Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0042
DOI Heft:
Heft 1/2
DOI Artikel:Schaefer, Karl: Stockelsdorfer Fayencen
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STOCKELSDORFER FAYENCEN
Rand geziert ift, trägt der wichtigfte
— wie die andern in reiner Blau-
malerei ausgeführt — am unteren
Rande der reichen Landfchaft die volle
Bezeichnung: Stockeisdorff a: 1778 B.
direx.
Audi das originell geformte, in wei-
chen Rocailumriffen modellierte Tin-
tenzeug mit den drei Einfaßgefäßen
für Tinte, Sand und für Federpofen
kommt als Modell der Kieler Fabrik
fchon ganz ähnlich vor (vergl. Abb. 7).
Flachen Tellern mit durchbrochenem
Flechtrand und Fruchtkörben aus blau
ftaffiertem durchbrochenem Geflecht
begegnet man öfter. Eigentümlich find dagegen in Stockelsdorf die viereckigen, auf
Unterfaßfchalen [teilenden Blumenkaften meift von lang rechteckigem, ausnahmsweife
einmal von quadratifdiem Grundriß. Auch an reichen Tafelfchmuckftücken in Geftalt
von mehrftöckigen Aufbauten mit großen und kleinen Schalen hat es in den Muftern
der Fabrik nicht gefehlt. Außer diefen befonderen Stücken und den feltener als aus
anderen Werkftätten auftauchenden Tellern und Deckelfchüffeln für den Tifch, gab
es eine einfache, mit fparfamer Blaumalerei [ich begnügende Alltagsware, von der
man vielleicht annehmen kann, daß fie befonders in der Spätzeit unter dem Sohne
Buchwalds entftanden ift, der bis in die Franzofenzeit die Fabrikation fortführte.
Denn alle mit Jahreszahlen verfehenen, bisher bekannten hervorragenden Leiftungen
der Fabrik gehören der kurzen Zeitfpanne bis 1780 an. Unter diefer Gebrauchsware,
die [ich immerhin durch die Güte der weißen Glafur und das helle faftige Blau vor
anderen Alltagsarbeiten als handwerklich tüchtig gibt, find z. B. Apothekergefäße
aus der ehemals Suvefchen Drogerie im Schüffelbuden zu Lübeck, die man diefer
Spätzeit fchon wegen der Gefäßformen zufchreiben
muß.
Die Ofenkeramik im Zeitalter des Rokoko ift
vorderhand noch nicht fo gründlich unterfucht,
daß der Anteil der einzelnen Fabriken fchon mit
Sicherheit feftgeftellt werden kann. Offenbar hat
der fabrikmäßige Betrieb und die Lieferung durch
den Handel viele Stücke weit ab von ihrem Ent-
ftehungsort verfchlagen. Daß beifpielsweife die
blaubemalten Riefenöfen in den Prunkräumen des
Schloff es von Zarfkoje Selo in der Zeit um 1710
aus Hamburg geliefert wurden, ift eine über-
rafchende Feftftellung aus den Baurechnungen; und
von der fogenannten Dresdener Ware gingen ganze
Sendungen von Öfen über Lübeck nach Dänemark
und Schweden. Unter diefen Umftänden möchte
ich unter den vielen weder durch Signaturen noch
durch andere äußere Merkmale zu beftimmenden
Abb. 11. Signatur von Stockelsdorf
zur Zeit Buchwalds-Leihamers.
Abb. 10. Große Deckelfchüffel Stockelsdorf,
manganbraun ftaffiert. Mufeum Lübeck.
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Rand geziert ift, trägt der wichtigfte
— wie die andern in reiner Blau-
malerei ausgeführt — am unteren
Rande der reichen Landfchaft die volle
Bezeichnung: Stockeisdorff a: 1778 B.
direx.
Audi das originell geformte, in wei-
chen Rocailumriffen modellierte Tin-
tenzeug mit den drei Einfaßgefäßen
für Tinte, Sand und für Federpofen
kommt als Modell der Kieler Fabrik
fchon ganz ähnlich vor (vergl. Abb. 7).
Flachen Tellern mit durchbrochenem
Flechtrand und Fruchtkörben aus blau
ftaffiertem durchbrochenem Geflecht
begegnet man öfter. Eigentümlich find dagegen in Stockelsdorf die viereckigen, auf
Unterfaßfchalen [teilenden Blumenkaften meift von lang rechteckigem, ausnahmsweife
einmal von quadratifdiem Grundriß. Auch an reichen Tafelfchmuckftücken in Geftalt
von mehrftöckigen Aufbauten mit großen und kleinen Schalen hat es in den Muftern
der Fabrik nicht gefehlt. Außer diefen befonderen Stücken und den feltener als aus
anderen Werkftätten auftauchenden Tellern und Deckelfchüffeln für den Tifch, gab
es eine einfache, mit fparfamer Blaumalerei [ich begnügende Alltagsware, von der
man vielleicht annehmen kann, daß fie befonders in der Spätzeit unter dem Sohne
Buchwalds entftanden ift, der bis in die Franzofenzeit die Fabrikation fortführte.
Denn alle mit Jahreszahlen verfehenen, bisher bekannten hervorragenden Leiftungen
der Fabrik gehören der kurzen Zeitfpanne bis 1780 an. Unter diefer Gebrauchsware,
die [ich immerhin durch die Güte der weißen Glafur und das helle faftige Blau vor
anderen Alltagsarbeiten als handwerklich tüchtig gibt, find z. B. Apothekergefäße
aus der ehemals Suvefchen Drogerie im Schüffelbuden zu Lübeck, die man diefer
Spätzeit fchon wegen der Gefäßformen zufchreiben
muß.
Die Ofenkeramik im Zeitalter des Rokoko ift
vorderhand noch nicht fo gründlich unterfucht,
daß der Anteil der einzelnen Fabriken fchon mit
Sicherheit feftgeftellt werden kann. Offenbar hat
der fabrikmäßige Betrieb und die Lieferung durch
den Handel viele Stücke weit ab von ihrem Ent-
ftehungsort verfchlagen. Daß beifpielsweife die
blaubemalten Riefenöfen in den Prunkräumen des
Schloff es von Zarfkoje Selo in der Zeit um 1710
aus Hamburg geliefert wurden, ift eine über-
rafchende Feftftellung aus den Baurechnungen; und
von der fogenannten Dresdener Ware gingen ganze
Sendungen von Öfen über Lübeck nach Dänemark
und Schweden. Unter diefen Umftänden möchte
ich unter den vielen weder durch Signaturen noch
durch andere äußere Merkmale zu beftimmenden
Abb. 11. Signatur von Stockelsdorf
zur Zeit Buchwalds-Leihamers.
Abb. 10. Große Deckelfchüffel Stockelsdorf,
manganbraun ftaffiert. Mufeum Lübeck.
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