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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 3
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Uhde-Bernays, Hermann: [Der Kunstbesitz der deutschen Fürsten], 2,der Kunstbesitz der Wittelsbacher
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0062

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Der Kunftbefiß der deutfcßen Fürften

II.

Der Kunftbefi^ der bQittelsbadier von Hermann uhde-bernays


icht viel fpäter als ein Jahrhundert, nachdem Kronprinz Ludwig feinen königlichen

Vater Max Jofeph bewogen hatte, die dann zum 26. Mai 1818 verkündigte Ver-

faffung feinem treuen Bayernvolke zu gewähren, mußte fein nicht minder gütiger
Enkel Ludwig III. vor dem Toben der Revolution aus München entfliehen. Jener erfte König
aus dem Haufe Wittelsbach war der erfte deutfche Monarch, deffen Initiative eine Ver-
faffung verlieh, und der eine von den beiden entfcheidenden Gründen, die ihn zu diefer
Tat veranlaßten, ift die Verarmung und die finanzielle Notlage Bayerns gewefen,
welcher der Landesherr durdi reiche Stiftungen an Grund und Boden, vor allem auch
an Gebäuden und fogar Kapitalien abzuhelfen bemüht war. Die dem bayerifchen
König gewährte Zivillifte bildet daher, wie im bayerifchen Staatsrecht von Seidel
genau zu lefen, nur die Verzinfung einer großmütig aus dem privaten Befiß des
Königshaufes gegebenen Schenkung und die rechtliche Grundlage der königlichen
Apanage in Bayern ift anders fundiert als in Preußen und den meiften übrigen
deutfchen Staaten.
Diefe wahrhaft königliche Gefinnung haben Max Jofephs Nachfolger ihren Landes-
kindern befonders in der Hauptftadt München treu erhalten. Aus dem reichen, nur
von den Habsburgern übertroffenen Kuriftbefiß, deffen Förderung Tradition ihres Haufes
bedeutete, haben fie Sammlungen errichtet und aus ihren privaten Mitteln ausgebaut,
deren in der ganzen Welt bekannter Ruhm gleichzeitig den Ruf Münchens als der
hervorragendften deutfchen Kunftftadt entftehen ließ: „Die Pflege der Kunft, nicht als
Liebhaberei, fondern als öffentliche Angelegenheit, hat kein europäifches Herrfcherhaus
in unferm Jahrhundert in fo ununterbrochener Tradition, mit fo kluger und energifcher
Hand und mit folchem Erfolge geübt wie das der Wittelsbacher. Unter ungünftigen
Bedingungen haben fie das edle Reis gepflanzt und gepflegt bis es Wurzeln gefchlagen
hat .... auch der Münchener Kunfthandel geht auf Maßregeln der Könige zurück ....
Vor allen Großftädten Deutfchlands befand fich allein München in der glücklichen Lage,
über einen ftändigen Ausftellungspalaft zu verfügen (Liditwark, Deutfche Königsftädte,
S. 113, 114).“ Und noch energifcher lefen wir in einem Buche, das gewiß fonft nicht
beanfpruchen kann, die Tugenden der Wittelsbacher nach Verdien ft zu erheben, über
Ludwig I. in Treitfchkes deutfcher Gefchichte: „Der König arbeitete unabläffig vom
grauenden Morgen an und verzichtete auf alle Genüffe des Wohllebens um fich die
Koften für feine Kunftwerke abzufparen .... Bis zu feinem Tode hat er allein aus
feiner Kabinettskaffe 18 Millionen Gulden für Bauten und Kunftwerke ausgegeben,.
Weil er groß dachte von der fittlichen Macht der Kunft, beftimmte er ihre Werke nicht
für Kritiker und Kenner, fondern für das ganze Volk. Niemals erlaubte er, daß in
den Sammlungen Eintrittsgelder oder zum Schuß der koftbaren Denkmäler Wachen
aufgeftellt wurden; feine Bayern feilten fich gewöhnen, das Schöne zu ertragen und
endlich zu lieben.“ Wie weit bis in Einzelne, ja Einzelfte die Aüfmerkfamkeit Ludwigs
gegangen ift, lehrt beifpielsweife die Beobachtung, welche Zahl von Büchern und
Zeitfchriften des ln- und Auslandes von der Hofbibliothek unter direkter Kenntnis
oder auf Veranlaffung des Königs erworben wurden.
Über die rechtliche Seite der Übernahme diefes Teiles des nunmehr zum Volksbefiß

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