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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 22
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Landsberger, Franz: Impressionismus und Expressionismus, [4], zur Kritik des Expressionismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0753

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heften; nötig ift nur, daß
ißre gegenftändlicße Form
nid)t zu verfcßwommen und
geftaltlos auftritt (wie das
gerade die abfolute Malerei
liebt), weil fiel) des Betrach-
ters fonft leicht eine gewiffe
Unruhe bemächtigt, als habe
er etwas verloren und müffe
es fuchen gehen.
Diefe Unruhe wird nun
noch durch eine andereEigen-
[chaft der Farbe gefteigert.
Die Fähigkeit der Farbe, auf
die Seele zu wirken, ift, feit-
dem fie Goethe in feiner
Farbenlehre fo meifterhaft
befchrieben hat, niemals be-
ftritten worden, nur hat man
feitdem richtig beobachtet,
wie fehl* dieÄnalyfe der ein-
zelnen Farbtöne differiert
(vgl. dazu Max Raphael: Von
Monet zu Picaffo, S. 105).
5ebbel notiert einmal in fein
Cagebucß: „Man friert, wenn
man eine weiße Maffe fießt,
man feßauert vor einer weißen
Geftalt, der Schnee ift weiß,
Gefpenfter denkt man fiel)
weiß ufw.“, aber anderen
gilt das CUeiß als die Farbe
der Unfcßuld oder auch der
Freude, ja felbft der Crauer,
je nacßdem gewiffe Äffozia-
tionen der Gegenftände, an
denen diefe Farben haften, fiel) vordrängen. So wird auch von diefer Seite her dem
Betrachter meßr ein Äßnen, als ein fießeres Erleben vermittelt.
Und fcßließlicß wird die Nötigung, die Farbe überhaupt feelifcß zu erleben, durch
ißren ftarken finnlicßen Reiz gefährdet. Älle Farbe wird im Gegenfaß zur farbaus-
löfcßenden Nacßt als ein Element des Lebens genoffen, und in diefer feftlicß-froßen
Ulirkung liegt auch die häufige Verwendung begründet, welche die Farbe in allen
fcßmückenden Künften gefunden hat. Daßer kommt es denn aucl), daß mancher Be-
trachter eines abfoluten Bildes den Ulunfcß äußert, folcß ein Ulerk als Ceppicß zu be-
fißen oder als Vorfaßpapier zu verwenden und nur fiel) weigert, es wie ein wirkliches
Gemälde, d. ß. in der Schwere feiner Bedeutung aufzuneßmen. Gewiß: eine folcße
Betracßtungsweife mißverfteßt das (Uollen des Künftlers gründlich, denn der vermeinte

Hbb. 23. Dürer. Fjändeftudie.

Pinfelzeicßnung.
ttlien, Älbertina.

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