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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 9
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Gerstenberg, Kurt: Revolution in der Architektur
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Kunstpolitik
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0279

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Revolution in der Architektur

[einer [elbft feinen Schöpfungen mitgibt. Das Schaffen aus der ünbewußtßeit kennt
fie nicht, es geftaltet triebhaft und unbekümmert. Der bewußte Abbruch aller Be-
ziehungen, die die Architektur mit der Leiblichkeit, mit dem Ichbewußtfein ihrer Schöpfer
verbindet, gibt diefen Bauphantafien den revolutionären Charakter. Die Richtung drängt
nach einem Bauen, deffen treibende Kraft ein vom Verftand nicht bevormundetes
Fühlen, eine urfprüngüche Naivetät ift, die wieder in einheitlichem Stil die Kunft-
gatlungen zufammenfaßt. Von den molluskenartigen Architekturgebilden Finfterlins
und Golyfcßeffs bis zu folcßen Kunftwerken eines organifchen Stils, der nicht mehr in
Richtungen zerfällt, fondern von einer Kleltanfcßauung getragen allen Mitbauenden
Selbftverftändlichkeit ift, ift aber noch ein weiter KI g. So bekennt auch KI. Gropius
im Geleitwort: „Es gibt ja heute noch keinen Architekten, wir alle find nur Vor-
bereitende deffen, der einmal wieder den Namen Architekt verdienen wird, denn das
heißt: Fjerr der Kunft, der aus Klüften Gärten bauen und Klunder in den F)immel
türmen wird.“

Die Zeit und der Markt

Kun ft politik
Der Film im Dienfte der Kunft-
erzieljung.
Der Film hat [ich bisher nicht als Freund und
Förderer des guten Gefchmackes und der künft-
lerifchen Veredelung bewiefen, und all die Ver-
heißungen, die in diefer Fjinßicßt gemacht wor-
den find, find (Horte geblieben. Nun wird in
Schweden ein Plan zur Äusnütjung des Films im
Dienfte der Kunfterziehung betrieben, der ßich
ausfichtsvoll anläßt und anfcßeinend ziemlich bald
zur Verwirklichung gelangen wird. Er ftammt
vom Intendanten Dr. Axel Gauffin, dem Leiter
der Gemälde-Abteilung des Nationalmufeums,
verfolgt den 3weck, breite Maffen für gute Kunft
zu intereffieren, und foll in Verbindung mit der
Filmgefellfcbaft Skandia ausgeführt werden. Dr.
Gauffin geht von dem Geficßtspunkte aus, daß
es zwei (Hege gebe, um zum Verftändniffe des
Kunftwerkes anzuleiten: den über feine tecßnifche
Entfteßung und den der ftiliftifcßen Einführung
in den Charakter der Kunftfcßöpfung. Beider
(Hege bedienen fich die modernen Museums-
kataloge, doch haften ihnen offenkundige Nach-
teile an: fie können die werklicße Entftetmng der
Arbeiten nicht anfchaulicl) vors Auge ftellen, und

fie fetten mündliche Erläuterungen voraus, die
der Natur der Sache nach immer |nur je einem
befchränkten Befucherkreife zu vermitteln find.
F)ier foll nun der Film einfpringen, der an ver-
fchiedenen Stätten zugleich Fjunderten und Häu-
fenden gute Kunft nahe zu bringen vermöge.
Der Mufeumsmann foll dabei dem Künftler und
Kunfthandwerker das (Hort überlaffen; der 3U-
fchauer foll in die Porzellanfabrik, den (Hebfaal,
die Steindruckerei, die Bildhauerwerkftatt geführt
werden, und durch Vorführung charakteriftifdjer
Einzelheiten, wie Porzellanmarken, Radierungs-
linienzug, Pinfelführung eines Meifters u. dql. m.
foll er einen Einblick in ftiliftifche und ftilkritifcbe
Probleme gewinnen.
Die von Dr. Gauffin entworfenen Pläne geben
ein gutes Bild davon, wie die Sache gedacht ift.
Beifpiels weife ein Skulpturfilm. Bei einer Mufeums-
wanderung wird vor einem Bildwerke fjalt ge-
macht. Szenenwecbfel: die (Herkftatt des Bild-
hauers, wo man diefen bei der Arbeit fieht und
eine Anfchauung davon erhält, wie er feine*
(Herkzeuge handhabt. Jetyt wird der Befchauer
zum Kunftgießer geführt und wird 3euge des
Guffes nach dem Modelle, und zum Schluffe be-
gleitet der Künftler ihn zurück ins Mufeum, wo
er ihn mit kurzen (Horten über die künftlerifchen
Abfichten, die ihn bei feinem (Herke geleitet haben,
aufklärt.

Der Cicerone, XI. Jahrg., Heft 9.

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