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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 20
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Berrer, Julius Wolfgang: Johann Heinrich Eisenträger und seine Tätigkeit an der landgräflich Hessen-Kasselschen Porzellanfabrik
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0688

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(Befonders charakteriftifch malt Eifenträger die Dannen, wie auf dem abgebildeten
Kännchen zu fetjen.) Im Deckel zeigt diefe Dofe eine, wol)l nact) Difchbein kopierte
Dame am Spinett und einen (pater diefer [teilenden Kavalier.
Eine Reihe von Caffen, mit der Fabrikmarke verfemen und mit mylt)ologifd)en Szenen
in Purpur dekoriert, wäre Ipier einzufügen, ebenfo eine Daffe mit Gefellfdjaftsfzenen
in Eifenrot und ein Kännchen mit überaus gefdpckt gemalten Liebespärchen in 3eit-
trad)t. Diefe Stücke und die köftlidje, h°he Dofe, die auf dem Deckel das Bruftbild
einer Dame mit Muff zeigt (Äbb. 5), mit der Fabrikmarke F). C. bezeichnet, fämtlid)
im he IT- Landesmufeum, ermöglichen es, den Gefid)tstyp der Eifenträgerfchen Geftalten
feftzuftellen: etwas bäuerliche, vollwangige Gefichter mit fdhelmifchen Äugen und ver-
gnügten Stumpfnafen, die Fjaare nie ganz ordentlich frifiert. Die eifenrote Modellierung
ift flott und läßt deutlich den Pinfeldruck erkennen.
Äbb. 6 zeigt ein in der Farbe überaus fein gehaltenes Kännchen der Kaffeier Samm-
lung, dafelbft befinden fid), mit verwandtem, von den Niederländern der landgräflichen
Gemäldegalerie beeinflußtem Dekor, noch ein Spühlkump, eine 3uc^erdofe und zwei
Kännchen, fowie eine Ceeflafche mit Eifenträgers Dannenbäumen in Purpurlandfchaft.
Eine kleine, kugelige Dofe mit überaus pikant gemaltem Liebespaar in antikem Ge-
wände der Sammlung v. Oftermann fdjließt fid) diefer Reihe zwanglos an.
3wei befonders hervorragende Arbeiten Eifenträgers konnte das Kaffeier Mufeum in
allerletzter 3eit erwerben: Eine rechteckige Dofe mit einer fixenden Dame, der ein Ka-
valier einen Vogelbauer überreicht (Äbb. 7) und einen Dofendeckel (Äbb. 8). Beide
Stücke find mit denfelben feinen und fcharfen Ro-kokoornamenten verziert, wie wir fie,
aus denfelben Formen ftammend, auf der oben erwähnten Dofe der Kaffeier Samm-
lung kennen. Intereffant ift, daß bei der Änpaffung diefes, für die rechteckige Form
komponierten Ornamentes an die ovale Deckelform, die alten Ecklöfungen im Rand
noch erkennbar find. Diefer kleine, ovale Deckel zeigt auf der Innenfeite vier leidjt-
gefchürzte, duftige Genien in eifenroten und violetten Gewändern, mit fliegenden
Schleiern und Blumen einem kleinen Rundtempel zueilend, während zwei Putten, die
ihre Fjerkunft aus den Gaffen der Kaffeier Ältftadt nicht ganz verleugnen können, über
ihnen flatternd, fie begleiten. Eine ebenfo liebenswürdige, als auch charakteriftifche
Schöpfung diefes lebensfrohen, unermüdlichen Künftlers.1


1 Es möge hier noch eine große, trapezförmige Dofe der Sammlung v. Oftermann erwähnt
werden, die fidjer Kaffeier Fabrikat, waßrfcbeinlicb auch eine Hrbeit Eifenträgers ift. Die im Purpur
der fiebziger Jahre gemalten Bildchen, mit denen alle Flächen verziert find, haben große Verwandt

feßaft, weniger in den Cypen
als in der Cecßnik, mit den
fießeren Arbeiten des Künftlers,
da fie jedoch nach Vorlagen
kopiert zu fein feßeinen, fo
möchte iebfievorfiebtig nur als
ttlerkftattsarbeit bezeichnen.
Die beiden im Kaffeier Mu-
feum aufbewahrten Fließen
der Fürftenberger Fabrik mit
den Bildniffen des F)erz09s
Karl I. von Braunfcßweig und
feiner Gemahlin und die fießer
von derfelben Fjand gemalten

Äbb. 8. Kaffeier Dofendeckel.
Landesmufeum Kaffel.

Porträts in Braunfcßweig: Karl
GQilßelm Ferdinand von Braun-
feßweig und feine Gemahlin,
die Scherer (a. a. 0., S. 76ff.)
mit Vorbehalt dem aus Kaffel
ftammenden Hofmaler Oeft
zufeßreibt, für Eifenträger,
deffen Meifterfcßaft im Por-
trätfaeße wir nun kennenge-
lernt haben, in Änfprucß zu
nehmen, war nabeliegend,
doeß mußte icß nach ein-
gehendem Vergleich diefe
Aypotßefe wieder fallen laffen.

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