Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0709
DOI Heft:
Heft 21
DOI Artikel:Schmidt, Paul Ferdinand: Max Beckmann
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Drohung bekommt; und
es mag den Nicßts-als-
Äftßeten freifteßen, fol-
cßetranfzendentaleÄus-
wirkungen als litera-
rifch) zu brandmarken.
Uns kommt es vor, als
ob in der Vergeiftigung
des Objektes das ßöcßfte
3iel des Künftlers zu
fucßenwäre. Die Frage
ift nur, wie die [oziale,
die pßilofopßifcße Ein-
teilung eines Künftlers
diefe Befeelung auf-
faßt. Manets Spargel-
bündel rußt ganz und
gar auf darwiniftifcßem
Boden; Beckmann als
ein Künder unferer
3eit muß der (Xielt pef-
fimiftifcß und religiös
entgegentreten. (Uill
man nur die optifcße
Einteilung als „rein
künftlerifcß“ gelten laf-
fen, fo find aud) Grüne-
walds Landfcßaften und
Stilleben, findBreugßels
erßabeneÄlpenvifionen,
ja van der Goes’ Stroß-
bündel und ungewa- Hbb. 6. Max Beckmann. Stilleben. Ölgemälde. 1918.
fcßeneBauernköpfe von
des Gedankens Bläffe angekränkelt. Es ift das kein Streit um (Borte, fondern um (Belt-
anfcßauungen. Scßließlicß find wir docß der Periode entwacßfen, die in der Gegen-
ftandslofigkeit an ficß fcßon künftlerifcße Überlegenßeit faß, und empfinden mit Be-
glückung, daß in einem ßoßen menfcßlicßen Gegenftande (Berte liegen, die zu er-
fcßließen aucß einen ßößeren Grad von künftlerifcßer Scßöpferkraft erfordert.
So wäcßft Beckmanns Kraft aucß in (Baßrßeit mit jeder ßößeren Äufgabe. In
„Ädam und Eva“ fcßlägt er das Cßema an: tiefe Skepfis an dem Glück des Dafeins.
Es tut anfcßeinend not, an Rembrandts Radierung des gleicßen Cßemas zu erinnern,
um den Blick von der Suggeftion des „erften Menfcßenpaares“ als vollkommene Cypen
abzulenken. Äber nicßt um das darwiniftifcße Dogma von den mißgeftalteten Vor-
eltern ßandelt es ficß ßier; es wäre eine läcßerlicße Verkennung der fupranaturalen
Gefinnung des Künftlers, dergleicßen entwicklungsgefcßicßtlicße Mäfecßen ißm unter-
zufcßieben. (Uenn das erfte Menfcßenpaar uns körperlicß nicßt anmuten kann, fo ift
das völlig nebenfäcßlicß. Die Sünde kann in fcßöne Äußenfeite gekleidet geßen, aber
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