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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 22
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Neue Graphik und Liebhaberbücher
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Neue Bücher und Zeitschriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0782

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Neue Bücher und 3eitfd)riften

vieles von dem, was Liebermann über feine
Perfon und fein I^aus für fiel) felbft aufgefeßrieben
bat, rafcß, zwecklos, in feinen beften Stunden,
in guter Laune oder in Impulfen der Traurig-
keit, wie das Leben dabeim und mit den Seinen
es fügte; über viele Blätter war der Staub ge-
kommen, ibr Autor batte fie verborgen und
kaum beachtet, bis Elias vorwitzig fie ans Liebt
zog und nun mit ibnen und feiner Studie, die
den Künftler in der Intimität feines menfcblicben
und künftlerifcben Lebens vorfübrt, ein Familien-
buch zufammengebraebt bat, wie es nur einer
geben konnte, der den Künftler und Menfcßen
auf einer febr beträchtlichen Strecke feiner Ent-
wicklung begleitet bat. Einleitend wird dar-
gelegt, wie die wefentlicbften 3üge von Lieber-
manns Künftlertum auch in diefen flüchtig bin-
geworfenen 3ufallsfkizzen deutlich zutage treten.
Den Fjauptteil bildet dann das Thema: Lieber-
mann und feine Familie. Der Großvater und
feine Söhne, die Eltern des Malers werden
liebevoll ebarakterifiert; es wird von den in-
ternen Kämpfen berichtet, die auch Liebermann
den Seinigen gegenüber zu befteben batte, um
ficb dureßzufeßen. (Heiter kommt dann Lieber-
mann als Gatte, Vater und Großvater. Älles im
Tone größter Bewunderung und bsrzlicbfter
Freundfcbaft, ein Gemälde faft ohne Schatten.
Die neu bekanntgegebenen Blätter erweitern
wundervoll unfere Kenntnis von des Künftlers
Art und (Herk. Den Buchdruck wie die GQieder-
gabe der 3eicb.nungen in Fakfinrilelicbtdruck auf
echtem Büttenpapier in Folioformat bat die
Reicbsdruckerei ßergeftellt, die Radierungen find
Fjanddrucke der Pan-Preffe. 200 Exemplare find
in den Ffandel gekommen, 140 in Fjalbleder ge-
bunden (350 M.), 60 in Ganzleder oder Perga-
ment mit einer zweiten Folge aller 3eidlnunS6n
vor der Schrift (600 M.).
Georg Minde-Pouet.
Neue Büdner und 3ertfd)riften
D e 1) i o s „Gefdjicfjte der deutfdjen
K u n ft “
Von diefer auf mehrere Bände berechneten
deutfehen Kunftgefcbicbte liegt jetjt der erfte feit
langem erwartete Doppelband vor, der Text und
Abbildungen in zwei gefonderten Abteilungen
behandelt. (Vereinigung wiffenfcbaftlicber Ver-
leger. Berlin und Leipzig 1919.) Daß niemand
berufener gewefen ift, dies Buch zu feßreiben
als Deßio, der ein Leben faft ausfcbließlicb dem
Studium der deutfeßen Kunft gewidmet ßat, mag
beinahe überflüffig zu bemerken fein. Sieber
aber gibt der greife Gelehrte mit diefem feinem

abfcßließenden Tlerk ein Vermächtnis an das
deutfeße Volk, das wie ein letzter Mahnruf zur
Selbftbefinnung in der Stunde ßöcßfter Scßick-
falsnot anfpreeßen will. Als Deßio das Manu-
fkript zum erften Bande feiner Gefcßicßte ab-
fcßloß, ftand der (Heltkrieg unter dem
des deutfeßen Sieges. Als er fein damals be-
reits feftgelegtes Vorwort durch wenige 3eilßn
ergänzte (Ende Oktober 1918), war die deutfeße
Niederlage zur unumftößlicßen Tatfacße ge-
worden. Nicßt oßne Ergriffenheit wird jeder die
letzten Sätje diefes Vorworts lefen: „Freute noch
darf icß diefe leßten feilen des Buches an dem
Ort feßreiben, an dem es — nicht zufällig —
entftanden ift, im Angeficßt. des Münfterbaues,
deffen Steine in Ewigkeit deutfeß reden werden,
auch dann noch, wenn bei den Menfcßen um
ißn ßer der leiste deutfeße Laut verklungen fein
wird, abgefeßworen und vergeffen.“
Deßios Bucß foll nicßt nur für den Fachge-
lehrten beftimmt fein, fondern fueßt — nach) den
(Horten des Verfaffers — feine Lefer „in dem
weiteren Kreife, den man den der Gebildeten
zu nennen pflegt“. Es will deutfeße Gefcßicßte
im Spiegel der Kunft geben und es gehört viel-
leicht mit zu dem .Beften, wie je Kunftgefcßicßte
ißrem tiefften Tiefen nach interpretiert wurde,
die näßere Begründung des Standpunktes zu
lefen, von dem aus der Verfaffer an feine Auf-
gabe herangetreten ift. Nur zu waßr die Feft-
fteliung, daß die deutfeße (Hiffenfcßaft ficb von
jeher meßr mit fremder als mit deutfeßer Kunft
befcßäftigt ßat. Dies wird in der Folge hoffent-
lich) anders werden, aber ungleich wertvoller ift
die Erkenntnis, daß deutfeße Kunft verfteßen,
uns felbft verfteßen beißt, „unfere angeborenen
Anlagen und was das Scßickfal aus ißnen ge-
macht ßat, unfer Selbftgefcßaffenes und unfer
Erworbenes, unfer Erreichtes und unfer Ver-
fäumtes, unfer Glück und unfere Verlufte — alles
in allem: die Kunft als etwas mit der Ganzheit
des gefcßid)tlicßen Lebensprozeffes unferes Vol-
kes unlöslich Verbundenes“. —
Diefe (Horte kennzeichnen die (Harte, von der
aus Deßio feine Aufgabe überfaß und zu löfen
verfließt ßat. Sie find wichtig, weil fie Grund-
fäf^licßes unterftreießen und den Standpunkt
fixieren, von dem aus auch Kritik zu werten ßat.
Diefe — der Spezialforfcßung Vorbehalten —
wird zu keinem anderen Ergebnis kommen als
diefem, das heute bereits die Lektüre fordert:
Daß wir in dem (üerke Deßios, deffen erfter
Band zunäcßft nur die 3ßit von den friißeften
ßiftorifeßen Dokumenten über Spätantike und
karolingifcße Kunft bis zur Mitte des 13. Jahr-
hunderts umfaßt, eine Arbeit begrüßen, die be-

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