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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 11
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Baum, Julius: Die Bildwerke der Sammlung Schnell in Ravensburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0347

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Die Bildwerke der Sammlung Schnell in Ravensburg


Abb. 4. Oberfchwäbifch. Um 1430.

Es muß einmal ausgefprochen werden: „Qualität“ ift ein Verhältnisbegriff. Die
Kriterien der Qualität find fubjektiv, find in hohem Maße abhängig von den zufälligen
Kenntniffen des Beurteilers. Ein Menfchenalter lang wurde die fogenannte Nürn-
berger Madonna für ein unübertreffliches Meifterwerk gehalten, vor dem der Be-
trachter in Andacht erftarb; heute herrfcht über ihre Minderwertigkeit gegenüber den
bedeutenden Werken eines Vifcher und Stoß keine Meinungsverfchiedenheit. Es gibt
wenig Kunftwerke, die nicht innerhalb eines beftimmten Kreifes Bedeutung hätten.
Am eheften mag noch ein Privatfammler das Recht haben, fich eines Stückes, das
feinem Gefchmacke nicht entfpricht, zu entledigen. Ein Mufeumsbeamter aber hat die
Pflicht, alle feiner Obhut unterteilten Kunftwerke zu erhalten. Es ift nun fchon zu
häufig erlebt worden, wie befchränkte Kenntniffe und mangelhafte Gefchmacksbildung
einer Mufeumsverwaltung die ihr anvertraute Anftalt und damit die Öffentlichkeit auf
das Schwerfte gefchädigt haben, als daß nicht verlangt werden müßte, es dürfe aus
einem Mufeum überhaupt nichts für dauernd entfernt werden. Von der Verweigerung
von Grünewalds Mariafchneebild in Schleißheim bis zum Verkauf des Rembrandt aus dem
Kolmarer Mufeum ift es eine lange Kette von Mißgriffen, die diefe Forderung begründet.
Theodor Schnell nun gehört zu dem Typus von Privatfammlern, der nicht nur mehr
gefühlsmäßige Pietät, fondern auch mehr Verftändnis für alte Kunft befitjt, als jene

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