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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 19
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Biermann, Georg: Hugo von Habermann
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0632

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Äbb. 1. Fjugo von Fjabermann.

Studienköpfe.

find wohlfeil wie die Bet-
telfuppen in den Volks-
küchen. Sie müffen her-
halten, damit jeder der
Schaffenden feine Signatur
erhält, ünd je mehr der-
lei Dinge, von den Gleicf>-
gefinnten ewig wiederholt,
fich in dem Schein der
flliffenfchaftlichkeit wider-
fpiegeln, um fo eher ift
das Evangelium beendet,
befiegelt und anerkannt.
Den alten Meiftern gegen-
über mag es zur Not noch
gehen; die find vermodert
und kehren fich einen Deut
darum, was die Nachwelt
von ihnen denkt oder der
Gelehrte von ihrem Füerke
abftreidü oder diefem zu-
weift. Die find glücklich,
daß fie auch die Bücher
nicht zu lefen brauchen,
die zu ihrem Ruhm jeßt allenthalben wie die Pilze aus dem Boden wacfjfen. Nicht
fo einfach aber liegt die Sache bei den Lebenden. Fjier prädeftiniert die Feder, die
fich ihrer „annimmt“, meift auch das Scßickfal des Betreffenden und die Erfahrung
lehrt leider, daß feiten nur zeitgenöffifcße Urteile als folcße vor der Gefcßicßte Be-
ftand haben.
Diefe Feftftellungen auf Fjabermann bezogen, heißt bekennen, daß es vielleicht fein
großes Glück gewefen ift, wenn gerade er bisher mehr als andere feiner Älterskollegen
von dem fchriftftellerifchen Panegyricus verfcßont geblieben ift. Das fagt nichts gegen
ihn, aber feljr viel für ihn. Denn während es in dem letzten 3eitalter, dem der Gyp
des deutfchen Bourgeois fein Gepräge gab, bei uns längft Mode geworden war, alles,
was von außen zu uns kam, oft kritiklos über den grünen Klee zu bewundern und
Leute, die der Spießerfeele des breiten Publikums fo viel zu fagen hatten, dußendfad)
zu monographieren, war es das traurige Scfückfal fo manches wirklich Großen, erft
die Schwelle des Greifenalters überfchreiten zu müffen, bevor man ihn feiner 3eit ent-
deckte, oder gar unerkannt zu fterben, bis fich eines Cages irgendwer des längft
Vergeffenen annahm. Einfach undenkbar, daß eine 3eit, die auch fonft fo miferablen
Gefchmack bewiefen wie die fiebziger, achtziger oder gar neunziger Jahre des ver-
soffenen Säkulums eine fo feinnervige und im wahrften Sinne ariftokratifcf)e Künftler-
erfcheinung wie die eines Fjabermann von fich aus rechtzeitig erkannt haben könnte.
Dazu ftand diefe Perfönlid)keit viel zu weit abfeits von der eigentlichen Mode des
Gages, dazu erfcfüen fie felbft noch in den Jahren, als der Impreffionismus das Schlag-
wort aller Kunftenthufiaften wurde, den Fjiftorikern zu problematifcl), weil es fich hier
um eine der wenigen fdjöpferifchen Naturen handelte, die aud) dann nod) außerhalb

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