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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 8
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Uphoff, Carl Emil: Die Sozialisierung der Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0236

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Von C. E. UPHOFF

Die Sozialifierung der Kunft

Vorbemerkung der Schriftleitung. Die nachfolgenden Ausführungen zu einem seit
dem Tage der Revolution oft erörterten Thema sind das reife Ergebnis eines ebenso starken
wie folgerichtigen Denkens. Sie werden deshalb auch die Beachtung derjenigen finden, die
heute vielleicht dem Problem als solchem innerlich noch fremd gegenüber stehen. Von allen
sogenannten Kunstprogrammen ist das hier veröffentlichte das im sozialen Geiste am meisten
logisch bedingte.
Indem icß es verfliege, einen gangbaren (Lieg zur Vergemeinfcßaftlicßung (Sozialifierung)
der geiftigen und künftlerifcßen Güter zu zeigen, bin id) mir deffen bewußt, daß
meine Vorfcßläge erftens nur das (Hirtfcßaftlicße betreffen können, während eine
Reform des künftlerifcßen Geiftes nur aus den Perfönlicßkeiten ßeraus erfolgen kann,
und daß sie zweitens nur bei einer generellen Neuformung der wirtfcßaftlicßen Ver-
ßältniffe der Gefellfcßaft auf gemeinwirtfcßaftlicßer (fozialiftifeßer) Bafis Fjand und Fuß
ßaben werden. Die Vorfcßläge feßweben indes nießt ganz in der Luft. Sie ftütjen
ßcß vor allem auf die Diktatur der materiellen Lage, die naeß der immer weiter um
sieß greifenden Überzeugung nur dureß den vollftändigen Neuaufbau auf neuer —
eben fozialiftifeßer — Grundlage wiederßerzuftellen ift. Sie ftütjen ficß‘ ferner — und
für mieß ßauptfäcßlicß — auf den aus den Liefen der Menfcßßeit ßeraufdrängenden
neuen Geift, der die Äufricßtung des alten Hnrecßts oder eines ßalben Recßts nießt
dulden wird. * *
*
Die erfte Vorausfeßung für fozialiftifeße Maßnaßmen ift die Scßaffung einer allge-
meinen Recßtsgrundlage, auf der fußend die Ärbeit begonnen werden kann. Es ift
aus praktifeßen Gründen ebenfo unfinnig als mit der Idee des Sozialismus unvereinbar,
das Sozialifieren von oben ßerunter zu beginnen. Keine Regierung vermag fieß einen
fo umfaffenden Einblick in die einzelnen Berufe zu verfeßaffen, daß fie klipp und klar
fagen könnte, fo und fo follt ißr es maeßen. Nur die Angeßörigen der Berufe felbft
können den Einblick und Überblick ßaben und nur fie können im Einverneßmen aller
Beteiligten oder wenigftens der Meßrßeit mit der praktifeßen Verwirklicßung des
Sozialismus beginnen. Eine Regierung kann wie gesagt nur die Recßtsgrundlage für
die fozialiftifeßen Handlungen der einzelnen bezw. der Genoffenfcßaften von einzelnen
— Perfonen und Betrieben — ßerftellen und ißnen den nötigen Scßutj gewäßren. Im
übrigen gefeßießt das Sozialifieren von unten ßer. — Ein anderer weitverbreiteter
Irrtum befteßt noeß darin, daß gemeint wird, eine völkifeße Gemeinfcßaft allein könne
nießt dureßgreifend fozialifieren und alfo müffe gewartet werden, bis alle Völker den
Sozialismus wollen. Es fteßt jedoeß nießts im (Hege, daß ein Volk naeß innen fozia-
liftifcß und naeß außen, dureß entfpreeßende Organe vertreten, kapitaliftifcß wirtfeßaftet.
Nur die roße Gewalt (bewaffnetes Einfcßreiten, wirtfcßaftlicße Abfperrung dureß die
Gefamtßeit der anderen Staaten) kann ein Hnmöglicß bedeuten; fonft nießts.
(Hie ift nun die Recßtsgrundlage für fozialiftifeße Maßnaßmen zu feßaffen?
Einzig und allein dureß folgende Erklärung von oben ßer:
„Alle (im Erklärungsbereicß vorßandenen) wirtfcßaftlicßen und geiftigen (alfo aueß
künftlerifcßen) Güter, fowie alle zu ißrer Verwertung dienenden Einricßtungen und
Veranftaltungen find Eigentum der Gefamtßeit. Die Gefamtßeit übernimmt dafür die
Sicßerftellung aller (materiellen) Lebensbedürfniffe für jeden Volksgenoffen naeß feiner
Leiftung und naeß feinem Bedarf.“

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