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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 19
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Biermann, Georg: Hugo von Habermann
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0637

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die Äkademie in fiel) haben, von jeder Überlieferung freigemad)t. Er ift der geborene
Maler aus Temperament und wenn er auch), aufbauend auf der Valeurkunft der Alten,
das Problem der reinen Farbe noch) nid)t wie unfere Jungen gelöft hat, fo ift er diefen
Dingen dod) fd)on fo nal)egekommen, daß der Schritt in die jüngfte Moderne geiftig
zum mindeften bereits vollzogen zu fein fcßeint. Nicht zu vergeffen, daß die Kultur feiner
Palette — und welchem deutfcßen Künftler gegenüber dürfte man mit mehr Recht
diefes Tlort gebrauchen — ein durchaus geiftiges Element feiner Kunft ift. Beweg-
lichkeit, Raffe und farbige Senfibilität find die Kennzeichen jedes feiner Bilder, auf
denen er wie keiner fonft dem Uleibe als dem Pol unferer fexuellen Setmfucht ge-
huldigt hat. Diefer Typ fteht in feiner Art auf der Linie, die von den Venezianern
über Boucher in die Moderne führt, womit aber bei Leibe keine kunftgefd)ichtliche
Analogie verfud)t werden foll.
Im Gegenteil: diefer Künftler ift als Menfch und Maler durchaus das Kind unferes
zwanzigften Jahrhunderts. Ariftokrat der Geburt nach, mehr aber noch in feinem
Schaffen, das, von welcher Seite man es auch betrachten mag, immer die Perfpektive
in die große im Fluß befindliche internationale Bewegung öffnet.
Der Siebzigjährige, den einmal ähnlich wie ühde ein mehr äußerer 3ufall in das
Reich der Kunft eingeführt und der auf ein ftattlidjes, aber doch nicht allzu umfang-
reiches Lebenswerk zurückblickt, ift in feiner künftlerifchen Erfcheinung noch lange
nicht fo ftark im Bewußtfein feines Volkes verankert wie er es verdient hat. Man
kann — ohne Prophet zu fein — dennoch Jagen, daß wenn von den vielen, die die
Kunftgefchicßte der lebten fünfzig Jahre nennt, einer wirklich berufen fei, mit wenigen
anderen die 3eit zu überdauern, dies FJugo von Fjabermann ift, weil fein Üderk die
Grenzen der lokalen Tradition fctjon durchbrochen, als diefe noch das Kriterium der
Münchener Kunftwertung gewefen und weil der Künftler als unbewußt Schaffender
längft den Vorftoß in den Qniverfalismus einer Epoche gewagt hat, dem die nächfte
3ukunft gehören wird.


Äbb. 7. F)ugo von Fjabermann. Ätelier Piglhein. 1880.
Äus dem Befij5 der Modernen Galerie (Cl)annl)aufer), München.

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