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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 20
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Kunstpolitik
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Sammlungen
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Kunftpolitik — Sammlungen

kann man woßl mit Recht fagen, daß es fiel)
ßier um einen Vorgang handelt, der wie kaum
ein anderer den tiefen 3erfall unferes Kultur-
gefühls illuftriert. Mag dem Großherzog auch
noch fo feßr das formale Recht zur Seite geftanden
l)aben, moralifcß ift feine Cat zu verwerfen als
ein trauriges Beifpiel für die Rückficßtslofigkeit,
mit der felbft noch im 3Gkalter der Revolution
gewiffe FJerren über die kulturellen Intereffen
des deutfcßen Volkes hinweggehen.
Grünewalds Ifenßeimer Ältar
war am 27. September zum letztenmal in der
Münchner alten Pinakothek zu feßen. öCIäßrend
ficß oben in dem betreffenden Saale noch dichte
Scßaren andächtiger Befucßer drängten, um von
dem größten Meifterwerk deutfcßer Kunft Ab-
fcßied zu neßmen, warteten unten bereits die
Packwagen zum Abtransport, die Grünewalds
ÜLIerk nach dem nunmehr franzöfifcßen Elfaß
entführen füllten. Es fcßeint übrigens, daß die
Befürchtung, die Franzofen möchten diefes Denk-
mal deutfcßer Kunft nach Paris bringen, unbe-
gründet ift, da die Stadt Kolmar als Eigentümerin
des Schafes ficß nicht fo leicht von ißm trennen
dürfte. Der Altar foll wiederum im Mufeum
önterlinden in Kolmar aufgeftellt werden.
Bei diefer Gelegenheit mag auf eine neue
Publikation verwiefen werden, die eben erft im
Delpßin-Verlag erfcßienen ift und Auguft
L. Mager zum Verfaffer hat. In diefem Buch
über Matthias Grünewald hat der Verfaffer
nicßt nur die früheren Ergebniffe der Forfcßung
(5. A. Scßmid, Fragen u. a.) verarbeitet, fondern
auch durch eigene Refultate ergänzt. Neben den
Vorzügen des Cextes, die auch an diefer Stelle
unterließen werden follen, find vor allem die
glänzenden Abbildungen zu erwähnen, von denen
ganz befonders die Detailaufnaßmen ftärkften
Eindruck ßinterlaffen. Der Preis des feßönen
Grünewald-Buches ift mit M. 9.— (bzw. M. 11.—
geb.) äußerft niedrig zu nennen.
Vakanz an deutfcßen Mufeen
Gegenwärtig find folgende Poften zu befeßen :
Köln: Nach dem Ableben der beiden Direktoren
am Klallraf-Ricßartz-Mufeum die leitende Stel-
lung an diefer Anftalt. — Kiel: Nach dem Code
des leitenden Direktors Prof. Brandt wird foeben
von der Stadt die Stelle des Nachfolgers aus-
gefeßrieben. — Fjalle a. S.: Die Berufung Pro-
feffor Sauerlandts als Leiter des Fjamburger
Mufeums für Kunft und Gewerbe hat vorläußg
das junge FJallenfer Mufeum verwaift ßinterlaffen.
Bezüglich der Nacßfolgerfcßaft verlautet noch
nichts Pofitives. — Stuttgart: Die Frage der

Neuordnung der ftaatlicßen Kunftfammlungen foll
feit GUocßen die maßgebenden Stellen in Stutt-
gart befcßäftigen. Nachdem man feßeinbar den
Gedanken der Berufung eines Generaldirektors
aufgegeben hat, werden demnäcßft die leitenden
Poften für das Mufeum der bildenden Künfte,
die Altertümerfammlung, die moderne Galerie
und die Kupferfticßfammlung zu beferen fein.
Eine kürzlich in der Preffe erhobene Forderung
verlangt die Berufung von vier Fachdirektoren,
die ficß wie folgt in die Refforts teilen: Älteres
Kunftgewerbe, Archäologie und Münzkunde, alte
Kunft, neue Kunft und Graphik.— Karlsruhe:
Nach dem Rücktritt des achtzigjährigen ßans
Cßoma von der Leitung der ehemaligen Groß-
ßerzoglicßen Kunftfammlung ift auch diefer Poften
zu beferen, der allerdings eine grundlegende,
innere Reorganifation des Karlsruher Mufeums-
wefens zurVorausfe^ung hat. — GQiesbaden:
Scßon feit einigen Jahren fueßt die Stadt an-
geblich nach einem berufenen Direktor der
ftädtifeßen Galerie, der gleichzeitig auch die Lei-
tung des Naffauifcßen Kunftvereins bzw. der
Güiesbadener Gefellfcßaft für bildende Kunft zu
übernehmen hätte. Fraglos wird die derzeitige
Befejzung der Stadt durch die Franzofen die
Erledigung diefer Angelegenheit noch weiter
ßinausfeßieben. — Endlich ift auch der Poften
des Direktors am Lübecker Mufeum freigewor-
den, nachdem Prof. Scßaefer die Berufung nach
Köln als Leiter des dortigen Kunftgewerbe-
mufeums angenommen hat.
Freie Leßrkanzeln für Kunft-
g e f cß i cß t e
An deutfeßen Qniverfitäten und teeßnifeßen
Fjocßfcßulen find zur 3eit die folgenden Ordina-
riate für Kunftgefcßicßte unbefejzt bzw. foeben
freigeworden: Charlotten bürg: Durch den
Cod von Max Georg 3immermann. — Karls-
ruhe: Durch die Berufung von A. E. Brinckmann
nach Roftock. — Göttin gen: Durch den GGIeg-
gang von Fj. A. Scßmid nach Bafel. — Außer-
dem find die Leßrftüßle an den neuen gegrün-
deten öniverfitäten in Köln und Fjamburg
noch unbefetzt.
Sammlungen
Bafel
Die Böcklin-Sammlung des Mufeums ift
diefer Cage durch drei Leihgaben bereichert
worden. Neben den unfern Kunftfreunden ver-
trauten Gemälden des Meifters find nun die
folgenden bedeutenden GLIerke Böcklins ausge-
stellt: „Die fterbende Kleopatra“, erfte Faffung,

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