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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 21
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Von Künstlern und Gelehrten
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Neue Graphik und Liebhaberbücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0737

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Von Künftlern und Gelehrten

Neue Graphik und Liebljaberbüdjer

Hannover
Als ordentlicher Profeffor für Städtebau und
künftlerifchesSiedlungswefen wurde an dietüefige
tecbnifcbe Fjocbfcbule der bisherige Privatdozent
an der technischen Fjochfchule zu Darmftadt,
Prof. Dr. Ing. Ernft Vetterlein, berufen.
Karlsruhe
3um Direktor der Kunfthalle wurde Dr. W. F.
Storck berufen, der bisher Leiter der graphi-
fchen Sammlung der Mannheimer Kunfthalle
war. Die Wahl ift glücklich zu nennen und man
darf dem neuen Direktor nichts weniger als eine
Neuorientierung der gefamten Karlsruher Kunft-
pflege Zutrauen.
Rom
Louis Deschene, membre de l’Academie des
inscriptions et belles lettres et de l’Academie
franpaise, ift für weitere fechs Jahre zum Direktor
der Ecole franpaise in Rom ernannt worden. 0. G.
Stuttgart
3um Leiter der vereinigten Kunftfammlungen
des Landes Württemberg ift der feitherige Direktor
der ftädtifchen Mufeen zu Erfurt, Dr. Edwin
Redslob, berufen worden. Die Staatsfammlung
vaterländifcher Kunft- und Altertumsdenkmale
wird mit ihrem archäologifchen Feil und der
Münzfammlung der befonderen Obhut von Prof.
Dr. Gößler anvertraut bleiben.
Neue Graphik
und Liebhaberbücher
Neue Luxusdrucke
Wenn die Paufe, die ich in meiner Bericht-
erftattung eintreten laffen mußte, ihren Grund
im Mangel an Stoff hätte, würde ich das mit
befonderer Genugtuung hier fagen. Leider ift
das nicht der Fall. Es ift in Luxusdrucken flott
weiter fpekuliert worden. Wollte ich aber alle
in der 3wifchenzeit zubereiteten „bibliophilen
Leckerbiffen“ auftifchen, fo ergäbe das ein Menu,
das dem wahren Bücherfreund doch keinen
Genuß bereiten würde. Erzeugniffe einer ent-
arteten Bibliophilie bleiben beffer unbeachtet;
es ift das vielleicht ein Mittel, um unfer mo-
dernes Buchgewerbe vor den Gefahren zu
fchü^en, mit denen es die Maffenerzeugung fo-
genannter Luxusdrucke bedroht. Erfreulicher-
weife ift uns ja neben der unechten Ware auch
wieder eine Reihe echter Prunkftücke befchert
worden.
Vor allem ein neuer „numerierter Goethe“.
Im Verlage von Paul Graupe in Berlin ift im
Aufträge von Dr. Julius Schroeder, dem frü-

heren Inhaber des Fjyperionverlages, eine Vor-
zugsausgabe von Goethes Balladen (denen
noch — ich weiß nicht warum — der Klag-
gefang von der Edlen Frauen des Afan Aga
zugefügt ift) in Quart erfchienen, die durch die
Kunft von Sepp Frank ihre eigene Note er-
hält. Sepp Frank hat 32 ganz- oder halbfeitige
Radierungen geliefert, einen prachtvollen Bild-
titel, das Verlagsfignet und fogar, ganz origi-
nell, den Vorfah radiert und auch den Einband
entworfen. Den Fext druckte in Schwarz und
Rot in der Maximilian-Schrift von Rudolf Koch
Otto v. Fjolten in Berlin. Die „billigfte“ Aus-
gabe auf Kaiferlich Japan in 3>e9enperganient
koftet 550 Mark. Außerdem wurde eine kleine
3ahl von Exemplaren auf handgefchöpftem
Japanbütten gedruckt, in Kalbpergament, vom
Künftler in mehreren Farben ausgemalt, ge-
bunden und mit Ganzpergament-Ümfchlägen
verfehen, in die fogar Kupferplatten der Ra-
dierungen eingelaffen find. Einer noch kleineren
3ahl von Exemplaren wird eine Mappe mit
Abzügen der 3uftands- und der fertigen Radie-
rungen auf Pergamentblättern beigegeben, und
ein Exemplar wurde endlich für einen Berliner
Bibliophilen auf Kalbpergament gedruckt und
erhielt noch zu allem anderen die Original-
fkizzen zu den Radierungen in Paffepartouts.
Im ganzen 117 Exemplare, für , die die Preife
bis zu 8000 Mark emporfteigen. Was foll man
fagen, wenn fchon die Schufzumfchläge mit
Pergament überzogen werden und Kupferplatten
erhalten und alfo in Wahrheit wieder eine eigene
Schutzhülle beanfpruchen dürfen! Fehlt eigent-
lich nur noch eine Ausgabe auf Menfchenhaut,
der noch die Korrekturbogen mit der Signatur
des Sehers in Pergamentmappe mitgegeben
werden. Diefe verfchiedenen Ausgaben, in denen
heut die meiften Luxusdrucke uns angeboten
werden, empfinde ich als eine Ausnutzung der
Konjunktur, als eine unerfreuliche Mode, die
den Seltenheitswert zur Fjauptfache der Bücher-
liebhaberei machen möchte. Gerade diefer Goethe-
druck hatte die mannigfach abgeftuften Ausgaben
nicht nötig, weil fchon die „einfache“ Ausgabe
alle Wünfche eines Freundes des fchönen Buches
befriedigt. Fjier entfpricht auch der Preis dem
Gebotenen, was befonders betont fei. Vielleicht
erfcheint manchem der Schriftgrad zu klein im
Verhältnis zur Größe der Seite; ich habe aber
das Empfinden, daß die roten Initialen jeder
Strophe ausgleichend wirken. Daß der Fraktur-
fchrift Rudolf Kochs die Gedichtüberfchriften in
Antiqua ohne jede Beeinträchtigung der künft-
lerifchen Wirkung vorangefetzt werden konnten,
ftelle ich zu meiner eigenen Überrafchung feft.

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