzyklus, auf den
feine ganze Kraft hinzudrängen fcheint.
Im übrigen laffen fiel) auf der Äusftellung drei
Gruppen unterfcheiden. Da ift zunächst der rechte
Flügel, deffen Vertreter noch ftark mit dem Im-
preffionismus verhaftet find. Än der Spitze fteht
te Peerdt. (Hie immer, fo hält er auch hier
Niveau. Neben ihm feien Friß Cüeftendorp
und Max Stern genannt. Von dem letzteren
fei ein großer „Badeakt“ hervorgehoben. End-
lich gehören noch hierher als Maler von alter
Kultur: Otto und Alfred Sohn-Rethel. 3iemlich

für fich allein ftehen zwei Künftler eigenfter Art:
Julius Bre§ und Chriftian Rohlfs, der alte, aber
noch immer frifetje Meifter von Fjagen.
Das Rheinland, und vor allem Düffeldorf, ift
nie ein günftiger Boden für künftlerifchen Radi-
kalismus gewefen; fo find auch auf diefer Äus-
ftellung eine Reihe von Künftlern zu nennen, die
wohl auch über die alte Tradition hinausftreben,
aber nicht den lebten Schritt wagen, radikal
Neues zu fchaffen. FJierhin gehören: Arthur Kauf-
mann, der ftark venetianifch orientierte Hlerner
Fjeufer, der virtuofe Clarenbach-Schüler ttlilhelm
Schmeß, FJans Schüß, der zum Ceil recht be-
achtenswerte Dinge fetjafft, Dora Diel, Carli
Sohn-Rethel u. a.
Dann der linke Flügel. Freilich — mit wenigen
Ausnahmen — befonders wütende Radikale find
das nur für Düffeldorf. Än der Spitze fteht Jofef
Eberz. Von ihm fei befonders ein vorzüglicher
„Johannes auf Patmos“ hervorgehoben. Än-
fprechend ift auch die Lithographienfolge „Klofter
Eberbach“. Reichlich ungleichmäßig wirkt Fjeinz
May. Hlietbuchter vermag auf die Dauer kein
tieferes Intereffe zu erwecken, ebenfo ftimmt
5. Dornbach bedenklich. Einzelnes von ihm ift
dagegen recht tüchtig. De Fjaer ift auch nicht
befonders glücklich vertreten. Immerhin läßt fich
aber von ihm noch etwas erwarten, ünd nun
die beiden Schreckensmänner des Düffeldorfer
Publikums: Max Ernft und E. Dülberg. Ernft
ift zweifelsohne begabt, aber ift das nicht leßten
Grundes raffiniertefte Ärtiftik, was da gezeigt
wird? Pofitive Refultate dürften dabei kaum
herausfpringen. Anders dagegen Dülberg. 3U~
gegeben, daß feine Kunft eine Sackgaffe be-
deutet, jedenfalls aber find feine Bilder von
ftärkfter Eindruckskraft, und fchwenkt er zum
Glasgemälde über, fo entftehen Dinge, die man
nicht fo leicht vergißt.
In der Graphifchen Abteilung find zu nennen:
Schwarzkopf, üzarski und üleinzheimer. Die
Fjolzfcfmitte Schwarzkopfs gehören mit zum
Eindruckvollften der ganzen Äusftellung. Nur
manchmal tritt ein gewiffer Archaismus ftörend
hervor, üzarski fcheint fehr auf feine bewährten
Mittel zu bauen, fo daß man vom Eindruck
einer gewiffen Manier nicht loskommt. Es wäre
bedauerlich, wenn der begabte Graphiker diefe
Klippe nicht überwinden follte. Kleinzheimer
wirkt mit einer — übrigens unverftändlich großen
Kollektion recht ungleichmäßig. Vieles ift direkt
abzulehnen, anderes dagegen wieder fehr hoch-
ftehend. üzarski und Schwarzkopf find auch
auf dem Gebiete der angewandten Kunft ver-
treten. Fjier liegt nun überhaupt das Schwer-
gewicht der meiften jungen Calente, die in der

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