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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 20
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Berrer, Julius Wolfgang: Johann Heinrich Eisenträger und seine Tätigkeit an der landgräflich Hessen-Kasselschen Porzellanfabrik
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0684

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Crots all diefer Bemühungen dauerte es nocl) bis September 68,
daß es Eifenträger gelang, die erfeßnte Änftellung in Kafjel zu
erßalten. tüaife hatte mit dem Ärkaniften Nikolaus Paul fcßlecßte
Erfahrungen gemacht. Solange diefer mit der fogenannten
Paffauer Erde arbeitete, die er zum Beil fcßon aus Fulda mit-
gebracht hatte, gelang es ihm leidlich reines Porzellan ßerzu-
ftellen, als aber (üaiß darauf drang, daß ßeimifcße Erden ver-
wendet wurden, vermochte er nicht, ein befriedigendes Refultat
zu erzielen. Paul wurde entlaffen und (üai^ laborierte nun
nach eigenen Rezepten, bis es ihm 1768 endlich möglich war,
dem Landgrafen vier Leuchter zu überreichen, die vollfte An-
erkennung fanden.
Während im erften Jahre hauptfäcßlich weißes oder doch nur
einfach dekoriertes Porzellan ßergeftellt worden war, finden
wir in den Lohnliften von 1768 eine ganze Reihe von Malern,
darunter einen 3eichenmeifter Diedricß, der einen Nachwuchs
tüchtiger Lehrlinge heranziehen füllte. Diedrichs Tätigkeit war
vpn kurzer Dauer, und als endlich die Schwierigkeiten mit der
Maffe überwunden fchienen, war der Moment gekommen,
einen tüchtigen Maler von auswärts zu berufen.
Im Frühjahr war Eifenträger in Kaffel erfchienen, um feine
Bewerbung zu wiederholen und feine Bedingungen zu machen.
Äm7.Äpril wird ihm von 6Qai^ mitgeteilt, daß der Landgraf mit
feiner Änftellung einverftanden wäre, vorausgefeßt, daß er feinen
förmlichen Äbfchied von Fürftenberg beibringen könne, und fcßließt mit den ÜJorten:
„Ich zweiffle nicht, daß Sie allßier die Fabrique auf alle LOeiße beftens werden be-
fördern und einige zur Maßlerei fiel) fcßickende Lehrlinge im 3eich)nen mitunterrichten
und zum Nußen der Fabrique erziehen ßelffen“. Eifenträger bedankt fiel) und ver-
handelt nochmals mit üiait} wegen des Logies und eines kleinen Gartens, auch be-
dauert er, der Vorteile der von dem Direktor Trabert in Fürftenberg eingerichteten
öditwen- und ödaifenkaffe verluftig zu gehen, ddas die Lehrlinge angeht, fo bittet er,
„diefe nach gnädigem Guthbefinden“ anzunehmen, „da man alsdann die beften in der
Mahlerey und Poußieren annehmen kann, die übrigen können das Formen defto ge-
fd)ickter lernen, wobey alsdann keinen Fleiß fparen will“. Dies die Bemerkung, die
uns beftätigt, daß Eifenträger nicht nur Maler, fondern auch Modelleur ift. Von
Intereffe ift auch, daß er ficß fogar für befähigt ßält, Lehrlinge im Formen zu unter-
weifen, wozu weniger künftlerifcße Qualität als teeßnifeßes Können vonnöten ift.
Bevor Eifenträger feinen Äbfcßied in Fürftenberg erbittet, macht er noch den Ver-
fueß, einen Vorfcßuß von 60 Rtßr. „zur Bezahlung etlicher weniger Schulden und zur
Überfiedelung feiner Frau mit 5 Kindern und Transportierung des Dausrats“ zu er-
halten. Äm 16. Mai wird hierauf refolviert, daß in den ßerrfchaftlicßen Fjäufern eine
fflloßnung nicht zu finden fei und wird Eifenträger aufgefordert, eine ÜJoßnungsgeld-
entfcßädigung zu beanfprueßen. Äm 28. Mai bittet er um 20 Rtßr. und 4 Klafter Fjolz
fowie nochmals um den Vorfcßuß. Äm 7. Juli wird darauf geantwortet, daß man beim
Landgrafen eben nießt mit neuen „Conditiones“ kommen dürfe, daß eine Stube und
eine Kammer für ausreichend erachtet würden, daß er 15 Rtßr. Dauszins erhielte und
ficß „je naeß Fleiß und Gefcßicklicßkeit um weiteren 3ufcßuß“ bewerben könne.


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