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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 5/6
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Scherer, Christian: Niederländische und deutsche Kleinbronzen im herzöglichen Museum zu Braunschweig
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0131

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Niederländifctje und deutfctye Kleinbronzen im
ßerzoglidjen Mufeum zu Braunfd)weig
Mit 7 Abbildungen Von CHR. SCHERER
Die Sammlung der Kleinbronzen im Herzoglichen Mufeum zu Braunfchweig findet
leider felbft in Fachkreifen noch immer nicht diejenige Beachtung, die fie nach Umfang
und Bedeutung beanfpruchen darf. Zwar hat Wilhelm von Bode in feinem großen
Bronzentafelwerk eine Anzahl italienifcher Statuetten der Sammlung veröffentlicht und
damit zum erftenmal die Aufmerkfamkeit in weiterem Maße auf diefelbe gelenkt, im
allgemeinen aber ift fie, von kurzen, mehr oder weniger rühmenden Erwähnungen
abgefehen, wiffenfchaftlich nur feiten ausgenut$t worden. Vor allem gilt dies von den
Kleinbronzen niederländifcher und deutfcher Herkunft, unter denen fich eine ganze
Reihe künftlerifch hervorragender und kunftgefchichtlich intereffanter Stücke befindet,
die ein wertvolles Forfchungsmaterial darftellen. Diefes der Wiffenfchaft für manche
noch der Entfcheidung harrende Unterfuchungen zugänglich zu machen, foll der Zweck
einiger Auffät^e fein, die in zwanglofer Folge eine Anzahl deutfcher und niederländifcher
Kleinbronzen des Mufeums veröffentlichen und kritifch zu würdigen verfuchen wollen.
Den Anfang möge eine 0,410 hohe nackte Frauenfigur machen, die in etwas vor-
gebeugter Haltung mit feitlich geneig-
tem Kopfe auf einem runden Bronze-
fockel fi^t, wobei fie das linke Bein
über das ein wenig angezogene rechte
gelegt hat und mit der Rechten den
linken Fuß berührt, während fie in der
Linken ein Tuch oder einen Schwamm
hält (Abb. 1). Sie ift alfo als Badende
dargeftellt in einem Motiv, das die
Kunft fchon feit der Antike in unzäh-
ligen Variationen gern behandelt hat.
Dabei pflegt man folche und ähnliche
Figuren mit Vorliebe auf Venus zu
taufen, eine Benennung, die zwar für
die Antike berechtigt erfcheint, feit
der Renaiffance aber um fo weniger
am Platte ift, als hier fogar alttefta-
mentliche Frauen, wie Sufanna und
Bathfeba, im Akte des Badens durch-
aus geläufige Erfcheinungen find. Man
wird daher auch bei diefer Figur trot$
der vollendeten Schönheit ihrer Körper-
formen und der mufchelartigen Stirn-
krone im fchön geordneten, in zwei
langen Flechten über Schulter und
Rücken fallenden Haar weniger an
eine Venus, wofür fie bisher gegolten
hat, als an eine Nymphe oder Najade
zu denken haben. ftbb. 1. Badende Nymphe, werkftatt des Adriaen de Vries.
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Der Cicerone, XI. Jahrg., Heft 5/6

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