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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 11
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Venitz, A.: Die Wohnform in der künftigen Siedlung: mit 6 Abbildungen vom Siedlungsplan Soldin i. Nm.
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0335

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Die CLIoßriform in der künftigen Siedlung

Mit 6 Abbildungen vom Siedlungsplan Soldin i. Nm.

Von Architekt A. VENITZ, Berlin

„So baue jeder fid) auf feine ttleife
das fjaus, die Burg, die feine Seele braucht.
Der eine bau’ im ftillen Fjiittenkreife,
wo trauter Schlot in Friedenskringeln raucht.
Baut jeder fo die GUelt aus [ich heraus,
Baut er am beften auch am Uleltenßaus!“


ede ausgeprägte Uloßnform in Stadt und Land entwickelt beftimmte Gewohnheiten,

Sitten und Bedürfniffe der Bewohner, die dann ihrerfeits wieder die felbftverftänd-

J liehe Grundlage für die Produktion von Uloßnftätten abgeben. Wenn die F)aus-
geftaltung bodenftändig bewährte Uypen liefert, wird fie auch jeden Ulecßfel in der
formalen Ausbildung, wie ihn die 3eit erfordert, leicht ertragen können. Lajjen je-
doch veränderte politifche und foziale Verhältniffe eine überlieferte Art des
Uloßnens als veraltet und unbrauchbar erfeßeinen und einen Umfcßwung in der be-
fonderen Form der Fjeimftätte eintreten, fo begegnet man häufig der Erfcheinung, daß
die aus alter Gewohnheit übernommenen feftgewurzelten Anfchauungen auch in der
veränderten Umgebung lange beibehalten werden und der endgültigen zweckdienlichen
Löfung des neuen Uypes hinderlich entgegenftehen. Ein [djlagendes Beifpiel für folcßen
Übergang liegt in unferer 3eit> dem fozialen Vorgang der Ablöfungsverfucße der Miet-
wohnung durch das ländliche Eigenheim.
Befonders deutlich treten hier alle Merkmale der Beharrung an alten, auf anderer
Grundlage entwickelten Ständen zutage, als der Ulecßfel nicht allmählich, fondern mit
plötzlich einfejsender Ulucßt vollzogen und von [pekulativen Intereffen obendrein kräftig
gefördert wurde.
Die Frage der ftädtifchen Uloßnung des Bürgers, des Induftriearbeiters, des gelernten
Handwerkers ift der größte Teil der fozialen Frage, ift feßon feit Jahrzehnten in Geltung.
Unter anderem ift aber die ftädtifeße Uloßnfrage nicht nur als der größere Ceil der
fozialen Frage, fondern neben der Frage der Ernährung und Befeitigung der Land-
flucht woßl als die wießtigfte Frage des Gemeinfcßaftslebens unferer 3^it anzufpreeßen.
Mit der Ulendung in unferem Gefcßick, deren Folge Kontrolle von Koßle und Me-
tallen durcß unfere Gegner ift, werden Induftrie und Handel woßl teilweise Einfcßränküngen
erfahren und es entfteßt die Frage nach Verwendung für die vorhandenen Arbeitskräfte,
foweit fie nicht in Landwirtfcßaft und Verkehr Unterkommen. Ja, die Frage nach Erfat}
für einzelne wichtige Bauftoffe für die Erftellung von Uloßnftätten der künftigen 3c*t
ift mit ißr gleichbedeutend und von diefen Vorgängen gleichfalls berührt. Nur dürfen
fie meßt zu koftfpieligen Experimenten im Siedlungswefen werden, fonft hindern fie
den wirtfcßaftlicßen 3weck. Es kommen kleine Objekte mit äußerftem Minimalmaße
in Betracßt, welche allenfalls auf Verwendung von Eifen und gebrannten Steinen, jedoch
meßt auf Benutzung gefunder Hölzer von beftändigen Querfcßnitten verzichten können,
aueß als Ausbeutungsobjekt von Unternehmern nie erwogen werden dürfen, zu ißrer
Erftellung alfo meßr einer gefunden handwerklichen Ausführung des Meifters der Klein-
ftadt mit Hilfe des Siedlers bedürfen, als großftädtifeßen Unternehmertums mit Scßlag-
wörtern wie „Sparfame Bauftoffe“ oder „Sparbau“. An der Ausführung der
Arbeiterfiedlungen Staaken b. Spandau und Priefteritj b.Ulittenberg, die in ißrem heutigen
3uftand bereits wie Ruinen wirken, können wir feßen, woßin im Siedlungswefen Unter-

Der Cicerone, XI. Jahrg., Heft 11.

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