Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0841
DOI Heft:
Heft 24
DOI Artikel:Spengemann, Christof: Kunst, Künstler und Publikum, 2, Werkentstehung
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0841
das große Gefühl nicht
haben. Dennoch fuchen
fie den Änfchluß an die
Kunft. Verfuchen, ihm
durch äußere Änpaffung
zu erlangen. Sie find
ebenfalls Spekulanten.
Ihr Spekulantentum geht
indeffen nicht auf den
materiellen Erfolg; fie
möchten Künftler fein.
Sie können zeitlichen
Ruhm erlangen. Ewig
wird er nicht, weil ihr
Ulerk geiftlos und dar-
um nicht Kunft ift. —
Ändere wiffen nicht,
daß ihnen das Gefühl
fehlt. Sie glauben, ihr
ttlille fei Gefühl. Dann
tun fie unbewußt, was
jene mit Bewußtfein trei-
ben. Ihr Schidkfal ift im
Endrefultat das der Be-
wußten. Äber fie haben
unfer Mitgefühl, weil fie
nicht Spekulanten find.
Ehrliche arme Schlucker.
Blinde, die den Cag be-
fingern
Ändere erleben künft-
lerifd): haben Konzep-
tion und vielleicht den
Gefühlswillen. Können
ein Kunftwerk empfangen
und es in der Vorftel-
lung formen. Äber fie
können nicht gebären,
weil ihnen die Möglich-
keit des Äusdrucks fehlt.
Nichts Sichtbares kann
entftehen. Äber das, was
diefe Menfchen nicht von
fich geben, ift unendlich
wertvoller, als alle Dinge
derer zufammen, die ohne Gefühl produzieren!
Die genialifch Unproduktiven bilden die kleine
Gemeinde derer, die der Kunft einen Cempel bauen.
■ Oüas bleibt? Ein Fjäuflein! Die, welchen alle
vier Faktoren der (Uerkentftehung zu eigen find :
denen ein Erlebnis das Gefühl in Bewegung
fet^t, aus dem ein Cilille entspringt, der mittels
i)
Äbb. 11. Edwin Schjarff.
Jr
Liebespaar. Radierung. 1914.
Gechmik, durch Intellekt geleitet, die äußere Form
baut. Das ift ihr GUerk: der fichtbare Äusdruck
eines Erlebniffes, vom Gefühl beftimmt und ge-
ftaltet. Nur fie find Vollnaturen. Nur fie find
Künftler. Nur fie fchaffen Kunft. Sie ift weder
gut noch fchlecht: fie ift Kunft. Es gibt nur
Kunft!
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haben. Dennoch fuchen
fie den Änfchluß an die
Kunft. Verfuchen, ihm
durch äußere Änpaffung
zu erlangen. Sie find
ebenfalls Spekulanten.
Ihr Spekulantentum geht
indeffen nicht auf den
materiellen Erfolg; fie
möchten Künftler fein.
Sie können zeitlichen
Ruhm erlangen. Ewig
wird er nicht, weil ihr
Ulerk geiftlos und dar-
um nicht Kunft ift. —
Ändere wiffen nicht,
daß ihnen das Gefühl
fehlt. Sie glauben, ihr
ttlille fei Gefühl. Dann
tun fie unbewußt, was
jene mit Bewußtfein trei-
ben. Ihr Schidkfal ift im
Endrefultat das der Be-
wußten. Äber fie haben
unfer Mitgefühl, weil fie
nicht Spekulanten find.
Ehrliche arme Schlucker.
Blinde, die den Cag be-
fingern
Ändere erleben künft-
lerifd): haben Konzep-
tion und vielleicht den
Gefühlswillen. Können
ein Kunftwerk empfangen
und es in der Vorftel-
lung formen. Äber fie
können nicht gebären,
weil ihnen die Möglich-
keit des Äusdrucks fehlt.
Nichts Sichtbares kann
entftehen. Äber das, was
diefe Menfchen nicht von
fich geben, ift unendlich
wertvoller, als alle Dinge
derer zufammen, die ohne Gefühl produzieren!
Die genialifch Unproduktiven bilden die kleine
Gemeinde derer, die der Kunft einen Cempel bauen.
■ Oüas bleibt? Ein Fjäuflein! Die, welchen alle
vier Faktoren der (Uerkentftehung zu eigen find :
denen ein Erlebnis das Gefühl in Bewegung
fet^t, aus dem ein Cilille entspringt, der mittels
i)
Äbb. 11. Edwin Schjarff.
Jr
Liebespaar. Radierung. 1914.
Gechmik, durch Intellekt geleitet, die äußere Form
baut. Das ift ihr GUerk: der fichtbare Äusdruck
eines Erlebniffes, vom Gefühl beftimmt und ge-
ftaltet. Nur fie find Vollnaturen. Nur fie find
Künftler. Nur fie fchaffen Kunft. Sie ift weder
gut noch fchlecht: fie ift Kunft. Es gibt nur
Kunft!
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