Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

DOI Heft:
Heft 18
DOI Artikel:
Kunstpolitik
DOI Artikel:
Sammlungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0621

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kunftpolitik

Sammlungen

zuftellen, wo er dann eine traurige Konkurrenz
zu Älbert Schulz’ „Gänfeliefel“, einer literarifcßen
Nichtigkeit von entfprechender Popularität, und
dem plaftifd) unmöglichen 3weikampf zwifcßen
Frofcß und Fjeufcßrecke von Ringel d’Illzach
bilden foll.
Dabei wird törichterweife ganz vergeffen, daß
gerade Ädolf Fjildebrands Denkmalskompofitionen
grundfäßlicß mit dem Standort ver-
wacßfen find, für die fie einmal gefchaffen
wurden. CUem das nicht der künftlerifche In-
ftinkt fagt — in bezug auf den ja die Franzofen
uns barbarifchen Deutfcßen unendlich überlegen
find kann das in Fjildebrands eigenen Schriften,
dem „Problem der Form“ und den „Gefammelten
Äuffäßen“ wiffenfchaftlich begründet nachlefen,
die alle in Straßburg bei dem Verlag Fjeiß
und Mündel, fogar auch in franzöfifcher
Übertragung, zu haben find. — Oder follte
etwa bei diefer Verfeßung in die Orangerie die
rafßnierte Äbficßt vorwalten, durch das rohe
Fjerausreißen der Denkmalsfigur aus ihrem finn-
gemäßen 3uFamnienhang den Vater Rhein vor
aller (Heit für immer lächerlich zu machen, um
damit wieder einmal die Superiorität franzöfi-
fcher Kultur über germanifcben öngefcbmack in
effigie zu beweifen?
Für den Freund moderner Plaftik war bisher
Fjildebrands Straßburger Reinhardt-Brunnen
immer ein Mufterbeifpiel, wie man ein neues
Denkmal einer alten Umgebung raumkünftlerifcb
vollendet einfügen muß. Von diefer jeßt in
Deutfcßland wiffenfchaftlich und künftlerifcb zu
neuem Leben erweckten Stadtbaukunft, um
wieder zum Äusgang unferer Betrachtung zurück-
zukehren, fcbeinen die modernen Franzofen
leider noch wenig Äßnung zu haben, obwohl
gerade ihre Voreltern im 18. Jahrhundert diefes
umfaffendfte Gebiet der Ärcßitektur und der
Plaftik zu höchfter Blüte gebracht hatten: Jedem
Straßburger Kunftßiftoriker find die monumen-
talen Stadtregulierungspläne des dortigen Stadt-
archivs bekannt, die J. F. Blondel der Jüngere
1765 für die enge Feftungsftadt entwarf. (Äbgeb.
in Blondel, Cours d’Ärcßitecture. Paris 1768,
C. IV. Befprocßen von Ernft Polaczek, 3eit"
fcßrift für die Gefcbicbte des Oberrheins 1914.
S. 410ff. und von Ä. E. Brinckmann, Stadtbau-
kunft des 18. Jahrhunderts. Berlin 1914. S. 24
und 25, Äbb. 25.) (Harum bemühen ficb die
Enkel fo eifrig, diefes große Erbe ihrer Väter
aufs fcbmäblicbfte zu verfcbleudern?
Friß Fjoeber.

Sammlungen
(Uiedereröffnung der Münchener
Neuen Pinakothek
Von der neu gefeßaffenen Münchener Neuen
Staatsgalerie war hier kürzlich die Rede. Da
nunmehr die Neue Pinakothek wieder eröffnet
wurde, ift nach jahrelanger Karenz der gefaulte
bayerifebe ftaatlicße Befiß an CUerken neuerer
Kunft allgemein zugänglich.
Durch geringe bauliche Veränderungen der
Innenräume (helle einfache Änftricße, Verlegung
von Cüren, Cieferlegung der Decken der Seiten-
kabinette, Äbfcbrägung von Cüänden) find die
auffälligften, mufeumsteebnifeben (Hiderftände
des für moderne Äusftellungszwecke gänzlich
ungeeigneten Bauwerkes befeitigt worden. Die
Beftände wirken in der neuen Äufftellung auch
für den Kenner der ehemaligen Neuen Pinako-
thek faft als neue Sammlung. Ein kurzer Über-
blick vergegenwärtige Umfang und Qualität der
Darbietung.
Die mittleren, großen Repräfentationsfäle ent-
halten wie früher die vielleicht peinlicbfte Fjer-
vorbringung des Jahrhunderts: die Fnflorifcbe
Ußeaterdekoration der Kaulbacb und Pilotys;
Makarts unfinnlicb finnlicbe Phantafien. In der
gleichen Linie: Defreggers Sendlinger Bauern-
fcblacFjt und Böcklins Spiel der (Hellen. Die-
selbe Raumflucbt — man erftaunt über die Mög-
lichkeiten zeitgenöffifeber Spannung — bringt
die breiten feierlichen und dabei wundervoll
lebendigen Schlachtenbilder CU. von Kobells,
wahrhaft malerifcbe Epik. Die danebenhängen-
den Szenen des P. von Fjßß (Einzüge König
Ottos in Ätben und Fjauplia) wirken verftaubt,
biftorifierend; dürftiger gefcbicbtlicber Änfcßau-
ungsunterriebt.
Ein weiterer Fjauptraum bringt in etwas bunter
3ufammenftellung Ä. Liers groß gefebene, aber
doch wohl im Format etwas zu breit gefaßte
Cßerefienwiefe, Courbets Durchgehendes Pferd
(wunderbare Schlagkraft der Diagonale!), CIhdes
Chanteufe, Älbert Kellers Bildnis der Gattin in
(Heiß.
Der Rottmann-Saal blieb unverändert. Die
3eit, die diefe beroifeben Landfcbaften, die in
Größe des CHurfs und Kühnheit der Durchbildung
zu den prominenteren Leiftungen des Jahrhun-
derts gehören, würdigt, ift wohl nicht ferne und
fie wird diefen Raum (gleich wie den Marees-
Saal der biefigen Neuen Staatsgalerie) als eine
Rubmesftätte deutfeßer Kunft verehren. (Ebenfo
wie die verfallende Pracht der Rottmannfcßen

595
 
Annotationen