Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

DOI Heft:
Heft 18
DOI Artikel:
Sammlungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0623

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Sammlungen

fctjaften Lindenfchmits, teilweife Neuerwer-
bungen. Arbeiten von Reinherz, fjagn, Seidel,
Eeichlein. Eine feine kleine Studie Fjarburgers.
Ein toniger Innenraura Oberländers.
£üeitert)in: frühe fdjöne Arbeiten Defreggers,
Grüjjner, Lier, Knaus, Splitgerbers, Mathias
Schmidt.
Ein ausgezeichneter öQenglein. öCIilhelm von
Diez. Ein lebhaftes Bildnis des Belgiers Stevens.
Meiffonier. Ein grautoniges Mädchenporträt
EI. Weckers. Ein überaus reifer, an Leibi ge-
mahnender weiblicher Kopf von K. Mayr-Graz,
der übrigens auch fonft ausgezeichnet vertreten
ift. Elichtige Arbeiten von Ramberg, K. Schult-
heiß, Eh. Alt, Meyerheim, Erdelt, Gyfis, Fjackl.
(Beiläufig: der Leibikreis müßte natürlich im
3ufammenhang mit dem Meifter gezeigt werden.)
Ein weiteres Kabinett ift faft ausfchließlich
Albert Keller und Menzel gewidmet. Die 3u-
fammenftellung, an der man anfänglich zweifelt,
geht ein. Der frühe malerifche Keller behauptet
fich in feinen beften Arbeiten durchaus neben
dem Berliner, der, wie man fchon von der früheren
Aufteilung her weiß, vortrefflich vertreten ift.
Im folgenden Raum: Strüljel, Kaulbach (ein
ausgezeichneter Kopf), A. Lang, zwei anekdo-
tifche Stücke von Fjengeler. Löffß. Eine kleine
fein zifelierte Landfchaft Eoni Stadlers, übrigens
keineswegs die befte feiner in ftaatlichem Befijj
befindlichen Arbeiten.
Ein letztes Kabinett bringt die wundervollen
Franzofen, teilweife Stücke der (im übrigen be-
kanntlich in der Modernen Staatsgalerie ge-
zeigten) Efchudifpende: Corot, Daumier (Das
Drama, Don Quichotte), Courbet, Raffet, Dela-
croix, Fortuny, Gericault. Außerdem: Faber du
Faure und Conftable.
Die Säle der Südfeite wirken ungleich ge-
ringer. 3war auch hier sin Auftakt von wahr-
haft hiftorifcher Größe und Geltung: die mäch-
tigen Mainzer Landfchaften von Cfm G. Scfmh,
die Afchaffenburger Profpekte F. Kobells. Im
Kreife ftehen: der Bildnismaler Edlinger, G. F.
Mayer, C. von Dillis, A. Chiele, EL von Kobell
mit der Belagerung von Kofel, Angelika Kauf-
mann mit einem Selbftbildnis.
Ein zweiter Saal bringt Elerke von Eleller,
Eberlein, F. L. Catel, Reinhart. Das doch immer-
hin ein wenig glatte, akademifche Goethebildnis
Stielers. Das lebhaftere Ehorwaldfenporträt
von F>eß. Landfchaften Rottmanns von der
Akropolis von Sikyon und die erregend gegen-
wärtige vom Eibfee. Raffaelifche Bilder von
Oberbeck und Schadow. Wiederum Koch-
Im dritten Raum: dekorative Arbeiten von
Schwind. Die große pathetifche Medea. Ein

mattes Bildnis von A. Riedel. Eine idyllifcße
Szene des Deutfcßrömers Philipp Folg.
Weiterhin: Gyfis, F. Schön, Vautier, Bosboom,
Neubert, Schleich (die ein wenig gedehnte Ifar-
landfchaft). J. Volß, zwei Akte von Linden-
fchmit. Auch V. Müllers fentimentales „Romeo
und Julia“ blieb leider hängen.
Schließlich als matter Ausklang die repräfen-
tativen Bildniffe Lenbachs. In demfelben Raum,
eine Neuerwerbung, fein ausgezeichnetes frühes
Bildnis einer ruffifchen Fürftin. Böcklins toniger
Pan im Schilf, eine fchöne frühe Arbeit.
* *
*
Die Darbietung, im ganzen begriffen, ift von
bewegender Fülle und Schönheit und das Ver-
dienft der Galerieleitung h^ifcht dankbare An-
erkennung. Eier die ehemalige Neue Pinakothek
kannte, mag abfchäljen, wieviel fruchtbare Arbeit
hier getan wurde. Vor allem durch Befeitigung
geringwertigen Materials; dann durch Ergän-
zung der Beftände (zahlreiche Neuerwerbungen
und Leihgaben); Schließlich durch Durchführung
einer vortrefflichen JJängung, die in gleicher
Eleife den Intereffen des betrachtenden Kunft-
freundes wie des forfchenden Fjiftorikers gerecht
wird. Diefe Aüsftellung wirkt unproblematifcher
und reiner als die kürzlich eröffnete Neue Staats-
galerie, was nicht nur in den hier vereinigten
einfacheren Erfcheinungskomplex begründet
liegt. Die geringen Arbeiten, die dort bisweilen
trojj der Auslefe in faft beängftigender Fülle
das Niveau fenken, fehlen auch hier nicht. Aber
fie find irgendwie mit hiftorifcher Patina über-
deckt. Sie erfcheinen als Notwendigkeit ihrer
3eit, die wie jede, mit pofitiven und negativen
Vorzeichen arbeitet. Das legitimiert fie natürlich
nicht; aber es entfcfmldigt fie und läßt fie bis
zu einem gewiffen Grade erträglich erfcheinen.
Auch der Einwand gegen die grundfäjßliche
Durchführung des Ausftellungsprinzips, das nun-
mehr für München im hiftorifchen Sinne (19. Jahr-
hundert — Gegenwärtige Kunft) und nicht, wie
gelegentlich gefordert wurde, unter räumlichen
Gefichtspunkten (Münchener Kunft — Europäifche
Kunft) gelöft worden ift, wird nicht entkräftet.
Denn was gegenwärtig in der Neuen Pina-
kothek gezeigt wird, bleibt doch vorwiegend
nur eine Entwicklung der Münchener Kunft des
19. Jahrhunderts, obfchon es vorgibt, eine Dar-
ftellung der europäifchen Kunft diefer 3eit zu
bedeuten; die, Leibi und Marees eingefchloffen,
in der Neuen Staatsgalerie gezeigt wird. Die
wenigen Namen, die dem jet^t noch entgegen-
ftehen, fallen denn auch vielfach aus den ge-
zeigten 3ufammenhängen heraus: Daumier,
Courbet, Delacroix gehören zu den Impreffio-

597
 
Annotationen