Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0419
DOI Heft:
Heft 13
DOI Artikel:Kirchner, Joachim: Franz Heckendorf
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Franz Seckendorf
Franz Seckendorf. Sdjneefdjmelze im Gebirge.
VI.
Die innere Gefcßloffenßeit einer künftlerifcßen (Ileltanfcßauung, die allen Erfcßei-
nungen des Gniverfums neue Äusdrucksformen zu leiden fieß müßt, bringt es mit fiel),
daß Seckendorf als ein Anhänger diefer Idee fict) nießt auf die bildmäßige (Oiedergabe
beftimmter Objekte im Gegebenen kapriziert; er fueßt das Ganze zu erobern und zu
beßerrfeßen. Der Aktivität feines Temperamentes ift es nießt gegeben, feine Pßantafien
in Landfcßaftsbildern zu erfeßöpfen. Ein gleicß ftarkes Intereffe gilt der figürlicßen
Darftellung und dem Porträt. Die grundlegenden künftlerifcßen Abficßten find diefelben,
wie bei den landfcßaftlicßen Motiven, fie laffen fieß kurz in der Formel zufammen-
faffen: Emanzipation vom naturßaften Sein und Serausdeftillierung des pfycßifcßen
Inßalts mit ftilifierenden Mitteln. Sieraus erßellt, daß die Porträtäßnlicßkeit zunäcßft
zurückfteßen muß, fie ift von geringerer Bedeutung. Maßgebend dagegen find die für
die Serausßebung des Pfycßifcßen wefentlicßen Faktoren: die Gefcßloffenßeit der Kom-
pofition und der Bildrßytßmus. Der Vortrag bewegt fieß in plaftifcß gefeßenen Einzel-
geftalten, die liniare Betonung des Konturs fueßt eine bewußte Fläcßenßaftigkeit, die
den Ausdruck der Ruße fordert. Sierzu kontrahiert der Rßytßmus einer inneren Be-
wegung, jenes Spirituelle, das im Kopf, in der Gebärde und in der Umgebung des
Dargeftellten Leben gewinnt. Alles, was vom RJefentlicßen ablenken könnte, ift be-
wußt zurückgedrängt oder geftrießen, der ganze Menfcß wird entfpreeßend dem Aus-
drucksvermögen des Künftlers in vergeiftigten Formen zufammengeriffen. Der Nerv
diefer Porträts liegt ganz in der Spiritualifierung der Erfcßeinung auf Grund einer von
einer ftarken Individualität getragenen künftlerifcßen Perzeption. (Hie bei Seckendorfs
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Franz Seckendorf. Sdjneefdjmelze im Gebirge.
VI.
Die innere Gefcßloffenßeit einer künftlerifcßen (Ileltanfcßauung, die allen Erfcßei-
nungen des Gniverfums neue Äusdrucksformen zu leiden fieß müßt, bringt es mit fiel),
daß Seckendorf als ein Anhänger diefer Idee fict) nießt auf die bildmäßige (Oiedergabe
beftimmter Objekte im Gegebenen kapriziert; er fueßt das Ganze zu erobern und zu
beßerrfeßen. Der Aktivität feines Temperamentes ift es nießt gegeben, feine Pßantafien
in Landfcßaftsbildern zu erfeßöpfen. Ein gleicß ftarkes Intereffe gilt der figürlicßen
Darftellung und dem Porträt. Die grundlegenden künftlerifcßen Abficßten find diefelben,
wie bei den landfcßaftlicßen Motiven, fie laffen fieß kurz in der Formel zufammen-
faffen: Emanzipation vom naturßaften Sein und Serausdeftillierung des pfycßifcßen
Inßalts mit ftilifierenden Mitteln. Sieraus erßellt, daß die Porträtäßnlicßkeit zunäcßft
zurückfteßen muß, fie ift von geringerer Bedeutung. Maßgebend dagegen find die für
die Serausßebung des Pfycßifcßen wefentlicßen Faktoren: die Gefcßloffenßeit der Kom-
pofition und der Bildrßytßmus. Der Vortrag bewegt fieß in plaftifcß gefeßenen Einzel-
geftalten, die liniare Betonung des Konturs fueßt eine bewußte Fläcßenßaftigkeit, die
den Ausdruck der Ruße fordert. Sierzu kontrahiert der Rßytßmus einer inneren Be-
wegung, jenes Spirituelle, das im Kopf, in der Gebärde und in der Umgebung des
Dargeftellten Leben gewinnt. Alles, was vom RJefentlicßen ablenken könnte, ift be-
wußt zurückgedrängt oder geftrießen, der ganze Menfcß wird entfpreeßend dem Aus-
drucksvermögen des Künftlers in vergeiftigten Formen zufammengeriffen. Der Nerv
diefer Porträts liegt ganz in der Spiritualifierung der Erfcßeinung auf Grund einer von
einer ftarken Individualität getragenen künftlerifcßen Perzeption. (Hie bei Seckendorfs
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