Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0390
DOI issue:
Heft 12
DOI article:Uphoff, Carl Emil: Künstler, Kunst und Staat
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Künftler, Kunft und Staat
find, entweder, daß der Menfcß der Rerrfcßaft durcß Menfcßen bedürfe, um fein Dafein
ordnungsmäßig und fruchtbar auswirken zu können, oder, daß der Staat eine ßößere
Ulefenßeit fei, zu deren Vertretung fie ficß beftimmt (von Gott begnadet) wäßnen.
Körperlid) innerhalb des Staates —, geiftig (denkend und feßaffend) außerhalb feiner
Grenzen —, feßweifend in der dielt, foweit die Sinne und der Geift (das Gefüßl und
die Vernunft) fie umfaffen, vollbringt der Künftler fein Leben in dem Sinne, daß er
als Menfcßßeits- und weltumfaffende Perfönlicßkeit ein Repräfentant deffen ift, was
der Menfcß überhaupt fein foll, fein kann oder einmal allgemein fein wird.
Durcß die Gegenüberftellung diefer Definitionen wird die Stellung des Künftlers zum
Staat nochmals präzifiert, um eine Grundlage für das politifeße Verßalten des Kunft-
feßaffenden in diefer zu geben.
Soweit der ficß neu bildende Staat die Ricßtung einfeßlägt, ficß durcß die Erzießung
des Menfcßen zur Perfönlicßkeit feßließließ überflüffig zu maeßen, kann der Künftler
unbedenk.licß feine überfeßüffigen Kräfte dem Staate zur Verfügung ftellen.
(Uo der Staat jedoeß die Neigung zeigt, Selbftzweck zu fein und den Menfcßen ficß
dienftbar zu maeßen, da ift der Künftler gegen diefe Äbficßt Revolutionär aus Be~
ftimmung —, da muß und wird er mit verdoppelter Kraft Scßrittmacßer der Menfcß-
ßeit auf dem (Oege zur weltumfaffenden Perfönlicßkeit fein, die den Staat als einen
Atavismus von ficß wirft. Die Erfüllung diefer Aufgabe wird ißm keine Müße maeßen.
Sie gefeßießt wie von felbft, indem er es naeß wie vor zeigt, daß er oßne vom Staat
geließene oder aufgezwungene Krücken fein Dafein unter felbftgegebenen Ordnungen
frueßtbar auszuwirken vermag —, wie er fogar im Gegenfa^e zum Staate, verfolgt
von feinen Organen, im Kampfe mit den Meinungen der Staats-Rerdenmenfcßen
Dauernderes und Mäcßtigeres vollbringt als die Millionen Staatsuntertanen zufammen-
genommen.
Der Staat als Förderer von Künftler und Kunft kommt ernftlicß nur dann in Frage,
wenn er unzweideutig die Fäßigkeit und Abficßt zeigt, im Sinne des ßier Nieder-
gefeßriebenen zu verfaßren. Das Neuwerdende ift noeß nießt fo weit gedießen, um
ein abfeßließendes Urteil fällen zu können. (Oie es aber aueß kommen mag: für den
Kunftfcßaffenden gilt ewig die Lofung:
Gegen alles Rerdenmenfcßentum und Rerdenmenfcßengebaren, für die
Perfönlicßkeit!
368
Rudolf Großmann. Aus Dostojewski „Eine dumme Gefcßicbte“. Litßograpbie.
V. Druck der M a r e esg e f e 11 f ci) af t (R. Piper & Co., München).
find, entweder, daß der Menfcß der Rerrfcßaft durcß Menfcßen bedürfe, um fein Dafein
ordnungsmäßig und fruchtbar auswirken zu können, oder, daß der Staat eine ßößere
Ulefenßeit fei, zu deren Vertretung fie ficß beftimmt (von Gott begnadet) wäßnen.
Körperlid) innerhalb des Staates —, geiftig (denkend und feßaffend) außerhalb feiner
Grenzen —, feßweifend in der dielt, foweit die Sinne und der Geift (das Gefüßl und
die Vernunft) fie umfaffen, vollbringt der Künftler fein Leben in dem Sinne, daß er
als Menfcßßeits- und weltumfaffende Perfönlicßkeit ein Repräfentant deffen ift, was
der Menfcß überhaupt fein foll, fein kann oder einmal allgemein fein wird.
Durcß die Gegenüberftellung diefer Definitionen wird die Stellung des Künftlers zum
Staat nochmals präzifiert, um eine Grundlage für das politifeße Verßalten des Kunft-
feßaffenden in diefer zu geben.
Soweit der ficß neu bildende Staat die Ricßtung einfeßlägt, ficß durcß die Erzießung
des Menfcßen zur Perfönlicßkeit feßließließ überflüffig zu maeßen, kann der Künftler
unbedenk.licß feine überfeßüffigen Kräfte dem Staate zur Verfügung ftellen.
(Uo der Staat jedoeß die Neigung zeigt, Selbftzweck zu fein und den Menfcßen ficß
dienftbar zu maeßen, da ift der Künftler gegen diefe Äbficßt Revolutionär aus Be~
ftimmung —, da muß und wird er mit verdoppelter Kraft Scßrittmacßer der Menfcß-
ßeit auf dem (Oege zur weltumfaffenden Perfönlicßkeit fein, die den Staat als einen
Atavismus von ficß wirft. Die Erfüllung diefer Aufgabe wird ißm keine Müße maeßen.
Sie gefeßießt wie von felbft, indem er es naeß wie vor zeigt, daß er oßne vom Staat
geließene oder aufgezwungene Krücken fein Dafein unter felbftgegebenen Ordnungen
frueßtbar auszuwirken vermag —, wie er fogar im Gegenfa^e zum Staate, verfolgt
von feinen Organen, im Kampfe mit den Meinungen der Staats-Rerdenmenfcßen
Dauernderes und Mäcßtigeres vollbringt als die Millionen Staatsuntertanen zufammen-
genommen.
Der Staat als Förderer von Künftler und Kunft kommt ernftlicß nur dann in Frage,
wenn er unzweideutig die Fäßigkeit und Abficßt zeigt, im Sinne des ßier Nieder-
gefeßriebenen zu verfaßren. Das Neuwerdende ift noeß nießt fo weit gedießen, um
ein abfeßließendes Urteil fällen zu können. (Oie es aber aueß kommen mag: für den
Kunftfcßaffenden gilt ewig die Lofung:
Gegen alles Rerdenmenfcßentum und Rerdenmenfcßengebaren, für die
Perfönlicßkeit!
368
Rudolf Großmann. Aus Dostojewski „Eine dumme Gefcßicbte“. Litßograpbie.
V. Druck der M a r e esg e f e 11 f ci) af t (R. Piper & Co., München).