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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 8
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Uphoff, Carl Emil: Die Sozialisierung der Kunst
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Kunstpolitik
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0243

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Die Sozialifierung der Kunft

dem bis geftern herrfcßenden mittelalterlichen Syftem, die Mehrheit ausmachen, den
Überfluß feiner Arbeit zugutekommen taffen müffen. Der Künftler wird eine Entlohnung
empfangen, die für abfehbare 3eit gerade fo bemeffen fein wird, daß er fein und feiner
direkten Angehörigen Dafein fcßlecßt und recht zu friften vermag. Man wird vielleicht
Mittel und öflege erfinnen können, daß dem tatfäcßlid) Fjocßbegabten ein freierer Spiel-
raum zum Auswirken feiner Kräfte eröffnet wird. Aber er wird feine kapitaliftifcßen
Gelüfte unterdrücken und fiel) wieder darauf beßnnen müffen, daß der Künftler höhere
Aufgaben als das Profitmachen und Geldanßäufen zu erfüllen hat. — Aus diefem Grunde
begrüße ich nicht nur den kommenden Sozialismus, fondern auch den gegenwärtigen
Zufammenbrucß auch der kapitaliftifcß entarteten Kunft! Diefer Zufammenbrucß wird
unter den Entarteten und Vielzuvielen aufräumen, für die man nicht auf Löfungen
aus der Klemme finnt, weil fie auch der Kunft zugezählt werden oder fid) ihr in un-
verfchämter Anmaßung zurechnen, fondern weil man ißnen als auch Menfcßen gegen-
über das menfcßlicße Gefühl nicht verleugnen kann.
Es ift jedoch eine andere Art von Menfcßen und Künftlern im langfamen, vorläufig
kaum wahrnehmbaren Auffteigen begriffen —, eine Art Menfcßen, denen die Errettung
aus dem etßifcßen und äftßetifcßen, dem geiftigen und feelifcßen, dem kulturellen 3U~
fammenbrueß bedeutend wichtiger ift als die aus dem materiellen, tlnd für die fo Ge-
richteten bei Gag und Nacht zu denken, das wird mir — Verzeihung wegen der per-
fönlicßen Blendung am Schluß — eine gelegenere Aufgabe fein.

Die Zeit und der Markt

K u n ft p o 1 i t i k
Über die ümgeftaltung der
Mufee n
im Sinne der neuen 3eit hat öüilbelm R. Va-
lentiner foeben im Verlag von G. Grote-
Berlin eine Schrift erfeßeinen laffen, in der das
wießtigfte Inftrument für die künftlerifcße Bil-
dung des Volkes von neuen Geficßtspunkten aus
betrachtet und im Befondern im Fjinblick auf
die Berliner Verßältniffe grundlegenden Erörte-
rungen unterzogen wird. Die Gedankenfüßrung
Valentiners ift klar und überzeugend. Vieles
von dem, was der Verfaffer fordert, ift gerade
an diefer Stelle, und zwar bereits vor der Re-
volution, des öfteren bewußt unterftrießen wor-
den, als fieß unfere von ßöcßfter Stelle aus
propagierte Mufeumspolitik vor dem Geifte der
neuen 3ßit im Sinne der alten imperialiftifcßen
Uleltordnung engherzig verfcßloß. ünd anderes,

das damals den beftallten Fjütern der Cradition
als waßrßaft revolutionär erfeßien, ift längft eine
felbftverftändlicße Forderung des Cages gewor-
den. GCIeit entfernt, den Valentinerfcßen Vor-
fcßlägen in allen Punkten oßne Vorbehalt zu-
zuftimmen, müffen wir doch den befreienden
3ug feiner Gedanken rückhaltlos anerkennen.
Soweit die foziale Seite des Problems zur Dis-
kuffion fteßt, gibt es kaum eine Einwendung zu
machen, und auch der vom Verfaffer fkizzierte
neue Mufeumstyp entfprießt nur dem rein künft-
lerifcßen Verlangen der 3eh. Er wird kommen,
wenn überhaupt wieder die Pflege der Kunft
Angelegenheit des ganzen Volkes fein foll. Da-
gegen fteßen dem von Valentiner geforderten
Mufeum der Meifterwerke keine fachlichen
Bedenken, woßl aber unermeßliche Schwierig-
keiten äußerer Art entgegen, folange die Einheit
des Reiches (zumal die geiftig-künftlerifche) nur
als feßöner Craum in den Köpfen der Idealiften
Geltung hat. — Valentiner weiß überall feine
Ausführungen durch die (Xlaßrnehmungen einer

Der Cicerone, XI. fahrg., Heft 8.

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