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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 21
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Schmidt, Paul Ferdinand: Max Beckmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0705

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kraft ftetjt; ein RIerk
von ganz felbftändi-
gem Rang, das and)
in der fparfamen Farbe
— dunkles Grau, und
graues Rot im Kopf —
die Konzentrierung des
Symbolifdjen fud)t.
Das Selbftbildnis
(1917) gel)t fd)on viel
ftärker auf die neuen
Formprobleme ein, und
„Adam und Eva“ aus
demfelben Jahre zeigt
fie auf it)r eigentliches
Gebiet übertragen, das
der Kompofition. Bei
dem Bildnis ift der
Gebärde des Sd)auens
alles untergeordnet. Die
Dürftigkeit der äußeren
Erfchjeinung und die
Verkümmerung des Or-
ganismus dienen hier
der Betonung innerer
Gefidpte; es ift kein Por-
trät im Sinne der Ver-

anfchaulichung einerbe-
ftimmten Erfcheinung,
fondern wie ein Fjinein-
horchen in die eigene
Seele, wie fd)weres und
kummervolles Fjerauf-
heben des Verborgenen. Abb.2. Max Beckmann. Adam und Eva. Radierung. 1917.
In diefem Sichentfpre-
chen des Geiftigen und des 3urücktretens von allem Reali[tif<±>en liegt der Sinn der
neuen Äuffaffung klar zutage. Beckmann hat es erlebt, daß das Fleifd) nichts be-
deutet und daß es nur eine Fjemmung bildet auf dem Riege zur Formung der Idee.
Und darum befeitigte er mit entfcßloffenem Rlillen alles, was er früher als wefent-
lich anfah und was ihn gehindert hatte, zur Rlatjrheit durchzudringen: die maffige
Körperlichkeit heroifct)er Geftalten, die Richtigkeit der 3eid)nung und des einheit-
lichen Kolorits, die perfpektivifche Cäufd)ung. Und wie ein Schleier fiel es von
feinen Vifionen, daß fie unbefcßwert von der Materie [ich zur Form erhoben. Denn
was er nun malte, hatte er in früheren Jahren fd)on dunkel empfunden; feine Ge-
finnung hatte fidp kaum geändert, der Gehalt feiner Kunft blieb in demfelben Kreife.
Aber jetjt hatte er die Freiheit von naturaliftifchen Vorurteilen fiel) errungen, um ißm
eine entfprechjende Geftaltung zu geben.

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