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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 7
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Uebe, F. Rudolf: Der Kunstbesitz der deutschen Fürsten, [4], Kunstschätze der Herzöge von Anhalt
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Kunstpolitik
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0208

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Der Kunftbefiß der deutfeßen Fürften

Fjerzogsßaufes die Übernahme der herzoglichen Kunftfammlungen in den Befife der
Allgemeinheit zu betreiben. Anhalt kann [o mit einem Schlage eine eigenartige und
fehenswerte Kunftfammlung haben, das Material i[t da — die Raumfrage würde fiel)
in der jetzigen 3eit, wo Schlöffer und Palais leer geworden find, ebenfalls löfen laffen.
Es ergäbe fiel) fd)on durch 3ufammenlegung der Sammlungen des gotifchen Haufes,
der Amalienftiftung, der 3eicb)nungen und illuminierten Fjandfcßriften der Behörden-
bibliothek in Deffau ein Mufeum, das insbefondere Ältdeutfcße und Altniederländer,
dann deutfd)e, ßolländifcße und flämifche Meifter des 17. und 18. Jahrhunderts umfaßt,
weiterhin füddeutfd)e und Schweizer Glasgemälde des 16. Jahrhunderts, vielleicht auch
die Antikenfammlung aus ödörliß und in einer kunftgewerblichen Abteilung Stücke aus
dem Silberfcßaß des herzoglichen Fjaufes. So würde durch das Jahrhundert ihrer Ent-
ftehung und die Sammlergrundfätje ihrer Begründer die anhaltifche Kunftfammlung fich
gegenüber Landesmufeen, die aus den fürftlichen Kunft- und Raritätenkammern ßer-
vorgegangen find, zur Genüge unterfcheiden — und doch immer noch eine perfönlicße
Schöpfung des Fürften Franz bleiben. Als Ergänzung dazu bliebe dem „Landes-
mufeum der Stadt Deffau“ die Darftellung der Gefchicßte und Landeskunde.
Man wende nicht ein, die Amalienftiftung fei teftamentarifd) an ihr Ffaus gebunden —
das verfloffene Jahr hat fich über mehr denn über eine Ceftamentsbeftimmung ßinweg-
gefeßt — auch die Einheitlichkeit der tüörlitjer Schöpfung wird durch eine Fjeraus-
löfung der Sammlungen nicht derart zerriffen, daß fie unbedingt dort verbleiben und ver-
kommen müffen — Vater Franz würde fießer feine Sammlungen für die Allgemeinheit
und für die Förderung feines Volkes herleihen — konfervative Gemüter feien auf
A. von Rode, den Cßroniften des ÜUörlißer Gartens, verwiefen, der feßon 1818 bei der
Gartenbibliotßek im Eifenßart vermerkt: „Diefe Bücßerfammlung ift beftimmt, nach
Deffau gebracht und einer allgemeinen, öffentlichen Bibliothek einverleibt zu werden.“
Icß wiederhole: Anhalt kann eine feßenswerte Kunftfammlung haben die Regie-
rung braucht nur beim Kunftbefitj Anhalts anzufangen mit der „Sozialifierung“, fo daß
dann die anßaltifcße Bevölkerung, die deutfeße Öffentlichkeit Anteil hat an diefem
Kunftbeßß es gilt nur, das Kapital an Kunftwerten, das in Anßalt fteckt, auszunußen.

Die Zeit und der Markt

Kun ft politik
Eine tote Akademie, die nicht
fterben will
F)aben wir eine Revolution in Deutfcbland?
Nein! Hlir haben einen kataftropbalen 3ufammen-
brueß nach innen und außen, aber Revolution
haben wir nicht, Hier etwa die neue „Freiheit“,
die der November dem deutfeben Volke in einer
unfagbar traurigen Katjenjammerftimmung be-

feuerte, als Revolution anzufpreeben den Mut
hätte, verkennt denn doch die geiftigen Explofiv-
kräfte, die notwendig find, um einer von innen
heraus geborenen Bewegung die Bahn ins3entrum
der Hielt zu öffnen. Hlir haben das, was das
durch Jahrhunderte hindurch unfagbar unfelb-
ftändig gewordene und bevormundete Volk Revo-
lution nennen mag, die nichts ift als lauer Kom-
promiß in jeder Beziehung, bei der es indes
um wahre geiftige Freiheit trauriger denn je be-
[tellt erfebeint.

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