Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0139
DOI Heft:
Heft 5/6
DOI Artikel:Scherer, Christian: Niederländische und deutsche Kleinbronzen im herzoglichen Museum zu Braunschweig
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Niederländi fcße und deutfcße Kleinbronzen
Knaben (Abb. 4). Der eine — 0,075
hoch — fißt am Boden mit etwas
angezogenem linken Bein und vor-
gebeugtem, etwas feitlich gedreh-
tem Oberkörper und hält in der
Rechten vor fich einen Vogel, wäh-
rend die Linke nach hinten untätig
am Körper anliegt; derandere(0,0T0
hoch) fit$t ebenfalls am Boden mit
gerade aufgerichtetem Oberkörper
und hat mit beiden Händen ein
Hündchen liebkofend an fich ge-
drückt. Es find zwei reizvolle
Genrefigürchen im Charakter der
Putten am Sebaldusgrab1 und zu
einer Gruppe ähnlicher Figürchen
gehörig, von denen in dem oben ge-
nannten Bodefchen Auffaß, Abb. 1,
einige abgebildet find. Mit dem
dort rechts abgebildeten Knaben,
zu dem fich im Berliner Kaifer-
Friedrich-Mufeum das Wachsmo-
dell'2 befindet, ftimmt unfer zweites
Figürchen genau überein, wie denn
von letzterem auch noch anderwei-
tige Wiederholungen Vorkommen
füllen. Wie die meiften diefer
Werkdien [o find auch unfere bei- Rbb' 6- KoPf des laufenden Mannes,
den Rohgüffe von flotter, fkizzen-
hafter Behandlung und ganz geringer Zifelierung3; aber gerade hierin beruht neben
ihrer humorvollen Darftellung ein wefentlicher Reiz derfelben.
Während bei diefen beiden Figürchen kein Zweifel an ihrer Zugehörigkeit zur Vifcher-
fchen Gießhütte obwalten kann, wird der Verfuch, auch eine weitere Statuette der Sammlung
derfelben Werkftatt zuzuweifen, wohl nicht ohne weiteres auf Zuftimmung rechnen dürfen.
Die Statuette, um welche es fich hier handelt, ift 0,610 hoch und gehört damit zu
den größten der Sammlung (Abb. 5)4. Sie [teilt einen nackten Mann dar, der weit-
ausfchreitend dahineilt, indem er beide Arme in etwas pathetifcher Gebärde erhoben
und den Kopf ebenfalls aufwärts gerichtet hat5. Die ganze Haltung erinnert dadurch
lebhaft an die bekannte Statuette des tanzenden Faun aus der casa del Fauno zu
1 Vergl. A. Mayer, Die Genreplaftik an Peter Vifchers Sebaldusgrab (1911) S. 6, 23 u[w.
2 Siehe Vöge a a. 0., Nr. 470, Taf. IV.
3 Es handelt [ich vielleicht um mißlungene Güffe, wofür einige Gußfehler (Löcher) fprechen.
1 Nach einer Mitteilung des Herrn Dr. Ernft Heinrich Zimmermann foll [ich im Genfer Mufeum
ein zweites Exemplar der Statuette befinden.
5 .Die Figur ftand urfprünghch auf einer Bronzeplatte, deren Refte unter den Füßen noch erhalten
find, wo fie ringsum abgefchnitten ift. Unter der Sohle des linken Fußes befindet fich ein Loch.
Braune, abgeriebene Lackpatina.
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Knaben (Abb. 4). Der eine — 0,075
hoch — fißt am Boden mit etwas
angezogenem linken Bein und vor-
gebeugtem, etwas feitlich gedreh-
tem Oberkörper und hält in der
Rechten vor fich einen Vogel, wäh-
rend die Linke nach hinten untätig
am Körper anliegt; derandere(0,0T0
hoch) fit$t ebenfalls am Boden mit
gerade aufgerichtetem Oberkörper
und hat mit beiden Händen ein
Hündchen liebkofend an fich ge-
drückt. Es find zwei reizvolle
Genrefigürchen im Charakter der
Putten am Sebaldusgrab1 und zu
einer Gruppe ähnlicher Figürchen
gehörig, von denen in dem oben ge-
nannten Bodefchen Auffaß, Abb. 1,
einige abgebildet find. Mit dem
dort rechts abgebildeten Knaben,
zu dem fich im Berliner Kaifer-
Friedrich-Mufeum das Wachsmo-
dell'2 befindet, ftimmt unfer zweites
Figürchen genau überein, wie denn
von letzterem auch noch anderwei-
tige Wiederholungen Vorkommen
füllen. Wie die meiften diefer
Werkdien [o find auch unfere bei- Rbb' 6- KoPf des laufenden Mannes,
den Rohgüffe von flotter, fkizzen-
hafter Behandlung und ganz geringer Zifelierung3; aber gerade hierin beruht neben
ihrer humorvollen Darftellung ein wefentlicher Reiz derfelben.
Während bei diefen beiden Figürchen kein Zweifel an ihrer Zugehörigkeit zur Vifcher-
fchen Gießhütte obwalten kann, wird der Verfuch, auch eine weitere Statuette der Sammlung
derfelben Werkftatt zuzuweifen, wohl nicht ohne weiteres auf Zuftimmung rechnen dürfen.
Die Statuette, um welche es fich hier handelt, ift 0,610 hoch und gehört damit zu
den größten der Sammlung (Abb. 5)4. Sie [teilt einen nackten Mann dar, der weit-
ausfchreitend dahineilt, indem er beide Arme in etwas pathetifcher Gebärde erhoben
und den Kopf ebenfalls aufwärts gerichtet hat5. Die ganze Haltung erinnert dadurch
lebhaft an die bekannte Statuette des tanzenden Faun aus der casa del Fauno zu
1 Vergl. A. Mayer, Die Genreplaftik an Peter Vifchers Sebaldusgrab (1911) S. 6, 23 u[w.
2 Siehe Vöge a a. 0., Nr. 470, Taf. IV.
3 Es handelt [ich vielleicht um mißlungene Güffe, wofür einige Gußfehler (Löcher) fprechen.
1 Nach einer Mitteilung des Herrn Dr. Ernft Heinrich Zimmermann foll [ich im Genfer Mufeum
ein zweites Exemplar der Statuette befinden.
5 .Die Figur ftand urfprünghch auf einer Bronzeplatte, deren Refte unter den Füßen noch erhalten
find, wo fie ringsum abgefchnitten ift. Unter der Sohle des linken Fußes befindet fich ein Loch.
Braune, abgeriebene Lackpatina.
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