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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 19
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0654

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Sammlungen

Ausheilungen

land gelebt hat und fogar Mitglied der Royal
Academy war; es enthält u. a. reizende Land-
fchaftszeichmungen von den Chemfe-Ufern. Be-
merkenswert ift fodann die Erwerbung eines
über 600 Blätter umfaffenden Ulerkes des Bo-
lognefer Stechers Francesco Rofafpina, das
nachweisbar aus des Künftlers eigenem Befiij
ftammt und dementfprechend reich) ift an aus-
gezeichneten Drucken und feltenen 3uftänden.
Ferner zwei Farbenftiche von Ä. J. Mecou nach
L. Sicardi (Alpenlandfchaften von 1804 und 1807).
Gefchenkt wurden noch ein bisher unbekanntes
Schjabkunftblatt nach J. Northcote, „Che "Vil—
läge Doctoress“, die 22 originalen Kupfertafeln
von TU. Blake’s „Book of Job“, fowie drei
Platten von noch unveröffentlichten Blättern nach
Curner. Diefe lebten machen das große Curner-
werk desMufeums beinahe vollftändig. Schließlich
ift noch eine ganze Sammlung von Radierungen,
3eichnungen und Photographien nach Bildwerken
von Richard Co ekle Lucas zu nennen, des
Urhebers — wie man wenigftens in England zu
wiffen meint — der Berliner Florabüfte.
Der kürzlich erfduenene Jahresbericht des
Britifh Mufeum enthält auch Mitteilungen über
die während des Krieges zum Schule der Kunft-
werke getroffenen Maßregeln. Ende 1917 wurde
die Direktion gewarnt, daß gegen das Frühjahr
größere Luftangriffe zu erwarten feien. Darauf-
hin wurde von den koftbarften Schäden, was
weggeführt werden konnte, weggebracht und
geborgen in den 16 Meter unter der Erdober-
fläche gelegenen Cunnels der erft kürzlich voll-
endeten Poft-Untergrundbahn unter Fjolborn.
Fjierbei befanden fich u. a. der Fries vom Par-
thenon, eine Auswahl aus der Vafen- und
Bronzenfammlung, die wichtigften affyrifchen
Reliefs, der Stein von Rofetta, die wertvollften
Stücke aus der mittelalterlichen Abteilung, fowie
die ganze Münz- und Medaillenfammlung. Fünf-
zehn große Möbelwagen brachten die größten
Schäle der Bibliothek und des Print Room nach
Aberyftwith an der Güeftküfte, wo fie in der
dortigen Nationalbibliothek von CUales ein Ob-
dach fanden. Eine Auswahl von befonders koft-
baren Büchern und Drucken wurde in einem
Privathaus in Malvern (COorcefter) untergebracht.
Porzellan und Gläfer wurden, um fie gegen
Explofionsgefahr zu fchüljen, tunlichft in Kiften
verpackt und in den Kellergewölben des Mu-
feums geborgen. CUas nicht weggeführt werden
konnte, wurde mit Sandfäcken befchütyt; mit
diefer Maßregel mußte man . fich vor allem in
der Abteilung der Bildwerke begnügen. — Gleich
nach dem Abfchluß des ttlaffenftillftandes wurde
mit dem Rücktransport der geflüchteten Gegen-

ftände begonnen, und heute foll alles wieder an
Ort und Stelle fein, ohne daß man irgendwelchen
Verluft oder auch nur Schaden zu beklagen habe.
Eines wird man auf jeden Fall gerne glauben:
daß die Mufeumsbeamten während diefen Ope-
rationen fchwere Cüochen hatten! Und zwifchen
alledem wurden, dem Bericht zufolge, im Laufe
des Jahres 1918 dem Mufeum (Bibliothek ein-
begriffen) 347876 Nummern neu einverleibt! Fj-
Ausheilungen
Mündjener Ausheilungen
Der Glaspalaft ift — auch in diefem Jahr
als Gefamtfchau betrachtet eine künftlerifche Un-
möglichkeit. Ulenn man die Säle durchwandert,
in denen faft 3000 Gemälde, Plaftiken, graphifche
Arbeiten untergebracht find, erfchrickt man an-
gefichts der Unfumme nu^lofer (für beide Ceile,
Publikum und Künftler) Arbeit, die hier vertan
wurde. Auch bei wohlwollendfter Einteilung
bleibt die 3a61 der CUerke, die überhaupt dis-
kutabel erfcheinen, überaus gering.
Am meiften enttäufcht die juryfreie Aus-
teilung, die diefes Jahr zum erftenmal im Rahmen
des Glaspalaftes gezeigt wird. Immer wieder
war verkündet worden, daß dies eine Sammel-
ftätte zahlreicher Unbekannter, Unterdrückter
werden folle. In CUirklichkeit bedeutet die Dar-
bietung kaum mehr als zufällige 3ufammenkunft
der vielen Mitläufer, die zu den künftlerifchen
Richtungen, Bewegungen, Strömungen der lebten
Jahrzehnte gehört haben. So paradox es klingt:
die Ausftellung der Künftlergenoffenfchaft auf
der andern Seite des Fjaufes wirkt befriedigen-
der, überzeugender, wenn fie auch faft aus-
fchließlidß reinakademifche Malerei gibt; aber
diefe doch vielfach von ehrlicher Gefinnung,
bisweilen von lebendigem perfönlidben Impuls
bewegt. Ulas aber hier in fünfzehn, zwanzig
Sälen hängt, ift überwiegend uneingeftandene,
in allen Regenbogenfarben fchillernde Akademie.
Impreffioniftifche, expreffioniftifche, futuriftifdße,
auch akademifche Akademie, die von den mäch-
tigen Formeriebniffen nur die modifche Kon-
vention übernommen hat und darum faft noch
weniger bedeutet als Akademie; denn öQahl-
lofigkeit, 3ufälligkeit, Dürftigkeit des Kunft-
gedankens, die fich beftenfalls im krampfhaften
CUechfel der Formgewandung äußern, find fcßließ-
lich noch peinlicher, als ftumpfes Beharren in
der einmal erwählten Konvention.
Die Sezeffion hält die feit Jahren bekannte
Linie inne, die durch Namen wie Joffe Gooffens,
Julius Fjtither, Angelo Jank, öUalter Klemm, Leo
Samberger bezeichnet wird. TUie fragmenta-

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