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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 14
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Neue Graphik u. Liebhaberbücher
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Aus den Vereinen und Gesellschaften
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0489

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Äus den Vereinen und Gefellfcljaften

vertimento“ betitelt (Verlag P. 5. Beyer und
Sohn, Leipzig). Die Namen, die der Künftler den
einzelnen Blättern gibt: Introduzione, flllegretto
scberzoso, Andante con moto, Allegro furioso,
Rondo capriccioso und Finale zeigen die flbficbt
durch die Aneinanderreihung gegenfä^licber
künftlerifdjer Bilder eine ähnliche Stufenfolge von
Stimmungen zu erzielen, wie man fie aus jenen locker
und doch) gefe^mäßig gefügten „Divertimenti“ der
Mufik des 18. Jahrhunderts kennt. Müller ift ein
modern empfindender Fortfeber der klaffifdßen
Eradition des Feinbolzfcbnittes. Gerade auf
diefem Gebiete find infolge des Überßandneßmens
der dekorativen Manier felbftändige, originelle
Geifter, wie der junge Leipziger Graphiker, feßr
feiten geworden. Die Effekte, die 5. fl. Müller
aus dem fpröden Material ßerausßolt, find vom
rein tecßnifcßen Standpunkt aus erftaunlicb, be-
deutungsvoll aber vor allem dadurch), daß es
fid) nicht um eine Art reproduzierender Über-
tragung zeicFmerifcber Ideen auf den Fjolzfcßnitt
bandelt, fondern um Schöpfungen unmittelbarfter
Art aus dem Geifte des Materials heraus.
Das wacbfende Intereffe für den Fjolzfdmitt
bezeugen aucb Bruno Goldfcbmitts Bilder zur
Bibel (Verlag F. Bruckmann, München). Es
find nicht fo febr Illuftrationen beftimmter Vor-
gänge, wie fie noch jüngft Hans Meid in feiner
geiftreicben Erzählerweife gefcbaffen hat, als viel-
mehr Parapbrafen biblifcber Ehernen, die Gold-
fchmitt unter einem mehr allgemein menfcblicben
Gefichtspunkte verfucht. Vielfach erweitert fich’
bei ihm das einzelne Ereignis zum Symbol des irdi—
fd)en Gefcbebens überhaupt. Die erfte Lieferung
enthält 6 Blätter, wovon 3 die Sd)öpfungsgefd)ichte
behandeln. Die Darftellung, wie fich Kläffer und
Land fcbeiden, ift ohne 3weifel von vifionärer
Kraft der flnfcbauung. Bei dem Kampfe Hiobs
um die Gerechtigkeit hat der Künftler in patl)e-
tifcber Steigerung das tragifcbe Gefchick des
Schaffenden fymbolifieren wollen.
fluch Goldfcbmitts Klirkungen beruhen zu einem
wefentlicben Eeile auf feiner Vertrautheit mit
der Eecbnik des Fjolzfchmeiders. Sein Klerk hat
daher dem Sammler moderner Graphik nicht nur
inhaltlich, fondern auch im engern künftlerifcben
Sinne etwas zu bieten.
Einen 3yklus „Eypen aus Berliner Spe-
lunken“ von Mid)l Fingeften und Robert
Genin zeigt Ernft Becker, Berlin, an. Die
Form des Vertriebes ift in gefcbäftlicber Beziehung
ein Novum und wird vermutlich ein Qnikum
bleiben; fie erfolgt nämlich ohne pekuniäres In-
tereffe feitens des V erlegers. Kleder für Fingeften
deffen Radierungen zu Arno Holz „Blecbfcbmiede“
bekannt find, noch für Genin bedarf es einer Ein-

führung. Bei der ganzen Natur beider Künftler
läßt fich ohne weiteres annehmen, daß fie ihr
Ebema mit einer vor nichts zurückfcbreckenden
Hingebung behandelt haben. „Alles, was Berlin
Norden, Often an unglücklichen, verkommenen,
verbrecberifcben Menfcben bervorbringt, ift auf
diefen Blättern vereinigt“, fagt vielverheißend
der Profpekt. Die Aufgabe ift demnach, unter
den berrfcbenden fozialen Verhältniffen, um-
faffend genug. Man darf fich von ihrer Löfung
durch Fingeften und Genin ein intereffantes Er-
zeugnis künftlerifcber Pfycbologie verfprecben.
5- A. Müller, Divertimento. Ein 3yklus von
6 Fjolzfcbnitten (Verlag P. H- Beyer und Sohn,
Leipzig). 5 Vorzugsexemplare (Probedrucke) je
300 M., 25 Exemplare je 160 M. Alle Exemplare
find handgedruckt und liegen in einer vom
Künftler entworfenen Mappe.
Bruno Goldfehmitt, Die Bibel. Eine Folge
von 30 Fjolzfcbnitten (Verlag F. Bruckmann,
München). 350 Exemplare; Nr. 1—5 kolorierte
Handdrücke, Preis jeder der 5 Lieferungen 750 M.,
6—50 Vorzugsausgabe, jede Lieferung 250 M.,
51—350 Mafcbinendrucke, jede Lieferung 100 M.
Mi chlFingeften, R o b e r t G e n i n, Eypen aus
Berliner Spelunken. 16 Blätter (Verlag Ernft
Becker, Berlin, Barbaroffaftr. 35). 50Exemplare;
Nr. 1—15 auf Japan, dazu 4 Studienplatten, Sub-
fkriptionspreis 800 M., Nr. 16—50 auf Bütten
400 M. F). Voss.
Äus den Vereinen und Gefell-
frfjaften
DieOverbeck-Gefellfchaft zu Lübeck,
die mitten im Kleltkrieg im Frühjahr 1918 auf
die Initiative von Prof. Karl Scbaefer zur Pflege
der bildenden Kunft gegründet wurde, verfendet
foeben ihren erften Jahresbericht (1918/19), der
über die erfte Periode einer erfolgreichen Eätig-
keit der jungen Gefellfcbaft Recbenfcbaft ablegt.
Außer zehn Ausheilungen hat die Vereinigung
im Berichtsjahr eine Anzahl von Führungen und
Vorträgen durch den Lübecker Mufeumsdirektor
veranftaltet, die ihr Eeil dazu beigetragen, das
Verftändnis und die Freude am beimifeben Kunft-
erbe zu wecken.
Auf Anregung des Deutfcben Germaniften-
bundes findet übrigens in der 3^it vom 14. bis
22. Auguft im Mufeum zu Lübeck ein Lehrgang
für deutfebe Kunft und Kulturgefcbicbte
ftatt, der in diefer Art ein Novum ift, das anders-
wo bald Nachahmung finden follte. Das Pro-
gramm ift ausgezeichnet zufammengeftellt. Im
Mittelpunkt fteht auch hier das Lübecker Kunft-

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