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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 4
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Grautoff, Otto: Denkmalschutz und Kunstraubpolitik in Frankreich
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Ein schwedischer Vorschlag über die Zukunft der Museen
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0113

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Denkmalfcßuß und Kunftraubpolitik in Frankreich — Kunftpolitik

Coppier Ijat in der „Revue des deux Mondes“ das Programm dadurch noch etwas
erweitert, daß er die Auslieferung der Reiterftatue in Bamberg, der Stifter von Naum-
burg und Magdeburg gefordert ßat.
Das find die Vorbereitungen, die Frankreich) und feine Verbündeten für einen Rechts-
frieden treffen. Es ift wünfcßenswert, daß das Kunftraubprogramm Frankreichs in ganz
Deutfchland bekannt wird, und daß fiel) Deutfchland gefcßloffen und einmütig gegen
diefe Forderungen erhebt, ülenn die Alliierten auch nur einen Feil derartiger Gelüfte
Frankreichs bewilligen würden, fo würde dadurch, genau wie am Anfang des vorigen
Jahrhunderts, auch am Anfang diefes Jahrhunderts der Grund zu einem Rachekrieg
gelegt werden, da Deutfchland eine Entehrung feiner heikgften Güter nicht ertragen würde.

Die Zeit und der Markt

Kun ft politik
Ein fdjwedifcijer Vorfdjlag über die
3ukunft der Mufeen
Nicht nur in Deutfchland fteht die Frage der
„Sozialifierung der Mufeen“ auf der Cages-
ordnung. In einem Auffaße der fchwedifchen
3eitfd)rift „Konst“ entwickelt F. R. Martin
Gedanken über die 3ukunft der Mufeen, die
wohl Beachtung verdienen. Er knüpft an eine
1915 veröffentlichte Schrift über die Soziali-
fierung der Kunft von Georg Pauli an, mit dem
er eine herzliche Abneigung gegen das gegen-
wärtig herrfchende Mufeumsfyftem teilt. Die
Mufeen find ihm Krankenfäle voller Gemälde,
Bildwerke und fonftiger Kunfterzeugniffe, deren
Lebensdauer man auf diefe Art zu verlängern
verfuche; die moderne Mufeumspolitik ift ihm
einfeitig nach den Intereffen der Kunftforfcher
orientiert, für die es übrigens ganz gut fein
würde, wenn fie nicht alles fo bequem an
einem Platte zufammenfänden. Die letztere Be-
merkung ift offenbar ein Lufthieb, und der Aus-
fall gegen die Kunftforfcher ift in den jüngften
Jahren bereits zu oft gemacht worden, um nicht
ein wenig trivial und felbft verdächtig zu werden.
3u Recht aber befiehl die große Grundfrage:
für wen follen eigentlich die Mufeen da fein
und wirken? Für das Publikum oder für die
Künftler? Denn es ließe fich wohl auch die
Auffaffung vertreten, daß die Schüße eines
Mufeums ihre höchfte Aufgabe dann erfüllen,

wenn fie die lebenden Künftler zu ftarken
eigenen Schöpfungen anregen. Immer haben
die Lebenden gegen die Coten recht, und
fcßaffensmächtige 3eiten, wie die Renaiffance
oder der Barock, durften mit gutem Fuge gegen
die nähere und fernere Vergangenheit der Kunft
fich pietätlos betragen. So weit geht nun
Martin nicht; feine Meinung läßt fiel) wol)I
etwa dahin ausdrücken, daß die Mufeen Ge-
legenheit zu intenfivem Erlebniffe der Kunft-
werke bieten follen, und da tadelt er vor allem
an ihnen, daß fie Gemälde und Bildwerke der
verfeßiedenften 3cmen in einer und derfelben
Beleuchtung und damit unter ungünftigen und
irreführenden Bedingungen zur Schau ftellen.
Griedüfche Skulptur gehört in die Sonne des
Südens, 3orn paßt in Mora, die Bilder Rem-
brandts und Velazquez’ erfordern ganz ver-
fchiedenes Licht. Nun kann man ja, das fieht
natürlich auch Martin ein, felbft um amerikanifche
Millionen mit den Kunftwerken rächt auch ein
Stück ihres Fjifumels und ihres Klimas erkaufen
und exportieren, aber er fordert zunächft, daß
die Kunftwerke jedes Landes für fich allein ge-
fammelt und durch die Ausftattung der Mufeums-
fäle in moglichft günftige und natürliche Be-
dingungen geftellt werden. Dann aber fchlägt
er für die 3ukunft der Mufeen allgemein die
Einführung eines Pavillonfyftemes vor. Die
Pavillons werden in einem Parke mit fchönen
großen Bäumen und Uliefen errichtet, der eine
malerifche Umgebung bietet und deffen Luft
mit ihren Reflexen von Grün und Blumen einen
feinen Don geben würde. Alfo eine Art Frei-

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