Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

DOI Heft:
Heft 5/6
DOI Artikel:
Uhde-Bernays, Hermann: Nicolaus Mathes
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0148

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Von HERMANN UHDE-BERNAYS
Mit 6 Abbildungen

Nicolaus Mattes

Zu der Reihe wertvoller Sonderausftellungen, welche für die Gefd)id)te der Münchener
Kunft bleibende Bedeutung haben und in Ergänzung der wichtigen Veranftaltungen
von 1906 im Glaspalaft (Münchener Kunft 1800—1850), von 1908 und 1909 bei
Beinemann (Diez- und Pilotyfchule), von da an in überrafchender Vielfeitigkeit bei allen
Münchener Kulthandlungen ftattfanden, gehört die Überficht über das Klerk des heute
noch lebenden Rheinpfälzers Nicoläus Mattes, die gegenwärtig in der Modernen Ga-
lerie in München geboten wird. Diefe mittleren Calente und die gute Qualität ihrer
Leitungen immer wieder herauszuheben ift ein Verdienft, das nicht nur t)iftorifd) in
Betracht kommt. Für das ftreitbare Durcheinander der zahlreichen Münchener Künftler-
gruppen von hßute follten Beifpiele wie Eheodor Alt oder Philipp Belmer und jetjt
Nicolaus Mathes mit ihrer befcheidenen Qnterordnung unter Größere ernfte Mahnungen
fein, keineswegs bewährte Meifterfchaftsanfprüche ebenfalls auf eine mittlere Linie zu leiten,
deren ruhige Sicherheit Vorbedingung höherer Entwicklungsmöglichkeiten für die Be-
gabungen zweiten und dritten Ranges ift. Diefes künftlerifche Solidaritätsgefühl, der
„Gilden güldener Geift“, der durch drei Generationen einer fröhlichen Malerfchaft
Münchens die Glieder gelenkig erhielt, ift um das Jahr 1870 am ftärkften, aber gleich-
zeitig zum leßten Male feftzuftellen. Klie fich die Selbftverftändlichkeit der Atelier-
gemeinfamkeiten, der herzlichen Kameradfchaften an der Staffelei und beim gefüllten
Becher der Band, die den Pinfel führte und dem fjerzen, das die Freundestreue wahrte,
mitgeteilt \)at — immer wieder neue Beifpiele aus den Kreifen der vortrefflichen
Schulen beweifen es, deren Meifter darob nicht genug gepriefen werden können, die
Ramberg und Piloty, Lindenfchmit und Diez. Das glückliche 3ufammentreffen der verfcßie-
denften natürlich empfundenen geiftigen Intereffen und das behagliche Auskommen ge-
ringen materiellen Begehrens begünftigten die gleichmäßige Heiterkeit der künftlerifcßen
Atmofphäre, deren wärmende Kraft alle ihre Bewohner unbefangen genoffen. Aus
der Schar der 3öglinge der genannten Lehrer ift in den letzten Jahren mehrfach der
Beweis geführt worden, daß nicht ülahrung der Gradition allein den Klert ihrer
Künftlerfchaft beftätige, daß fich die Vorzeichen freier, moderner Auffaffung gelegent-
lich bei den felbftändigeren Elementen sogar der Akademie offen kundzugeben
wagten.
Auch Nicolaus Mathes darf fich ftolz darauf berufen, einer diefer Jünger gewefen
zu fein, die gewiß in dankbarer Anhänglichkeit von erfahrenen Beratern und ihren
gehorfamen Gefährten lernten, dabei aber fdjon im ftillen Kämmerlein befondere Ver-
fuge anftellten, auf eigenem Klege anderen 3ielen entgegenzuftreben. Es ift fcßmerz-
lich zu fehen, wie viele folcher gleich ihm realiftifchen Neigungen zugetanen Proble-
matiken gute Calente, hervorragend fleißige Arbeiter, infolge des unerklärlichen Klider-
ftandes, den die feftgemauerten Vorurteile des Publikums ihrem fcl;üchternen Verlangen
entgegenfeßten, vor der Kielt in ihr Innerftes zurückflüchten, einem verbitternden Brot-
erwerb nachfchleichen, ihre Anlage entfagungsvoll verkümmern laffen, und über dem
Einbrechen der neuen Bewegung unter den Vorläufern der Sezeffion fich nicht mehr
Rats wiffen, um einen vorteilhaften Anfcßluß zu gewinnen. Diefes Gefd)ick teilt mit
fehr vielen trefflichen Genoffen des Leiblkreifes, der Diezfd)ule und der Pilotyfchule
Nicolaus Mathes. Er hat, ebenfalls in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre des ver-
gangenen Jahrhunderts, die eigenen Klünfche hinter einer befcheidenen Tätigkeit als

126
 
Annotationen