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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 19
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Landsberger, Franz: Impressionismus und Expressionismus, [1], zur Apologie des Impressionismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0643

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denn das nicht immer genügend er-
kannt worden ift, [o tragen die Im-
preffioniften nidjt [eiten felber die Schuld
daran, die im Schlepptau einer fieg-
reich) vordringenden diffenfcljaft nichts
Befferes glaubten von ihrer Kunft aus-
[agen zu können, fo daß [ie reine dif-
fenfdjaft [ei, wie ja audj die Renaif-
[ance vermeinte, durch ißre Verbindung
mit der mattjemati[djen Per[pektive und
der medizinifdjen Anatomie die Kun[t
zur diffenfdjaft erhoben zu haben. Aber
man [oll einer Epoche nidjt die Küm-
merlichkeit ihrer Ojeorie Vorhalten, mag
audj immer zugun[ten des Expreffio-
nismus ge[agt werden, daß [eine Kunft-
anfcfjauung von vornherein auf dem
richtigen Boden [teljt, indem [ie den
feelifcfjen Ausdruck an die Spitje der
Kun[t ge[tellt \)at. do Kun[t i[t, da
i[t auch Ausdruck; es i[t der Kun[t edel-
[tes Feil, Ausdruck zu geben, und der
Impre[[ionismus wäre in der Cat ge-
richtet, wenn er auf die Frage nach
[einem Ausdruck vermummen müßte,
aber er braucht es nidjt.
denn die Jugend den Impreffionis-
mus gering[djät3t, [o wiederholt [ie nur,
was zu allen 3eiten der neue Stil mit
dem jüng[tvergangenen gemacht hat: [o
hat die Renaiffance die Gotik verdammt
und der Kla[[izismus das Rokoko verachtet. Auch h'er hat man wohl nicht mehr
den Ausdruck [eben wollen, der die eben überwundenen Epochen doch [o warm
— man denke nur an die Gotik — durdjftrömte. denn nämlich die Jugend Aus-
druck [agt, [o meint [ie gewöhnlich [djon einen ganz be[timmten Ausdruck, nämlich
den ihrigen, und den [udjt [ie natürlich vergeblich in einer vergangenen 3eit. Denn
wenn auch jede Kun[t notwendigerwei[e Ausdruck hat, [o i[t er doch niemals der
gleiche: immer kommen neue Bezirke der men[d)lichen Seele im Laufe der 3ßiten
empor und drängen danach, Geftaltung zu finden.
Diefe Erkenntnis läßt nicht nur Gerechtigkeit gegenüber dem Impreffionismus üben,
[ie gibt zugleich den deg frei, der zu einem tieferen Verftändnis der gegenwärtigen
Kunft über alle Schlagworte hinaus führt. Die Antittjefe Eindruckskunft und Ausdrucks-
kunft bleibt fdjief und mißverftändliclj; wenn wir den Impreffionismus zur Erklärung
des Expreffionismus heranziehen wollen, [o muß die richtige Frageftellung vielmehr [o
lauten: deichen Ausdruck \)a\ der Impreffionismus geftaltet und welchen neuen Aus-
druck [udjt der Expreffionismus in Formen zu gießen? (Fortfeöung folgt.)

Hbb. 12. Fjugo von Fjabermann.

Cänzerin.

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