Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0704
DOI Heft:
Heft 21
DOI Artikel:Schmidt, Paul Ferdinand: Max Beckmann
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Abb. 1. Max Beckmann. Die Nacßt. Radierung. 1916.
niftifcßes Element bewahren als die Gemälde, ÜLIenn es nicßt die Kraft der Farben
zeigte, fo würde diefer ümftand allein fcßon beweifen, daß Beckmann immer und in
erfter Linie ein Maler ift: das gilt es woßl im Auge zu beßalten, weil die maßgebende
Entwicklung, die fiel) in feinen Gemälden vollzieht, feßeinbar auf einen Criumpß der
Linie ßinausläuft.
Den erften fießtbaren Niederfcßlag der Stilwandlung bildet ein großes Gruppen-
porträt, das ißn im Kreife einer Freundesfamilie zeigt; wobei „Kreife“ ganz wörtlich)
zu neßmen ift: die Kompofition rollt die Figuren wie eine Kugel zufammen und zeigt
bereits eine gewiffe Deformation des Körperlicßen und eine abftrakte Perfpektive, wo-
dureß die Darftellung ins 3ßidofe und aus der ÜJirklicßkeit des Raumes entrückt wird.
Seßr ergreifend in feiner pfycßifcßen Gegenfäßlicßkeit wirkt das Geiftige des Bildes:
Liebe und 3ärtlicßkeit, brütende Scßwermut, ja ein groteskes Element von Fjumor
paaren fieß miteinander. Dabei zeigt die Malweife und der Fon aber noeß Verwandt-
feßaft mit feiner friißeren 3eiß die Fläcßen find locker und flüffig ausgebreitet.
Das Bildnis Max Regers, Anfang 1917 aus dem Gedäcßtnis gemalt, bedeutet dem-
gegenüber faft einen Rückfcßritt zum Realiftifcßen ßin. Indeffen ift die Kraft der Cßa-
rakterifierung gewaltig: es ift die Konzentration einer Perfönlicßkeit, ein Erlebnis des
pßyfiologifcß Grotesken, ßinter dem ein ungeßeurer üdille und eine waßre Scßöpfer-
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