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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 23
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Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0811

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Die Zeit und der Markt

Sammlungen
Dublin und die Sammlungen von
Sir Fjuglj P. Lane f
Der irifcße Sammler und Gentleman-dealer
Sir Fjugß P- Lane hat fcßon bei Lebzeiten das
Mufeum in Dublin durch Schenkung von Kunft-
werken reich bedacht. Huch feine ausgefuchte
Sammlung von feftländifchen Malern des 19. Jahr-
hunderts, in der befonders die Barbizonmeifter
glänzten, wurde 1913 in der Galerie ausgeftellt,
und Sir Lane fprach damals die Hbficht aus, die
ganze wertvolle Sammlung der Stadt zu fcßen-
ken, wobei er einige ÜHünfcße äußerte ßinficßt-
lich der Lage des ohnehin geplanten neuen
Mufeums und der Maßl des Hrchitekten. Das
großartige Hngebot wurde von der Stadt jedoch
mit nicht allzuviel Begeiferung aufgenommen;
man ftieß [ich an den mit der Hnnahme ver-
bundenen Bedingungen. Dadurch verftimmt,
vermachte Sir Lane die Sammlung teftamenta-
rifch der Stadt London. Kurz darauf wurde er
Direktor der Dubliner Galerie. In diefer Stel-
lung fcheint er den im Groll getanen Schritt
bedauert und aufs neue den Güillen ausgefprochen
zu haben, daß die Sammlung nach feinem Code
an die Stadt Dublin fallen folle.
Sir Lane wurde im Mai 1915 eines der Opfer
der Lufitaniatragödie. Hls fein Ceftament er-
öffnet wurde, ftellte es fich heraus, daß er die
Galerie in Dublin zur Erbin feines ganzen Be-
ßres eingefegt hatte; — nur hinficßtlicß der
Sammlung moderner Meifter war das Kodizill
zugunften der Stadt London beftehen geblieben,
da Sir Lane offenbar nicht damit gerechnet
hatte, daß er fo jäh aus dem Leben fcheiden
würde. Die Sammlung bildet nun einen 3ank-
apfel zwifchen den beiden Städten; vorläufig
wird fie durch die Nationalgalerie in London,
die den Buchftaben auf ihrer Seite hat, in feftem
Verwahrfam gehalten. In Dublin greift man fich
an den Kopf, wirft fich eigene Dummheit vor
und lebt man immer noch in der Fjoffnung, daß
der durch viele 3eugen beftätigte legte Hülle
des Stifters refpektiert werden möchte. Nur die
Optimiften glauben aber, daß dies gefcßeßen wird.
Damit nicht genug, hatte es allen Hnfcßein,
daß Dublin ein zweitesmal das Nacßfeßen haben
follte. Sir Lane hinterließ außer der umftrittenen
Sammlung noch andere Kunftfcßäge, hatte je-
doch nicßt diefe, fondern den durch Verweige-
rung zu erzielenden Barertrag der Stadt ver-
macht. Diefe wußte aber fcßließlicß einen Ge-
ricßtsbefcßluß zu erwirken, der ißr geftattete,

ißre Desiderata aus der Erbmaffe in concreto
herauszupicken. Huf diefe deife ift die Na-
tionalgalerie von Irland zulegt doch um 41 wert-
volle Gemälde, hauptfäcßlich alter Meifter, reicher
geworden; unter ißnen befinden fich ein Cizian,
ein Greco, ein Piazzetta, vier Pouffins, ein Claude
Lorrain, drei Chardins, ein Goya, ein Rembrandt,
ein van Dyck, ein Bol, ein Reynolds, fecßs Gains-
borougßs, drei Romneys, ein Conftable. ünd
vielleicht, vielleicht läßt fich London doch auch
nocß erweichen! Fj„
Ein deutfdjes Cljeatermufeum
In Stuttgart hat fich kürzlich unter Beteiligung
aller Kreife von Kunft und (Uiffenfcßaft eine
Gefellfcßaft „Deutfcßes Tßeatermufeum“ gebildet,
die den Plan verfolgt, nicßt nur ein Scßau-
mufeum für Biißnenkunft zu fcßaffen, fondern
gleichzeitig auch eine Stätte der Belehrung ein-
zuricßten, die dem Büßnenkünftler, dem Tech-
niker, dem Regiffeur ebenfo wie dem Literar-
ßiftoriker die Grundlagen für Forfcßung und Er-
kenntnis im modernenSinne darbieten foll. Neben
dem rein hiftorifcßen Hufbau wird vor allem
das Tßeater der Gegenwart durch eine groß-
zügige Scßaufammlung von Infzenierungsmodellen
mufeumstecßnifcßzurDarftellungkommen. Außer-
dem denkt man an eine Sammlung von Quellen
und Beiträgen lebender Dichter und Mufiker, die
für die Hufführung ißrer öüerke programmatifcß
wichtig find. TTIill man zunäcßft auch nur die
Biißnenkunft der deutfcßfpracßigen Lande in den
Mittelpunkt diefer neuen Mufeumsgründung
ftellen, fo liegt doch die Möglichkeit jederzeit
vor, den Rahmen nach und nach international
weiter zu fpannen.
Ca mbridge
Das Figwilliam Mufeum ift um einen un-
gewöhnlichen Scßag reicher geworden; mit FJilfe
opferfreudiger Freunde und des Tniverfitätsfonds
ßat es den u. a. durch eine Prachtpublikation
bekannten Pfalter von Isabelle de France
erworben, der mit feinen 52 Miniaturen zu den
köftlicßften Fjervorbringungen der franzöfifcßen
mittelalterlichen Kunft gehört. Ift er doch, wie
angenommen wird, ausdenfelben Künftlerßänden
hervorgegangen wie der berühmte Ludwigs-
pfalter der Parifer Nationalbibliotßek. Entftanden
ift die Fjandfcßrift zwifchen 1254 und 1270. Im
14. Jaßrßundert war fie noch im Befig Karls V.
von Frankreich, um dann erft beinahe 500 Jahre
fpäter wieder aufzutaucßen. Joßn Ruskin erwarb
fie 1852 von einem Jarman und fcßrieb darüber
in fein Tagebuch: „Icß habe den größten Scßag

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