Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (11.1919)

Friß Stuckenberg


verlangendes Gewand im
nächtigen Dunkel, das blaue
unendlich) jenfeitige Staßlen-
balken gueren, ift mit das
Stärkfte, was icß an religiöfer
Kun[t aus unferen Lagen
kenne. Das abgegriffene
Klort „Myftik“ fteßt ßier klar
und waßr am Plaße. Ich)
wünfcßte der Kunft, Friß
Stuckenberg bekäme ein
großes Ältarwerk zu malen.
Myftifcß ift zuletzt jedes
feiner Bilder. Kein Maler
mit temperamentvoll ßeftig
aufgeriffenen Äugen ßat fie
in Fjemdsärmeln ßerunterge-
ßauen. Durch) die beruhigte
Eingabe eines Gläubigen find
fie aus dem Nicßts erlöft
worden. Stuckenberg könnte
eine Kutte tragen. Er ßat
keine Fjaft.
Er füßrt die Farben leife
zufammen und läßt fie fid) fin-
den in Umarmungen. Ewige
Umarmungen von Formen
und Farben find feine Bilder.
Unio myftica. Umarmung ift
das ftets wiederkeßrende
Lßema feiner Bilder, zuleßt
in einem großen, ftarken und
farbenküßnen Klerke. Um-
armung von Mutter und Kind,
Kuß der Kleltliebe, die Um-
armung der Liebenden auf dem ßier abgebildeten kleinen Gemälde . . fie find nicßt
Erotika, fie find Symbole für das Kiefen der Kielt. Auch) alle anderen Bilder, auch)
die „Ärcßitektur“ könnte Umarmung ßeißen.
Friß Stuckenberg ift nach) alledem „Kubift“? Nun woßl, neßmen wir das Klort auf.
Fernand Leger ßat ißm von den lebenden Malern den tiefften Eindruck gemacßt. Seine
„Ärcßitektur“ ift Legers würdig und ein abfolut eigenes neues Klerk. Überßaupt wird
man kein Bild Stuckenbergs finden, das abßängig wäre. Unter den deutfcßen Kubiften
geßört er zu den Klenigen, die über den formalen Kubismus ßinaus gelangt find zu
einem fcßöpferifcßen Kubismus, der ebenfo alt ift wie er neu ift.
Diefer Künftler Liebe ift nicßt das Menfcßenßafte, fondern das Sternenßafte. Sie
lieben die Kielt und wollen ißrer Scßönßeit ein Neues Sternenßaftes einfügen. Sie find

Aufnahme von Kätl)ß Ruppel, Berlin.
Hbb. 3. Friß Stuckenberg: Ärcßitektur.
Privatbepk Dr. B.

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