Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0774
DOI Heft:
Heft 22
DOI Artikel:Secker, Hans Friedrich: Neuerwerbungen der Städtischen Kunstsammlungen in Danzig 1918
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Von den genannten Blättern [eien ßier einige bildlich) wiedergegeben. 3unäd)ft die
drei Liebermannzeicßnungen (Äbb. 13—15). Die früh>efte, 1878 datiert, i[t eine Studie
zu „Jefus im Cempel“, die freilich) auf dem Gemälde keine Verwendung fand. Die
zweite zeigt einen ßolländifcßen Fifcßer von 1892 und die dritte einen Gemüfemarkt
von 1907. Die drei Beifpiele geben ein anfcßaulicßes Bild vom Entwicklungsgang
des Meifters von der präzifen Linie zur immer größeren malerifcßen Freiheit. — Neben
diefem Impreffionismus macßt ein Blatt wie der „Fifcßerkopf“ von Emil Nolde (Äbb. 16)
einen geradezu gigantifcßen Eindruck. Die Farbe läßt ficß kaum mit Klorten wieder-
geben: Daar und Bart leueßtend grün, die (Hangen lila verlaufend, und die breiten
Konturen tieffeßwarz. Die Ausdruckskraft erinnert etwa an Äpofteldarftellungen auf
früßcßriftlicßen Mofaiks. — Hläßrend des lebten Kriegsjaßrs war der Dresdner Ex-
preffionift Otto Lange vorübergeßend aueß in Danzig tätig. Seine Ärt, Stadtanficßten
feftzußalten, war dem Often etwas gänzlicß Neues. Aber es zeigte ficß, daß der Ferner-
fteßende gerade in den Fällen den jüngften Beftrebungen am eßeften zugänglicß wird,
wo ißm etwas täglicß Sicßtbares, wenn aueß in traumßafter Abwandlung, vorgefüßrt
wird. Man weiß, daß mit diefem Aquarell (Äbb. 17) der Blick von der Speicßerinfel
auf die Lange Brücke und das Alte Krantor gemeint ift, und erinnert ficß, an Regen-
tagen die ßelle Luft fo glafig gefeßen zu ßaben. Man erkennt, das ift eine eilige
Niederfcßrift, die an Eile mit den Sackträgern wetteifert, die keueßend ißre Laft zu
den Käßnen bringen. Scßräg feßließen ficß die Speicßerbauten der Vorwärtsbewegung
der beiden Männer an. Das ift unnatürlicß, entgegnet der Laie. Aber es ift Abficßt
des Künftlers. Er ßat weder Luft noeß 3e*t, mit pßotograpßifcßer Creue ein Naturbild
vorzutäufeßen, fondern er fcßildert in bunten Farben die Stimmung und fein inneres
Erleben angefießts diefer romantifeßen Flußlandfcßaft, deren Luft von dünnem Regen
zittert und von bewegten Maften zerfeßnitten wird. Das (Hort Eindruck ift ßier meßr am
Plaße als Ausdruck,
und man wird wieder
einmal inne, wie un-
glückließ die Scßlag-
wortelmpreffionismus
und Expreffionismus
gewäßlt find. — Eine
ganze Reiße F>and-
zeießnungen wurden,
wie erwäßnt, aus Al-
bert HleisgerbersNacß-
laß erworben. Darun-
ter intereffieren befon-
ders die weniger ge-
woßnten Blätter, die
mit ein paar Strießen
fo vieles fagen, wie et-
wa das ßier wieder-
gegebene (Äbb. 20),
das eine eigene Ärt
Bergpredigt darftellt.
Die fießeren, fparfa-
Abb. 20. Albert (Ileisgerber.
Predigt.
men Linien vereinigen
ficß lediglicß dureß die
künftler ifeße Raumver-
teilung zu vollendeter
Bildwirkung. — Ed-
win Scßarff verrät in
der kubifcßenBeßand-
lung feiner Badenden
(Äbb. 18) naturgemäß
den Plaftiker, zugleicß
aber dureß die deko-
rative Ärt, wie er die
Reiter am Strande ßin-
zutut, aueß den Maler;
wäßrend Georg Kolbe
in feinen Äktzeicß-
nungen, die wie kleine
Bronzen dafi^en (Ab-
bildung 19) das nur-
plaftifcße Intereffe mit
unübertreffließer Ge-
fcßicklicßkeit bekundet.
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drei Liebermannzeicßnungen (Äbb. 13—15). Die früh>efte, 1878 datiert, i[t eine Studie
zu „Jefus im Cempel“, die freilich) auf dem Gemälde keine Verwendung fand. Die
zweite zeigt einen ßolländifcßen Fifcßer von 1892 und die dritte einen Gemüfemarkt
von 1907. Die drei Beifpiele geben ein anfcßaulicßes Bild vom Entwicklungsgang
des Meifters von der präzifen Linie zur immer größeren malerifcßen Freiheit. — Neben
diefem Impreffionismus macßt ein Blatt wie der „Fifcßerkopf“ von Emil Nolde (Äbb. 16)
einen geradezu gigantifcßen Eindruck. Die Farbe läßt ficß kaum mit Klorten wieder-
geben: Daar und Bart leueßtend grün, die (Hangen lila verlaufend, und die breiten
Konturen tieffeßwarz. Die Ausdruckskraft erinnert etwa an Äpofteldarftellungen auf
früßcßriftlicßen Mofaiks. — Hläßrend des lebten Kriegsjaßrs war der Dresdner Ex-
preffionift Otto Lange vorübergeßend aueß in Danzig tätig. Seine Ärt, Stadtanficßten
feftzußalten, war dem Often etwas gänzlicß Neues. Aber es zeigte ficß, daß der Ferner-
fteßende gerade in den Fällen den jüngften Beftrebungen am eßeften zugänglicß wird,
wo ißm etwas täglicß Sicßtbares, wenn aueß in traumßafter Abwandlung, vorgefüßrt
wird. Man weiß, daß mit diefem Aquarell (Äbb. 17) der Blick von der Speicßerinfel
auf die Lange Brücke und das Alte Krantor gemeint ift, und erinnert ficß, an Regen-
tagen die ßelle Luft fo glafig gefeßen zu ßaben. Man erkennt, das ift eine eilige
Niederfcßrift, die an Eile mit den Sackträgern wetteifert, die keueßend ißre Laft zu
den Käßnen bringen. Scßräg feßließen ficß die Speicßerbauten der Vorwärtsbewegung
der beiden Männer an. Das ift unnatürlicß, entgegnet der Laie. Aber es ift Abficßt
des Künftlers. Er ßat weder Luft noeß 3e*t, mit pßotograpßifcßer Creue ein Naturbild
vorzutäufeßen, fondern er fcßildert in bunten Farben die Stimmung und fein inneres
Erleben angefießts diefer romantifeßen Flußlandfcßaft, deren Luft von dünnem Regen
zittert und von bewegten Maften zerfeßnitten wird. Das (Hort Eindruck ift ßier meßr am
Plaße als Ausdruck,
und man wird wieder
einmal inne, wie un-
glückließ die Scßlag-
wortelmpreffionismus
und Expreffionismus
gewäßlt find. — Eine
ganze Reiße F>and-
zeießnungen wurden,
wie erwäßnt, aus Al-
bert HleisgerbersNacß-
laß erworben. Darun-
ter intereffieren befon-
ders die weniger ge-
woßnten Blätter, die
mit ein paar Strießen
fo vieles fagen, wie et-
wa das ßier wieder-
gegebene (Äbb. 20),
das eine eigene Ärt
Bergpredigt darftellt.
Die fießeren, fparfa-
Abb. 20. Albert (Ileisgerber.
Predigt.
men Linien vereinigen
ficß lediglicß dureß die
künftler ifeße Raumver-
teilung zu vollendeter
Bildwirkung. — Ed-
win Scßarff verrät in
der kubifcßenBeßand-
lung feiner Badenden
(Äbb. 18) naturgemäß
den Plaftiker, zugleicß
aber dureß die deko-
rative Ärt, wie er die
Reiter am Strande ßin-
zutut, aueß den Maler;
wäßrend Georg Kolbe
in feinen Äktzeicß-
nungen, die wie kleine
Bronzen dafi^en (Ab-
bildung 19) das nur-
plaftifcße Intereffe mit
unübertreffließer Ge-
fcßicklicßkeit bekundet.
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