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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 8
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Von Künstlern und Gelehrten
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Neue Bücher und Zeitschriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0248

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Von Künftlern und Gelehrten

Neue Bücher und 3e*tfd)riften

Profeffor der Architektur an der Berliner Cech-
nifchen Hochfcfmle ernannt worden, deren Lehr-
ftuhl [eit dem Rücktritt Rafchdorffs unbefetyt
geblieben war.
3um Vorfreuden der Akademie des Bau-
wefens ift Geb- und Oberbaurat Dr.-Ing. Stiibben
gewählt worden. Auch diefe Berufung zeigt, wie
andere Vorgänge auf dem Gebiet der Kunftpflege
des revolutionären Preußen, daß man an maß-
gebender Stelle weder die Fähigkeit noch den
[Hillen hat, dem Geifte der neuen 3eit Rechnung
zu tragen. Denkt man nur daran, daß die Akade-
mie des Bauwefens für den Minifter der öffent-
lichen Arbeiten offizielle Gutachterbehörde ift,
dann kann man dem, was kommen wird, nur
mit geheimem Grauen entgegenfehen.
Karlsruhe
Der Architekt Profeffor Dr. Jofef Durm von
der technifchen Hochfchule jft im 83. Lebensjahre
geftorben. 3ahli'eiche Bauten in Baden zeugen
für die künftlerifcbe Fähigkeit des Mannes. Als
folche find unter anderen zu nennen: Die Hni-
verfitätsbibliothek in Heidelberg, die Fefthalle
und der Friedhof fowie das ehemalige groß-
herzogliche Palais in Karlsruhe und das Augufta-
und Landesbad in Baden-Baden. Als Forfcber
auf dem Gebiet der Architekturgefchichte hat
Durm zahlreiche Beiträge zur Baukunft der
Griechen, der Etrusker und Römer, zum Grab-
mal Cheodericbs in Ravenna und zur itaüenifchön
Renaiffance, außerdem ein „Handbuch der Archi-
tektur“ veröffentlicht.
*
Stuttgart
Dem Privatdozenten an der technifchen Hoch-
fchule und Lehrer an der Kunftakademie Dr. Julius
Baum ift von der Hliirttembergifchen Regierung
der Profeffortitel verliehen worden.
füeimar
Prof. Rob. CH ei fe, bisher Lehrer an derHoch-
fchule für bildende Kunft, ift am 1. April aus
feinem Amt gefchieden, um nach Starnberg bei
München überzufiedeln.
Neue Bücher und 3ertfd)riften
Expreffionismus1
Es ift noch gar nicht fo lange her, da galt es
in den Kreifen der hohen Hliffenfchaft als ge-
radezu verfehmt, von der jungen Kunft als einer

1 Exprerfionismus. Die Kunftwende. öerausge-
cjeben von Fjerwartt) ÜJalden. Verlag Der Sturm.
Berlin ül 9.

ernfthaft diskutablen Angelegenheit zu fprechen,
und keiner von uns wird je vergeffen, wie oft
und wie heftig noch während des Krieges jener
rückftändigfte GünftlingHIilhelmlL.der [ich immer,
wenn es [ich um rein künftlerifche Dinge han-
delte, als der gelehrige Schüler feines weiland
Amtskollegen Anton vonHIerner entpuppte, gegen
das „Gebahren“ der Jungen zu Felde zog. Man
muß ihm dafür heute aufrichtig dankbar fein wie
für fo vieles andere auch, das [ehr gegen feinen
[Hillen zum Schrittmacher unferer Erkenntnis
geworden ift. Denn die wahre Kunft braucht
die äußeren und inneren Hliderftände, wächft
fogar am Dünkel der Gelehrfamkeit und würde
verdorren, gäbe es in der Hielt keine Rückftän-
digkeit mehr. Hnd nun gar der „Sturm“! Die
Cat Herwarth HIaldens, der mit Bekennermut
der 3eit fo oft um Haupteslänge voraus war,
ein fröhlicher Kämpfer und ein kluger Inftinkt,
der mit feinerer Nafe als fie andere befaßen,
die Vehemenz einer kommenden Revolutionie-
rung vorauswitterte, die Jüngften der internatio-
nalen Gilde propagierte und deffen hiftorifches
Verdienft immer beftehen würde, gelte es nur,
den einen Namen Franz Marc dem Bewußtfein
der 3eit eingehämmert zu haben. Aber er gab
mehr, weil er den Kampf im ganzen forderte
und durchgefochten hat, weil [ich an feinen
Schriften und Veranlagungen die Mittelftands-
intelligenz in der Kunft erregte. Jahrelang ge-
mieden und von der Preffe totgefchwiegen, hat
der „Sturm“ [ich dennoch durchgefe-ßt. Hier
heute Orientierung „sans phrase“ fucht, geht in
die Potsdamerftraße. Nicht alles ift gut und wird
vor der 3eit beftehen, was hier an neuen Ge-
nies vor den Betrachter tritt, aber man muß auf
die Leiftung im ganzen zurückblicken, fo wie fie
etwa HIaldens Privatfammlung verkörpert, um
den großen Eindruck vom europäifchen Kunft-
gewiffen zu empfinden. Die Cat als folche aber
ift aus der Kultur unferer 3^it nicht mehr weg-
zudenken. Ihre Stärke und Schwäche zugleich
war Einfeitigkeit der Anfchauung und desHIert-
urteils, aber gerade darin lag ihre Fruchtbar-
keit im Sinne der 3eugung. HIalden felbft der
Cyp des Künftlers, mehr Dichter als Kunftfchrift-
fteller im überkommenen Sinne, Codfeind jeder
Halbheit und jenes faturierten Kunftkritikertums,
das eine der Peftbeulen an dem fozialen Körper
der 3eit ift. Bekenner allen Anfeindungen zum
Croh, Satyriker mit feingefchüffener Klinge —
oftmals über das eigentliche hinausfehießend,
aber immer erhitzt vom Überzeugungsdrang feines
ftarken 3eitgefüh)ls. Hlie viele der Jungen, die
heute fchon Namen haben, danken den elften
Aufftieg aus dem Cal der Vergeffenheit, des

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