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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 13
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Kunstpolitik
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Sammlungen
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0433

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Sammlungen — Ausheilungen

am wenigften. (Deshalb follten auch) die Buch-
malereien und die einheimifchen Inkunabeln aus
den Bibliotheken des Staates dem Mufeum zur
Ausheilung übergeben werden.) Auch manches
fremde Kunfterzeugnis ift ein Denkmal württem-
bergifcher Gefchichte und Bildungsgefchichte ge-
worden. Auch hier im hiftorifcben wie im kunft-
hiftorifchen Mufeum find Schaufammlungen aus-
zufondern, Studienfammlungen zurückzulegen;
Minderwichtiges freigebig an dieOrtsfammlungen
des Landes auszuteilen, vielleicht auch wieder
am alten Ort in Kirchen aufzuftellen. Eine Stutt-
garter ortsgefchichtliche Sammlung wird [ich an
das Landesmufeum angliedern.
Gipsabgüße, wovon in den Mufeen übergenug
vorhanden find, fänden auf dem Rofenftein Plaß
und paffende Umgebung.
Die revolutionären Parteien haben dem Pro-
gramm der Denkmalpfleger und Mufeumsfach-
leute bis jet^t keinen öUiderfpruch entgegengefefjt.
Seitens der beteiligten Behörden ift allerdings
der Rat der Sachverftändigen nicht immer recht-
zeitig eingeholt worden.
Sammlungen
München
Die Graphifche Sammlung bringt ihren
koftbaren Schalj von Originalzeichnungen Anfelm
Feuerbachs zur Ausftellung. Die ftolze Reihe
von 50 prachtvollen Blättern wird durch einige
Meifterwerke aus dem Befi^e der Neuen Pina-
kothek und einiger Münchner Kunftfreunde wert-
voll ergänzt.
3ürid)
Das von dem lebten Beßrer bereits 1885 der
Stadtgemeinde vermachte Landolthaus am
Qirfchengraben ift kürzlich als ein neues Mufeum,
reich ausgeftattet mit tüerken aus dem Befitj
der 3ürd)er Kunftgefellfchaft, der Öffentlichkeit
übergeben worden. In zwei 3immern des erften
Stockwerks war fchon vor einiger 3e>t eine
ebenfo reichhaltige wie koftbare Gold- und
Silberfammlung eines 3üricher Kunftfreundes als
Depofitum zur Aufteilung gekommen. Neuer-
dings hat man auch die übrigen Räume vor-
nehmlich mit den Dokumenten jener älteren
Kunftepoche gefüllt, die fiel) befonders gut dem
hiftorifchen Milieu einfügen. Im ganzen erweift
fid) das Landolthaus als ein Mufeum Schwei-
zerifcher Kunft des 19. Jahrhunderts bis zu der
Periode, die etwa durch das Auftreten Fjodlers
und öUeltis ihren entfcheidenden Ulendepunkt
bekommt.

Äusftellungen
Fünfte Jaljresausftellung der
Mündjener Neuen Sezeffion
Die Entwicklung der neuen Sezeffion ift, ob-
fchon fiel) hier die überwiegende 3ahl der fort-
schrittlichen Künftler Münchens zufammentndet,
in wachsendem Maße auf konfervierende Ge-
finnung eingeftellt. Solche Feftftellung ift zu-
nächst rein tatfächlicl), keineswegs kritifd) ge-
meint. Denn es geht nicht an, jeweilig mit
Jahresumlauf eine Revolutionierung derGefinnung
von Künftlern zu fordern, die fiel) des 3ieles und
der Richtung ihres Uleges längft klar bewußt
find. Und auch foweit man folche konfervative
Grundanfchauung kritifd) deutet, als Stillftand,
3uftand beharrender Erftarrung, ift das Urteil
überperfönlich gemeint, als unvermeidliches Er-
gebnis zwangsläufiger Entwicklungen zu verfte-
hen; da es, von Generation zu Generation, faft
immer Schjickfal der in der Atmosphäre diefer
Stadt Schaffenden wird: frühzeitig zu ermatten
und aus dem radikalen Bewußtfein junger Jahre
eine lebenslängliche Rente zu gewinnen.
Diefer grundfäljliche Einwand war voranzu-
ftellen. Dann wird man gern einräumen, daß diefe
Jaßresausftellung, gleich früheren, faft durchweg
das Niveau guter, intereffanter Qualität behauptet.
Es kann an diefer Stelle, zumal da keine Ab-
bildungen das Urteil belegen, darauf verzichtet
werden, Äußerungen, wie die von Jagerspacher,
Caspar, Caspar-Filfer, Püttner, Kanoldt, Schülein,
Schinnerer, Sieck, Klee, Campendonk, die im
wefentlichen keine neuen Eindrücke vermitteln,
neuerdings zu chjarakterifieren; es genüge der
Fjinweis auf einige Leitungen von grundfätßicher
<Hid)tigkeit,
Unold, der feit mehreren Jahren durch die
3eitverl)ältniffe an einer Befchjickung der Aus-
ftellung behindert war, bringt kleine Bilder von
eigenartigem Reiz kubifchen Bildaufbaus. Bis-
weilen, in dem „Straßenbild“ etwa, überzeugt
die Nötigung zu malerifcßem Ausdruck nicht un-
mittelbar; der graphifche Charakter wirkt ftärker,
bricht durch die Farbe hindurch- Bei anderen
Stücken, wie dem „Stilleben“, ift die Verbindung
einer im Grunde graphifchen Begabung mit der
Farbe fo gereift, daß der feine dunkeltonige
3ufammenklang durch faft altmeifterliche Ab-
klärung überrafd)t.
Seewald fällt, als einziger Ausfteller, durch
ftärkftes Drängen auf Entwicklung der monu-
mentalen Bildform auf. Die Malerei wirkt (heute
noch) karg, nazarenifd) ftreng, entbehrt vielfach
malerifcher Bindung und Sinnlichkeit. Aber in

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