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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 17
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Uphoff, Carl Emil: Paula Modersohn
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0563

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nötig. Dazu bedarf es gerade-
zu einer der körperlichen
identifcben, pfyd)ifd)en
Vereinigung —, einer
liebeerfüllten, leiden-
fcbaftsdurd)bebten Paa-
rung —, in Cüabrbeit: der
ganzen Inbrunft eines
3eugungsaktes.
„leb empfange den Frühling
draußen mit Inbrunft. — Ich
fand an der 3iegelei gelben
Fjuflattig. Die habe ich viel
mit mir herumgetragen und
habe fie gegen den F)immel
gehalten, wie ihr Gelb dort
tief und leuchtend ftand. —“
Diefe Horte find heißes
ümfangen und Erfaffen —,
Stammeln einer Liebesftunde,
aus der eine Frucht, ein (Herk
erfteben will. Sie offenbaren
die Stärke, mit welcher Paula
Moderfobn die „Gegenftände“
ihrer Kunft erfaßte und zu-
gleich die Leidenfcbaft, mit
der fie fiel) von ihnen um-
fangen ließ. 3u folcbem Er-
leben im Nehmen und Sieb-
geben find nur die ganz Sel-
tenen, die von der 3eitgei-
fterei unberührten Vollnaturen
fähig. Solche Sinnlichkeit, in-
brünftig und keufd) zugleich,
ift nur ganz (Xlenigen ver-
liehene Gnadengabe, und nicht Äbb. 5. Paula Moderfobn. Knabe mit Kafee.
minder folche Erkenntnisfähig-
keit, wie fie fid) in den folgenden (Horten der (im Äugenblick der Niederfcbrift) 3wei-
undzwanzigjäbrigen offenbart:
„Morgens zeichne ich Frau M.—, eine ftro^ende Blondine, ein Prad)tftüde der Natur,
einen leuchtenden Fjals in der Form der Venus von Milo. Sie ift fel)r finnlid). Doch
Sinnlichkeit, natürliche Sinnlichkeit, muß fie nicht mit diefer zeugenden, ftrogenden
Kraft F)and in F>and gehen? Diefe Sinnlichkeit hat mir etwas von der großen Mutter
Natur mit den vollen Brüften. ünd Sinnlichkeit, Sinnlichkeit bis in die Fingerfpiben,
gepaart mit Keufdßbeit, das ift das Einzige, Habre, Echte für den Künftler. —“
Sinnlichkeit gepaart mit Keufcbbeit —, Sinnlichkeit ohne böfes Gewiffen, ohne an-


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