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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 24
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Von Künstlern und Gelehrten
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Alte und neue Graphik
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0853

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Alte und neue Graphik

fortan dem Husbau diefer neuen Gründung widmen
dürfte. Die italienifche Regierung hätte für einen
folcben Poften kaum einen Befähigteren finden
können.
Pompeo Molmento
der bekannte fleißige italienifche Kunfttüftoriker,
wurde zum ünterftaatsfekretär im Minifterium
für Ältertümer und fchjöne Künfte ernannt. Der
Gelehrte ftetjt im 68. Lebensjahre und hat [ich
hauptfächlich durch feine Studien zur Kunft-
und Kulturgefchichte Venedigs verdient ge-
macht.
Älte und neue Graphik
ünter Leitung von
Dr. Karl Schwarz, Berlin HI. 30,
Hfd)affenburger Str. 20.
Neue grapljifdje Veröffentlichungen
Einzelblätter
Der Verlag Friedrich Dehne, Leipzig zeigt
eine Reihe intereffanter Blätter an.
Emil Pottner, der vorzügliche Darfteller des
Federviehs, der uns durch die intime Kenntnis
diefer Eiere immer wieder in Erftaunen feljt
und ihr ftilles Dafein in den verfchiedenften
Formen (vor allem auch in feinen Original-
Porzellan-Plaftiken) zur Änfchauung bringt, hat
drei neue Blätter gefchaffen, von denen jedes
in befonderer Ärt von künftlerifchem Reize ift.
3wei farbige Linoleumfchnitte find in ihrer
aquarellartigen GUirkung wahre Meifterleiftungen.
Die Radierung der „Fliegenden Enten“ mag als
graphifches Blatt noch mehr Liebhaber finden,
da in ihr die Impreffion zu fuggeftivem Erleben
gefteigert wird. — Neben diefen Blättern hält
nur noch die Rhythmik der Qolzfchnitte von
K. F. 3ähringer, befonders die großgefchauten
„Eisbrecher“, ftand. Peter Fjalm wirkt da-
gegen recht akademifch und mitunter fogar
langweilig, Qermann Struck hat die Porträt-
radierung Richard Dehmels, die bereits dem
Jahre 1904 entftammt, durch Befcfmeiden der
Platte (von 33x28 cm auf 20x13 cm) zu be-
deutend ftärkerer Konzentration erhoben. Das
Blatt hat entfchieden gewonnen und gibt in
feiner füllen, verfonnenen Ärt ein vorzügliches
Äbbild des Dichters.
Mapp enwerke
Lovis Corinth, Das Gastmahl des Trimal-
chio. F. Bruckmann A. G., München. 15 Original-
Radierungen in einer Mappe mit lithographiertem
Deckel. Nr. 1-15 auf Japan M. 1000.—, Nr. 16
bis 40 auf Bütten M. 550.—.

Otto Gleichmann, Antiochus. 10 Lithogra-
phien zum zweiten Buch der Makkabäer. — Judas
Makkabäus. 10 Lithographien zum zweiten Buch
der Makkabäer. Verlag Paul Cassirer, Berlin.
Lovis Corinth, der Meifter der Lebensbejahung,
der große Künftler einer kraftftroßenden Sinn-
lichkeit, der Verächter alles Philiftertums, deffen
Kunft bis zu den äußerften Grenzen des Gro-
tesken geht, hat in 15 Radierungen Szenen aus
des Petronius’ wildfchäumender Orgie dargeftellt.
Mit einer nur diefem Künftler innewohnenden
Kühnheit fchwingt er [ich empor in das Reich
ausgelaffenfter Cräume und fchnurrigfter Pt>an-
taftereien, gibt ein wildes Durcheinander von
Strichen und fchreibt mit fieberhafter Eile Äugen-
blicksbilder nieder, durch die ein Branden und
Cüogen, ein 3ucken und Braufen geht, wie es
nur einem glutvollen Cemperamente zu geftalten
gelingt, tüenn man diefe Blätter an [ich vor-
überziehen läßt, ift man erftaunt ob der Kühn-
heit. mit der fie konzipiert find, üüie Vifionen
tauchen die Szenen vor uns auf, die unter un-
feren Blicken wieder zu entfchwinden fcheinen.
Corinth, der alte 3echer, hat h'er aus vollem
Fjerzen gefchöpft und überträgt auf den Be-
fchauer die feuchtfröhliche Laune, wie fie uns
aus dem Romane des Petronius entgegenlacht
und wohl auch einft im Ällotriakreife zu Mün-
chen, deffen gefürchtetftes Mitglied der Künftler
war, geherrfcht hat.
Nimmt man dagegen die beiden Mappen von
Otto Gleichmann zur Fjand, fo ift man verwirrt
von dem Gewoge der Striche, den verzerrten
Geftalten und dem allgemeinen Chaos, das in
diefen gar zu kühnen Blättern herrfcht. Von
altteftamentarifcher Größe, von FJeldentum und
Begeifterung ift hier eigentlich wenig zu ver-
fpüren. Ich kann mir mit dem beften ülillen
Judas Makkabäus nicht mit einem Giraffenhals
vorftellen und in diefen verzerrten Gefichtern
keine Fjelden erblicken: das ift expreffioniftifche
Exzentrik! Man vergleiche nur hiermit das Cüild-
braufende in den Corinthradierungen; dort hat
das rafende Cempo feine Berechtigung und feinen
vollgültigen künftlerifchen Äusdruck gefunden,
hier dagegen ift es nur ein uferlofes Braufen
und Cofen, dem der Betrachter ratlos gegen-
überfteht.
Ankündigungen
Die Verleger ftrengen [ich gewaltig an, um
vor dem CüeiFmachtsfefte uns mit recht viel
Mappenwerken zu beglücken. Die Fülle deffen,
was von allen Seiten angekündigt wird, ift fo
groß, daß nur ein allmähliches Verdauen mög-
lich ift. Es fei heute nur auf die verfchiedenen

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