Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0285
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Heft 9
DOI article:Neue Graphik und Liebhaberbücher
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Neue Graphik und Liebhaberbücher
tecbnifd) raffinierten, aber aud) ftark auf
äußerliche Effektwirkung eingeftellten Radie-
rungen von Paul ßerrmann an. Die neue
Folge, 6 Kaltnadelarbeiten zur Legende vom
Garten Eden, die bei F.Bruckmann,München,
erfcheint, gehört zweifellos zu Fjerrmanns inter-
effanteften Arbeiten. In feiner Ärt liegt etwas
Aufreizendes, verhalten Leidenfchaftliches, eine
gewiffe Glut und Neigung zu finnlicher Ekftafe,
mit der er als Perfönlicl)keit durchaus felbftändig
dafteht Prof. Fj- dl. Singer hat zu dem (Uerke,
das in der Ausgabe A (25 Exemplare), 600 Mk.,
in der Ausgabe B (75 Exemplare) 350 Mk. koftet,
ein Vorwort gefchrieben.
Auch der Kölner F. Ä. Cleinzbeimer liebt,
in ausgefprochen moderner Einkleidung aller-
dings, das Leidenfchaftliche und Ekftatifche. In
Dantes „Inferno“ fand er für feine verknäuelten
Menfchenleibermaffen einen Gegenftand, dem
feine Kunft homogen, wenn auch fchwerlich kon-
genial erfcheint. Die Kunftausftellung (Hilf).
Goy ert, Köln a. Rh-, gibt den aus 6 Radierungen
begehenden Dante-Cyklus in einer einmaligen
Auflage von 50 Exemplaren heraus, deren Sub-
kriptionswert auf 350 Mk. feftgefeßt ift. Die
Blätter find bereits vor dem Kriege entftanden,
wirken aber in ihrer vulkanifdjen Erhitjtheit
faft wie ein Spiegelbild des gegenwärtigen (Uelt-
3uftandes. Vom rein graphifchen Standpunkt
aus find fie übrigens durch ihre Fülle an male-
rifcher und toniger (Ilirkung außerordentlich
bemerkenswert. Der Liebhaber der im engeren
Sinne modernen Graphik wird daher an ihnen
nicht vorübergehen können. F). Voß.
Neue Luxusdrucke.
Adolf Güeigel in Leipzig, Abteilung Verlag,
hat von der bei F. Bruckmann Ä.-G. 1912 erfchie-
nenen Ausgabe von Stjakefpeares „Sturm“
in der Schlegelfchen Überfettung noch 30 ohne
die Dulacfchen Bilder übriggebliebene Cexte
übernommen und in neuem Gewände erfcheinen
laffen. Statt der Dulacfchen Schablonenmalerei
illuftrieren fechs fein erfundene, faft nur mit dem
Diamant gearbeitete, auf der Ffandpreffe von
den unverftählten Originalplatten auf Strath-
more-Japan gedruckte, handfcbriftlich fignierte
Radierungen und eine Citelzeicfmung des Leip-
ziger Malers und Graphikers Erich Grüner
den fchönen Quartband, deffen Druckanordnung
auf feinftem van Geldern-Bütten Karl Köfter
in Leipzig beforgt hat, der ferner prachtvolle
Initialen beifteuerte. Grüner hat außerdem neben
einem Interimspappband mit handmarmoriertem
Buntpapierüberzug einen bei Ffnbel & Denck ge-
fertigten üandeinband in feinftem Kalbsperga-
ment entworfen. So ift ein ganz neues, herr-
liches Buch entftanden, das allerdings oder
glücklicherweife nur noch 27 Bücherfreunden
erreichbar ift, da drei Exemplare gleich für die
Deutfche Bücherei, den Künftler und den Verleger
beftimmt waren. Der Preis für das Exemplar
im Pappband beträgt M. 360.—, der Fjandeinband
von Grüner wird für M. 160.— geliefert.
Shakefpeares „Sommernachtstraum“
hat der Verlag von Erich Reiß in Berlin in
einer prächtigen Antiqua von Spamer in Leipzig
drucken und von Ernft Stern mit 12 hand-
kolorierten Federzeichnungen nach der Auf-
führung des Deutfchen Cheaters zu Berlin und
fünf Kopfleiften zu Beginn jedes Aktes illuftrieren
laffen. Stern bleibt fiel) immer gleich, hat’s aber
früher beffer gekonnt. Die Auflage umfaßt 620
Exemplare, davon 70auf handgefchöpftem hollän-
difchen Bütten und vom Künftler figniert.
Der neueften Überfettung der „Reden, Be-
richte und öüeisfagungen Jefajas“ aus
dem maforetifchen Cext unter Berückfichtigung
der rabbinifchen und karäifchen Kommentare
und der modernen Cextkritik durch Lazarus
Goldfchmidt, den Herausgeber des babylo-
nifchen Calmud, mit einem philologifchen An-
merkungsapparat am Schluß hat Max Perl in
Berlin eine prunkvolle Ausftattung geben wollen:
Großquart, fchjweres 3anders-Bütten, monumen-
taler Druck der Offizin Crowiftfcb u. Sohn, rechts
neben dem Sattfpiegel die Kapitelzählung in grü-
nem Druck, links den ganzen Saßfpiegel ent-
lang, oben und unten übergreifend Federzüge
und Federfchnörkel in Grün und Braun und
handkolorierte Initialen in Rot oder Blau, alles
nach Entwürfen des Überfe^ers im Gepräge der
illuminierten Bibelhandfchriften wohl mit dem
3wecke, den Eindruck einer fd)ön gefchriebenen
Prachthandfchrift zu erzeugen. Sehr fmbfcb in
der Cat, wenn man das Buch auffctjlägt;
aber wenn man näher hinfieht, erfcheint das
Schnörkelwerk recht modern, wenn auch nicht
fo unecht, wie das breite Rankenwerk in Grün
und Braun um den Citel oder gar wie das
tapetenmuftrige Vorfatjpapier und der rotbraune
Erfatj-Kartonage-Einband. Das Buch fleht wie
eine Kreuzung zwifchen damals und heute aus.
Ich glaube, felbft der Bücherhamfter hat für die
200 M., die das Buch koftet, etwas Anderes er-
wartet als einen Jefajas in neuer Überfeljung
mit philologifch-kritifchen Anmerkungen, der
aber wie eine alte Bibelhandfchrift ausfehen will.
Ob hier nicht einiges mißglückt fein füllte?
Da hat der Drei Masken-Verlag in Berlin-
München mit der Ausftattung feines ttlerkes
„Alt-Nürnberg. Schwänke, Lieder und Cänze
263
tecbnifd) raffinierten, aber aud) ftark auf
äußerliche Effektwirkung eingeftellten Radie-
rungen von Paul ßerrmann an. Die neue
Folge, 6 Kaltnadelarbeiten zur Legende vom
Garten Eden, die bei F.Bruckmann,München,
erfcheint, gehört zweifellos zu Fjerrmanns inter-
effanteften Arbeiten. In feiner Ärt liegt etwas
Aufreizendes, verhalten Leidenfchaftliches, eine
gewiffe Glut und Neigung zu finnlicher Ekftafe,
mit der er als Perfönlicl)keit durchaus felbftändig
dafteht Prof. Fj- dl. Singer hat zu dem (Uerke,
das in der Ausgabe A (25 Exemplare), 600 Mk.,
in der Ausgabe B (75 Exemplare) 350 Mk. koftet,
ein Vorwort gefchrieben.
Auch der Kölner F. Ä. Cleinzbeimer liebt,
in ausgefprochen moderner Einkleidung aller-
dings, das Leidenfchaftliche und Ekftatifche. In
Dantes „Inferno“ fand er für feine verknäuelten
Menfchenleibermaffen einen Gegenftand, dem
feine Kunft homogen, wenn auch fchwerlich kon-
genial erfcheint. Die Kunftausftellung (Hilf).
Goy ert, Köln a. Rh-, gibt den aus 6 Radierungen
begehenden Dante-Cyklus in einer einmaligen
Auflage von 50 Exemplaren heraus, deren Sub-
kriptionswert auf 350 Mk. feftgefeßt ift. Die
Blätter find bereits vor dem Kriege entftanden,
wirken aber in ihrer vulkanifdjen Erhitjtheit
faft wie ein Spiegelbild des gegenwärtigen (Uelt-
3uftandes. Vom rein graphifchen Standpunkt
aus find fie übrigens durch ihre Fülle an male-
rifcher und toniger (Ilirkung außerordentlich
bemerkenswert. Der Liebhaber der im engeren
Sinne modernen Graphik wird daher an ihnen
nicht vorübergehen können. F). Voß.
Neue Luxusdrucke.
Adolf Güeigel in Leipzig, Abteilung Verlag,
hat von der bei F. Bruckmann Ä.-G. 1912 erfchie-
nenen Ausgabe von Stjakefpeares „Sturm“
in der Schlegelfchen Überfettung noch 30 ohne
die Dulacfchen Bilder übriggebliebene Cexte
übernommen und in neuem Gewände erfcheinen
laffen. Statt der Dulacfchen Schablonenmalerei
illuftrieren fechs fein erfundene, faft nur mit dem
Diamant gearbeitete, auf der Ffandpreffe von
den unverftählten Originalplatten auf Strath-
more-Japan gedruckte, handfcbriftlich fignierte
Radierungen und eine Citelzeicfmung des Leip-
ziger Malers und Graphikers Erich Grüner
den fchönen Quartband, deffen Druckanordnung
auf feinftem van Geldern-Bütten Karl Köfter
in Leipzig beforgt hat, der ferner prachtvolle
Initialen beifteuerte. Grüner hat außerdem neben
einem Interimspappband mit handmarmoriertem
Buntpapierüberzug einen bei Ffnbel & Denck ge-
fertigten üandeinband in feinftem Kalbsperga-
ment entworfen. So ift ein ganz neues, herr-
liches Buch entftanden, das allerdings oder
glücklicherweife nur noch 27 Bücherfreunden
erreichbar ift, da drei Exemplare gleich für die
Deutfche Bücherei, den Künftler und den Verleger
beftimmt waren. Der Preis für das Exemplar
im Pappband beträgt M. 360.—, der Fjandeinband
von Grüner wird für M. 160.— geliefert.
Shakefpeares „Sommernachtstraum“
hat der Verlag von Erich Reiß in Berlin in
einer prächtigen Antiqua von Spamer in Leipzig
drucken und von Ernft Stern mit 12 hand-
kolorierten Federzeichnungen nach der Auf-
führung des Deutfchen Cheaters zu Berlin und
fünf Kopfleiften zu Beginn jedes Aktes illuftrieren
laffen. Stern bleibt fiel) immer gleich, hat’s aber
früher beffer gekonnt. Die Auflage umfaßt 620
Exemplare, davon 70auf handgefchöpftem hollän-
difchen Bütten und vom Künftler figniert.
Der neueften Überfettung der „Reden, Be-
richte und öüeisfagungen Jefajas“ aus
dem maforetifchen Cext unter Berückfichtigung
der rabbinifchen und karäifchen Kommentare
und der modernen Cextkritik durch Lazarus
Goldfchmidt, den Herausgeber des babylo-
nifchen Calmud, mit einem philologifchen An-
merkungsapparat am Schluß hat Max Perl in
Berlin eine prunkvolle Ausftattung geben wollen:
Großquart, fchjweres 3anders-Bütten, monumen-
taler Druck der Offizin Crowiftfcb u. Sohn, rechts
neben dem Sattfpiegel die Kapitelzählung in grü-
nem Druck, links den ganzen Saßfpiegel ent-
lang, oben und unten übergreifend Federzüge
und Federfchnörkel in Grün und Braun und
handkolorierte Initialen in Rot oder Blau, alles
nach Entwürfen des Überfe^ers im Gepräge der
illuminierten Bibelhandfchriften wohl mit dem
3wecke, den Eindruck einer fd)ön gefchriebenen
Prachthandfchrift zu erzeugen. Sehr fmbfcb in
der Cat, wenn man das Buch auffctjlägt;
aber wenn man näher hinfieht, erfcheint das
Schnörkelwerk recht modern, wenn auch nicht
fo unecht, wie das breite Rankenwerk in Grün
und Braun um den Citel oder gar wie das
tapetenmuftrige Vorfatjpapier und der rotbraune
Erfatj-Kartonage-Einband. Das Buch fleht wie
eine Kreuzung zwifchen damals und heute aus.
Ich glaube, felbft der Bücherhamfter hat für die
200 M., die das Buch koftet, etwas Anderes er-
wartet als einen Jefajas in neuer Überfeljung
mit philologifch-kritifchen Anmerkungen, der
aber wie eine alte Bibelhandfchrift ausfehen will.
Ob hier nicht einiges mißglückt fein füllte?
Da hat der Drei Masken-Verlag in Berlin-
München mit der Ausftattung feines ttlerkes
„Alt-Nürnberg. Schwänke, Lieder und Cänze
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