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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 8
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Schwarz, Karl: Hugo Krayn
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0227

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Hugo Krayn

Mit 10 Abbildungen j Von KARL SCHWARZ

m 25. Januar ftarb an der Grippe nach) nur fünftägigem Krankenlager Fjugo Krayn,


ein junger, hoffnungsreicher Künftler, kurz vor Vollendung feines 33. Lebens-

A jah)res. Er war in Berlin geboren und wurzelte mit feiner Kunft in feiner Vater-
ftadt, mit der er enger verbunden war, als irgend ein anderer der jüngeren Künftler.
Er berichtet felbft, daß er mit 3 Jahren alles Papier und mit Vorliebe den Bürgerfteig
mit Kreide bekrittelte und es fchon frühzeitig bei ihm feftftand, daß er nur Maler
werden wollte und mußte. Nachdem er die Unterfekunda abfolviert hatte, feßte er es
nach Überwindung des väterlichen öüiderftandes durch, daß er einen kunftgewerblicßen
Beruf einfcßlagen durfte. So kam er 1902 auf die Berliner Kunftgewerbefcßule und
trat nach Berufung Emil Orliks in deffen Klaffe für Graphik und Bucßkunft, in der er
von 1905—1910 verblieb. Damit war feine künftlerifche Erziehung beendet. Als im
Jahre 1910 der Vater ftarb, fucßte er fich infolge der drückenden Familienverhältniffe
felbft vorwärts zu bringen, wurde Maler und arbeitete unverdroffen ohne jede Anleitung
fich ganz in feine Kunft vertiefend.
Eine befondere Neigung und Begabung zum Kunftgewerbe hatte er nie befeffen,
feine Stärke lag von Anfang an in Naturftudien. In der Schule packte er alles an,
entwarf Plakate, verfucßte fich im Fjolzfcßnitt, erlernte die Lithographie und die Radierung,
fand aber darin nicht feine Befriedigung. In freien Stunden zog er hinaus und machte
Studien mit Blei, Kreide und Aquarell.
Bei feinen Studienfahrten durch Berlin entdeckt er das Chema für fein weiteres
Schaffen, er beginnt das Leben der Arbeit zu ftudieren und verfucßt fich allmählich an
immer größeren Problemen, indem er nun auch — ganz auf fich felbft geftellt und
fich nur in den Mufeen und Ausheilungen weiterbildend zur Ölmalerei greift. Er
ftellt in der Berliner Sezeffion und im Deutfchen Künftlerbund aus, findet in der Preffe
Beachtung und beginnt in weiteren Kreifen bekannt zu werden. Seine fchwäd)liche
Konftitution ift den Anftrengungen feines vom Feuereifer befcßwingten Arbeitsdranges
nicht gewachfen, er erkrankt ernftlid) und muß für längere 3eit nach Davos. Dort
findet er Erholung, malt auch in der völlig neuen Umgebung mehrere Landfchaften und
kehrt mit neuen Eindrücken in die Fjßimat zurück. Neben den Gemälden entftehen zahl-
reiche Graphiken, befonders Litographien, die er in mehreren Folgen zufammenftellt.
Der Krieg bricht aus und ftellt ihn vor große Aufgaben, da er, der Darfteller der Arbeit
und der kleinen Leute, das foziale Elend tief empfindet und dies in feiner Kunft zum
Ausdrucke zu bringen fucßt. 1915 wird er Mitglied der Berliner Sezeffion, erhält den
Auftrag zu einem großen Wandgemälde, findet reichen Abfaß mit feinen Werken und
allgemeine Anerkennung. Die Stadt Berlin erwirbt zwei feiner Gemälde. Der Weg aus
ftiller 3urückgezogenhcit zu einem unter fcßweren Mühen und Entbehrungen erarbeiteten
befferen Dafein und zu ruhigerer Entwicklung öffnet fich ihm. Da bricßt fein Lebens-
faden plößlicß ab. —
Es ift nicht leicht, dem Schaffen eines fo früh feinem Streben entriffenen Künftlers
vollauf gerecht zu werden. Die feinem Gedächtnis geweihte Ausftellung in der Berliner
Sezeffion umfaßt neben vielen 3eicl)nungen und Graphiken 134 Gemälde; eine feßr große 3aßl
und ein fcßwerer Prüfftein für eine fo kurze Arbeitsdauer! Daß da viel (Unausgeglichenes
und Unbedeutendes mit unterlaufen mußte, ift felbftverftändlich, vergegenwärtigt aber
auch den fchweren Kampf, den der nur auf fich geftellte Künftler auszukämpfen hatte.
Der Cicerone, XI. Jahrg., Heft 8 16 205
 
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