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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177-202 (01. August 1902 - 30. August 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23861#0407

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Samslag, 30. August 1902. Erstes Blatt. 44. J-Hrgmg.-U 202.

Erscheint täglich Sonntags ausgenommen. Preis mit Familienblättern monatlich 5V Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch dte Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschlietzlich Zustellgebühr.

Anzeigenpreis: 20 Pfg. für dte Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiestge Gefchäfts- und Privatanzeigen ermähigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit nbernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitnng und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Für den Monat

Septembev

nehmen sänitliche Postanstalten und
Postboten Bestellungen auf die
„Heidelberger Zeitung" schon
jetzt entgegen. Die „Heidelberger
Zeitung" kostet, durch die Post be-
zogen, nur

« ?lennig prs Msnat.

Aer König vo» Itatten in Werttn.

tit eue s P aIais. 29. Aug. Der Kaiser imter-
nahin steute Voriniltag euien Spaziergaug in Lanssonci
nnd haltc sodann eine Besprechnng mil dem italienischen
Miuisrer des Aentzeru, Prinetti. Später börte der
Kaiser den Dortrag des Chefs des Ztvilkabmets v. Ln-
cauns. Heiite Mittag 1 klhr ist bei dem Prinzen nnd der
Prinzesfiu F-riedrich Leopold anf Klein-Glienecke ein Fa-
miliendiner, an deni der Kaiser, die Llaiserin und der
König von Jtalien teilnehmen werden. Für hente dcach-
mittag ist eine Dampferpartie auf den Havelseen vorge-
sehen. Die Abendtafel ift im Lchlosse Babelsberg. Ter
König von Jtalien unternahm hente Vormittag 10 llhr
eine Pirsche anf Rotwild im Wildpark.

P otsd a m, 29. Ang. llm 9^ llhr traf der
K önig vo n I talien in Begleitung des Generals
von Lindequist im offenen Zweispänner nebst Gefolge
beim Mausoleiim Kaiser Friedrichs ein, wo er
vom Militärattach«? der deutschen Botschaft in Rom, Ma-
jor v. Chclins, empfangen wnrde. Der König legte am
Sarkophage Kaiser Friedrichs einen Prächtigen .Cranz
Orchidcen und Hortensien nieder, an dem eine Schleife
aus ponceaufarbenem Atlas mit der Jnschrift „Vittorio
Emanuele" befeftigt war. Der König begab sich darauf
ins Nceue Palais znrück.

R o m, 29. Ang. „Popolo Romano" bespricht die
gestern bei der Galatafel im Berliner Schlosse gehaltenen
T rinksPrüche und führt aus, der Trinkspruch des
Kaisers trage ein warmes Poetisches Gepräge. Das Blatt
hebt die Stelle hervor. in welcher der Kaiser sagt, der
Drcibund habe sich in das Leben beider Bölker fcst ein-
gelebt. Das Blatt erklärt, diese Stelle im kaiserlichen
Trinkspruche komme gelegen als Antwort für Diejenigen,
welche im Dreibund ein Bündnis der Herrscherhäuser nnd
Regiernngen erblickten, an dem die Völker keinen Anteil
hätten. „Popolo Romano" kommt^zu dem Schluß, die
bciden Trinksprüche. obwohl in der Form verschieden, be-
wegten sich in demselben Gedankengang. Sie seien Er-
gänzungen der Trinksprüche von Peterhof, welche im
ganzen Europa günstig aufgenommen wurden, weil die
Ziele des D r e i b n n d e s und Zweibundes in
dcm einmütigen W n n s ch nach Friede n überein-
stimmten. _

Paris, 29. Aug. Tie französischen Blätter
sprechen nicht gerade sreundlich iibcr den Besuch deS Königs
von Jtalien in Berlin. Sie kokettieren mit dem Gedankcii,
daß Jtalien von dem Dreibund zum Zweibmid hätte über-
gehen kömien. Das wäre schön gewescn. So bleibt ihnen
nur die schwache Hoffnung, Jtalien stehe nicht mehr so fest
wie früher znm Dreibund. Doch schlägt alsbald trotz
diesem Sclbsttrost der Unwille durch. Der „Gaulois"
schließt einen Artikel: „Tas alles bedeutet viellcicht den
europäischen Frieden, abcr es ist schmerzlich, zu denken,
daß Frankreich allein die Kosteii trägt". Tie „Autorits"
meint auf den Begrüßungsartikel der „Köln.Ztg.": „Wenn
Wilhelm II. derartige Artikel gegen uns schreiben läßt, so
hat ihn sicher die Diplomatie des Quiririals dazu er-
mächtigt. Der Schluß ist klar: Jtalien betrügt mis."

Gine polnische Aätfchung.

Der „Kuryer Polski" in Warschau hat s. Zt. ein polen-
freundliches Schriftstück veröffentlicht, worin deutsche
Kolonisten aus Grünenthal gegen die prcußische
Polenpolitik protestierten. Auf Grund von Erkundigungen
konnte die „Köln Ztg." feststellen, daß es sich dabei um
eine Fälschung handelt, da in der That in Grünenthal
von einem solchen Schriftstück nichts bekannt war und
außerdem Leute wie die Unterzeichner des Protestes gar
nicht vorhandcn sind. Der „Kuryer Polski" bringt nun eine
photographische Wiedergabe des Aktenstückes mit den Unter-
schriften. Selbstverständlich beweist das nicht im entferntesten,
daß das Schriftstück nicht gefälscht ist, eher könnte man
darin eine Bestätigung der Fälschung erblicken, denn Leute
wie „Birke, Szcncr, Thiel, Felker, Roller, Hanys und
Felner" sind eben in Grünenthal nicht vorhanden. Gefälschte
Unterschriften beizubringen ist gar nicht schwer, sehr viel
schwercr aber ist es, die Leute zur Stelle zu schaffen, die
nur in der Einbildung des Fälschers leben.

Deutsches Reich.

— Die „Hamb. Nachr." können aus authentischer Quelle
mitteilen, daß der Loyd Brazileiro von der Hamburger
Reederei A. C. de Freitas u. Co. angekauft worden ist.
Wie das Blatt mitteilt, wird der Lloyd in eine Aktien-
gesellschaft umgewandelt. Es handelt sich dabei um 50
Seedampfer mit rund 40000 Tonnen und 120 Leichter-
und Schleppschiffe. Die Höhe des Objektes beträgt 800 000
Pfund Sterling (— 16 Millionen Mark).

— DaS „Militürwochenblatt" meldet jetzt amtlich:
v. Frankenberg und Proschlitz, Hauptmann und Batteriechef
im Feldartillerie-Regiment Nr. 1, Oberleutnant Rumbaner
in demselben Regiment mitPension zur Dispositio n
gestellt, George, Leutiiant in demselben Regiment, in
das pommersche Trainbataillon versetzt. — Privatim war
die Nachricht schon vor ein paar Tagen bekannt geworden.
Jn der Presse wird mit Befriedigung hervorgehoben, daß
die Gumbinner Demonstration solcherart so prompt bestraft
worden ist.

Baden.

^-0- Karlsruhe, 29. Aug. Eine Anzahl badischer

evangelischcr Dekane hat sich zu eincm Komitee
zusammengethan und eine Petition an den Großherzog
verfaßt, in der um Nichtzulassung der katholischen
Männerorden gebetcn wird. Diese Petition soll, wie die
„Bad. Post" meldet, an alle evangelischen Pfarrämter in
Baden versandt und die Unterschrift der Mitglteder der
Kirchengemeinderäte und Kirchengemeindeversammlung ver-
anlaßt werden.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— Seine Königlicbc Hoheit der Großherzog haben dem
Königlich Preutzischen Eisenbahn-Staiionsvorsteher Oltersdorf
in Koblenz das Ritterkreuz 2. Klasse des Ordens vom ZLHringer
Löwen verlichen.

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben den
nachbenannten Peisonen die folgenden Auszeichnungen verlichen
und zwar 4. vom Orden vom Zähringer Löwen: 1. das Ritter-
kreuz 1. Klasse: demLandrat von Metster in Homburg v. d. H.,
dem Kommerzienrat Karl Kannengießer in Wiesbaden, dem
außerordentlichen Professor der philosovhischen Fakultät tn Ber»
lin, Bildhauer Dr. Uphues und dem Hofchef Seiner Königlichen
Hohett des Prinzen Friedrich Karl von Hessen, von Flotow;
2. das Ritterkreuz 2. Klasse: dem Kaufmann Olto Kreitzner
und dcm Kommerztenrat E. Bartling in Wiesbaden, sowic dem
Bankier Karl von Grunelius und dem Baudirektor Ritter
in Frankfurt a. M.; 8. das Verdienstkreuz vom Zähringer
Löwen: dem Hauptlehrer Karl Fehler in Kronberg.

— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
Revisor Edu«d Lohr beim Landeskommissär in Karlsruhe auf
sein Ansuchen aus dem staatlichen Dlenste entlassen.

— Reallehrer Joh. Baptist Jägle an der Höheren Bürger»
schule in Säckingen wurde tn gleicher Eigenschaft an die Real-
schule in Ucberlingen versetzt.

— Dem Zeichenlehrerkandidaten Theodor Schindler an
der Oberrealschule in Hcidelberg wnrdc dic etatmäßige Amtsstelle
eineS Zeichenlehrers am Gymnasium in Mannhelm übertragen.

— Betriebsassistent Theodor Joachim in Basel wurde zum
Güterexpeditor daselbst ernannt.

Karlsruhe, 29. August. F ah rp r e is e rm ä ß i g nn gs
Aus Anlaß des Zentralznchtviehmarktes in Radolfzell wird Fahr-
preisermäßignng iii der Weise bewilligt, daß die am 14., 15. imd
16. September l. Js. gelösten einfachen Fahrkarten nach Radolf-
zell bis einschließlich 17. September auch zur Rückreise berechtigen,
wenn ste auf der Rückseite mit dem Stempel der Marktkommission
versehen sind. Die Benützimg von Schnellzügen ist gegen Znlösnng
von Schnellzugszuschlagskarteii — je für Hin- nnd Rückfabrt be-
sonders — gestattet. Auf Kilometerhefteinträgc erstreckt sich die
Vergnnstigung nicht.

Ausland.

Holland.

Scheveningen, 29. Aug. Das Befinden des Präsi-
denten Steijn hat sich merkljch gebessert. Steijn hat
gestern zum ersten Mal einige Stnnden auf dem Balkon
der Villa Novara zugebracht.

Asien.

— Chinesische Zeitungen berichten von einem neuen
großen russischen Eisenbahn-Unternehmen in
Nord-China und der Mongolei. Es handelt sich um eine
Linie von Lukoutschiao, dem nördlichen Endpnnkte der Bahn
Hankau-Peking, über Nankou durch den vielen Reisenden
wohlbekannten Nankou-Paß und das Thor der Großen
Maucr Pataling über die Städte Huailaihsien und
Hsüanhuafu nach Kalgan, eine Strccke von 216 Kilometern.
Es ist dies eine der wichtigsten und verkehrsreichsten Handels-

Mon der Hstfee.

Tie Ostseebäder werden von den Süddeutschen gs-
geiiüber den Badeorten der Nordsee zweifellos vernach-
lässigt. Die ineisten scheuen wohl die weite Reise. Bei
unseren jetzigen vorzüglichen Bahnverbindungen sollte
Lies aber keme Rolle mehr spielen. Ein Besuch der Ost-
see, insbesondere der Pommerischen L>eebäuder kann ich
meinen engeren Landsleuten nur dringend empfehlen. Ne-
ben dcn großen Badeorten Heringsdors, Ahlbeck, Swine-
münde, Misdroz, giebt es noch eine Anzahl kleme Orte,
welche einsacher, aber doch mit all dem ausgestattct imv,
was man an der See sncht. Norddeutsche unö auch Oester-
reicher wissen diese Vorzüge zu schätzen rmd die Frequenz
der Ostseebäder wächst von Zahr zu Jahr; so haben sich in
kurzer Zeit auch Bancin, Zimwwitz und andere zu jtatt-
kicheu Badeorten entwickelt. Das Leben und Treiben
ist naturgeniäß dem in den Scordseebädern ähntich. Der
Wellenschtag ist hier weniger stark, der Salzgehalt des
Meeres gcringer. Der Ausenthalt eignet sich demgemätz
besonders für Leute, welche die Seebäder in milderer
Form aus sich wirken lassen wollen und wird insbesondere
bon Familien geschätzt, die in ihre Sommerfrische die
Kinder mitnehmen. Diese können den ganzen Tag am
Strande mit den hier üblichen Nergnügungen, Baarsutz-
waten, Sandschansetn u. s. w., zubringen, auch tagtägtich
badcn, ohne Erküttimg sürchten zu müsseu, vorausge-
setzt natürlich, daß sie nicht gleich zu Vegimi der Kur des
Guteu zu viel thmi. Zm Gegensatz zu den Bädern 0er
Nordseeinseln sind an der Ostsee feste Badehäuser er-
richtet, sür Herren und Damen getrennt, und neuerdings
weingstens an einzelnen Orten auch gemeinschastliche, sog.

Familienbäder, wo die.ganze Fannlie zusammcn baden
kann, wie solches bekanntlich in den belgischen, hoUänöt-
schen nnd sraiizösischen Badeorten längst der Fall ist.
Damit niemand Aiistoß nimmt, sind die Bädekostüme
für Mäimkein und Weiblein genan vorgeschrieben, was
aber nicht verhmdert, daß maiich' vorschriftswidriges, da-
für aber recht kokettes Kostüm getragen imd — von Her-
ren natürlich nur — bewimdert wird. Nach deni BaLe
kann man in einem der vielen a la Aschinger in Berlin
geführten Strandbüffets, ähnlich wie in den sog. Gist-
bnden der Nordseebäder, mehr oder weniger nach Neigung
imd Geldbeutelbeschaffenheit schlemmen. Der Mittags-
tisch in den vielen, größtenteils erstrangig gesührten Ho-
tels ist wohl etwas einfacher, als in dcn fashioiiablen
Nordseebädern, aber gnt nnd durchans preiswürdig, wie
denn die Preise sclbst in den ersten Hotels der großen
Ostseebadeorte überhaupt teineswegs zu hoch oder anch
nur höher als anderwärts sind.

Das Mittagsschläfchen hält man am besten am
Strande, wo Strandhütten, Körbe u. s. w. in großec
Zahl zu mieten sind. Die Jugend zieht das Flirten bor,
was während des Schlafens der Alten wohl doppelt sütz
sein wird. Nachnüttags tann man, und dieses ist ein
eminenter Vorzng vor den Nordseebädern, stundeiilang
durch die prächtigen Buchcnwälder spazieren gehen und
selbst „Berge" besteigen, die einen Vergleich mit unseren
herrlichen Heidelberger Höhen allerdings nicht ganz ans-
halten. Andere lockt eine Segel- oder Dampfcrpartic
auf die hoe See hinaus. Abends gicbt es Vergnügniigen
in Hülle nnd Fülle, Konzerte aller Art, Theater, Re-
unions usw., so dnß man gewiß keine Langeweile, son-
dern höchstens die Qual der Wahl ausstehen muß.

Mögen diese Zeilen dazu beitragen, der herrlichen
Ostseo auch ans Heidelberg imd nns niiserem ganzen
Lande mehr Gäste znziisühren, wohl keinen wird der
Uiifenthalt hier gerenen. Dr. Z.

Keidelöerger Maudereien.

?? Heidelbcrg, 30. August.

Wohii, gchen wir am nüchsteii Soimtag? Natürlich auf
dcn Schlicfplatz dcs Vcrcms der Hundcfrcundc, wo sich Lie
Pinschcr und Terricrs' im Rattcnfaiigen produzicrcn werdeii.
Dic Rattcnjagd beginnt zwar schon um 8 Uhr morgens imv
der Platz liegt zicmlich ciitfcrnt, iudesscn eincs solchen Schau-,
spiels wcgcn kann man auch einmnl Sonntags frühcr auf-
stehen, als man gewöhnlich thut. Wozu eigcntlich die greu-
lichen Ratten — natürlich nicht die, welche in kurzen Röckchen
ini Theater vor einem schaulustigen Publikum tanzen —
crschaffen worden sind, das war bisher eine schwcr
zu beantwortcnde Frage. Jctzt hat man des Rätsels Lösmig:
sür die niedere Jagd mit Pinschern und Terriers.

Mancher Mcnsch läuft übrigens m!t dersclbcli' Gicr wie
ein Pinscher hinter eincm Dinge her, das auch nicht schöner
oder wertvoller ist, als eine Ratte. Allerlei Tand und
Tändelkram sind Gegcnstand heitzen Begchrens. Ja, cs ist
vorgekommcn uud mau liest cs gclcgentlich in den Blüttcrn, datz
jcmand um 20 Pfennig ein-e böse Strafthat bcgangcn hat.
Sind dicse 20 Pfg. nicht grühlicher, als die ültcstc, fcttcste und
kahlste Ratte?

Doch zum Glück giebt es auch Leute, ja ganzc Gruppen
von Lcntcn, mit harmloscm, rcincm Strcben, zum Beispiel die
Karncvalsvereine, die sich zum Ziel gesetzt habcu, ihre Mit-
mcnschen zu erheitern und zu unterhalteu. Sie bewilligen
dcm strebcrischen Egoismus höchstens ein kleincs Wurst-
schnappen für die Jugend zur allgcmeinen Belnstigung nls cine-m

Die heutige Nummer umfaßt drei Blättev zusammen 14 Seiten
 
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