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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 229-255 (01. Oktober 1902 - 31. Oktober 1902)
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Legitimität der Krone erblicken nrutz. Wir könncn da-
her den Standpunkt der Prinzen Ludwig vollauf be-
greifen und würdigen, und die weitaus große Mehrheit
des bayerischcn Volkes wird dem Vertreter des Hauses
Wittelsbach darob nichts weniger als gram sein."

Ein ergötzlicher Eiertanz! Die^Geftaltung des Bahn-
hofschmuckes wird nicht getadelt, schreibt der „Schwäbische
Merkur", denu das Zentrum könnte des Präzedenzfalles
einmal sür sich bedürfen, gleichwohl wird dem Prinzen
Ludwig zugestimmt, weil es für das Zentrum daraus
ankommt, die Gunst des Thronfolgers zu gewinnen, die
Hauptsache aber ist, dem verhatzten Ministerpräsidenten
von Crails'heim, welcher der oberste Leiter des Vcrkehrs-
wesens ist, eins zn versetzen, zu welchem Zwecke frischweg
behauptet wird, das Ministerium habe die Ausschmück-
ung genehmigt.

Ausland.

Frankreich.

— Ueber bevorstehende V e r ä n d e r u n g e n im
französischen Kabinet lätzt sich der Pariser
Korrespondent eines angesehenen englischen Blattes ver-
nehmen. Wenn man ihm Glauben schenken kann, so steht
bereits in allernächster Zukunft ein Kabinetswechsel be-
vor, der zwar nicht bedeutende Parteiverschiebungen, aber
wesentliche Personalveränderungen mit sich bringen
dürfte. Die wichtigste derselben wärs ein Wechsel in der
Person dcs Premierministers, und zwar soll Mr. Com-
bes durch den gegenwärtigen Finanzminister ersetzt wer-
den. Mr. Rouvier spiele schon jetzt die bedeutendste
Rolle, aber es sei in maßgebenden politischen Kreisen
in Frankreich ein offenes Geheimnis, datz er sein Porte-
fenille nur temporär und nur unter der Bedingung be-
halten habe, datz der temporäre Charakter von dem Prä-
sidenten ausdrücklich anerkannt werde. Datz Mr. Pelle-
tan dann gleichfalls sür einige Zeit vom Politifchcn
Schauplatz verschwiudet, braucht kaum noch gesagt zu
werden, denn auch die besten Freunde des redseligen Mr-
nisters, der so wenig gewöhnt ist, Minister zu sein, kön-
nen sein Verbleiben im Amte nicht mehr rechtfertigen.
Sein Nachfolger soll Mr. Lockroy werden, der dieses
Portefeuille bereits innegehabt hat. Es war in politi-
schen Kreisen schon lange ein Rätsel, warum M. Conrbes
seinerzeit M. Pelletan diesem erfahreuen nnd fähigen
Beamten vorzog, und er selbst wird höchst wahrscheinlich
seinen Fehler am schwersten bereut 'haben. Jedenfalls
ist es bereits sicher, datz sein Kabinet weit mehr unter
den Pelletanschen Jndiskretionen zu leiden haben wird,
als der europäische Frieden. Wie das Kabinet der Zu-
kunft auch sonst immer zusammengesetzt sein möge, so
wird doch anf jeden Fall Mr. Delcass6 Minister des
Auswärtigen bleiben und das Ministerium soll mit ver-
einten Krästen versnchen, Jtalien wieder zu einer An-
näherung an Frankreich zu veranlassen.

Nußllind.

Petersburg, 30. Sept. Dem japanischen Par-
lamente wjrd in der nächsten Tagung, wie die „Nowoje
Wremja" erfährt, ein Gesetzentwurf zur Einführung der
zweijährigen Dienstpflicht unterbrcitct werden. Autzer-
dem wird beabsichtigt, die. von der Militärdienstjiflicht
Befreiten mit einer Wehrstener zu belegen. Weiter werde
die Regierung beim Parlameut die Errichtung einer
japanisch-chinesischen Bank mit einem Grundkapital von
20 Millionen shen beantragen.

Kroßherzog Ariedrich von Maden in Düfsek-
dorf.

Düsseldo r f, 30. Sept.

Ein nnerwartet warmcr Empfang wurde gestern dem
Grotzherzog Friedrich von Baden in Düsseldorf zuteil.
Der Großherzog war äußerst überrascht, welche herzliche
Freude über sein Kommen er iiberall wahrnehmen konnte.
Gerade weil dieser Besnch des Grotzherzogs von Baden
in ciner rheinischen Preutzischen Provinz mehr privater
Art war und jede offizielle Kundgebung fehlte, ist diese
erfrenliche Erscheinung eines stürmisch begeisterten Aus-
bruchs warmer, treuer vaterländischer Gesinnung gegen-
über eineni Schöpfer nnd Träger dentscher Ein'heit um
so höher zu bewerten. Jn der „Köln. Zeitung" wnrde
der hohe Gast gestern richtig benannt, „Jriedrich der All-
verehrte". Wie wird er hier verehrt von allen Kreisen,
allen Klassen! Noch nie hat ihr Berichterstatter cine so
rührend herzliche Begrützung eines dentschen Bundes-
fürsten antzerhalb der Grenzen seines Landes erlebt.
Dcr Grotzherzog änßerte im Laufe der Besichtignng der
Ausstellung zu Professor Röber, er sei von dem Einpfang
sehr überrascht, „er hätte nie gedacht, daß er in einer
autzerbadischen Stadt so herzlich empfangen werde. Dicht
gedrängt standen da Tausende und Tausende auf den
weiten Stratzen und längs der Stratzen zum Nhein. Ein
Jnbelruf löste deu andcrn ab, der hohe Gast war mehr
als überrascht. Diese Fahrt zum Rhein dürfte eine der

Dann bat er sic, ihm von ihrcm Lcben zu Hause zu berich-
ten, und wie sie ihve Tage zubrächte.

Z>u diescr Schilderung gcuüge allcrdings ein Tag für alle,
meinte sie lächclnd. Ilm scchs Uhr müsse sie aufstchen, im
Sommc.r um fünf. Dauu ebeiyo arbeitcn wie eiue Haushäl-
teriu, eiue „Gutsmamsell", die Mägde und die Küche beauf-
sichtigen, das Mittagessen anordneu uud vor allem die Milch-
/ammer vcrsehen. Da gäbe es viel zu thuu mit Butteru und
Rahmcn. Das wisse er ja selbst als Laudwirt. Und danu der
Hühnerhof, der Eierverkauf, Obst- und Gemüscgarten u. s. w.
Jn einer so groszen Wirtschaft gäbe es immer zu thun.

„So sind Sie also nicht nur Hausfrau, sondei-u auch
Wirtschafterin?"

„Ml mus; wohl."

„Uud waun kommt die Erholung, das Vergnügen? Ein
junges Mädcheu wie Sie will doch auch iwch jväs andercs als
blotz Arbeit."

„Auch das habc ich," bcrsicherte Lisbeth mit strahlendem
LLcheln. „Da tst doch dcr Fritz, mein Bruder. Der arme Kerl
'haugt mir immer am Rockzipfel. Er hat ja soust niemand,
der ihn bersteht, als mich. Er ist cin rechier Träumer, möchte
gern studieren und malen und hat Etnfälle — so merklvürdig,
ganz phantastisch. Jch glaube, er köunte ein Künstler werden.
Nun, und mit dem gehe iöjt abeuds spazieren, hinaus in den
Wald oder die Laudstratze entlang; und da plairdern wir uud
lacheu und macheu Pläne für die Zukuuft."

schönsten Stunden äm Leben des Grotzherzogs Friedrich
sein; sie zeigte ihm, daß auch ohne Feste und ohne Prnnk
er im ganzen Reich den schönsten Lohn eines Fürsten fin-
det, Verehrung und Dank. Die Gras Adolfstratze und
die Haroldstratze, die zum Rheiue führeu, waren reich ge-
ziert und beflaggt. Mit dem Großherzog fuhr im Wa-
gen Professor Röber. Am Werft erwarteten den hohen
Gast scchsze.hu Ehrenjungfrauen, sie wollten ihm Blnmcii
zn Fützen legen. Großherzog Friedrich gab jeder der
Damen die Hand, nnd bat sie, die Blumen als An-
denken zu verwähren; nur ein paar Veilchensträutzchen
behielt er nnd trug sie während der ganzen folgenden
Fährt nnd Besichtigung in der Hand. Am Werft wurde
dein hohen Gast Beigeordneter Dr. Wilms vorgestellt,
der in der Folge die neuen Werstbanten der Stadt
Düsscldorf erläuterte. Auf dem Dampfer „Düssel" der
Rheinischen Bahngesellschaft ging die Fahrt längs dem
Werft nnd längs dem Ausstellungsgelände. Vor diesem
Gelände hatte anf dem Strom eine im reichsten Flaggen-
schmnck Prangende Rheinflottille Anker geworfen, um
als Parade Vvr dem Schisf des Gastes zn dienen. Unanf-
hörlich donnerten die Grütze der Schiffsböller, bis der
Grotzherzog landete. Nach der Landung im Ausstel-
lnngsgelände meldeten sich bei dem Grotzherzvg oder
wnrden i'hm vorgestellt Generaloberst v. Loe, Kommer-
zienrat Kirdorf, Landeshaiiptmann Dr. Klein, die Jn-
genienre Schrödter nnd Dücker nnd Prof. Kleesattel.
Anf di'm Wege znm Krnppschen Palast hatten dic Düs-
seldorfer Kriegervereme mit ihren Fahnen Aufstellnng
genommen. Hier war es nicht unverständlich, datz das
Programm nach seiner Zeit etwas gestört wnrdc. Wenn
der Großherzog Fricdrich von Baden ergrante Krieger,
znmal wenn sie reichen Schmnck an Kriegsdekorationen
tragen, sprechen nnd ihnen die Hand drücken kann, dann
kennt er keine Grenzen höfisch beschnittener Zeit. Wie
trenselig nnd.innig blickte er den alten .Kricgern ins Ge-
sicht, wie warm drückte er ihnen die Hand, wie uner-
müdlich nnd wie froh ging er von Glied zu Glred, hoch-
erfrent über solch sinnigen Willkomm.

Zncrst begab sich der Grotzherzog znm Knippschen
Palast. Hier übernahm Excellenz Llrnpp selbst die Füh-
rung nnd steltte den Geh. Finanzrat Jencke nnd die Mit-
glieder des Direktorinms der Kruppschen Werke vor. Alle
Maschinen tvaren in Betrieb, nnd die Geschützc nnd
Panzertürme, soweit sie dazu eingerichtet sind, wnrden in
Bewegung vorgeführt. Jm Krnppschen Palaste nahm
der Großherzvg auch einen Jmbiß ein. Dann kam der
Pavillvn des Hörder Vereins an die Reibe; hier empfing
Kvmmerzienrat Tnll den Großherzog nnd übernahm die
Führung. Vvm Hörder Vercin begab sich der Groß-
herzog znm Pavillon des Bochumer Vereins, wo Kommcr-
zienrat Fritz Baare nnd Dr. Willy Baare den Gast em-
Pfingen und dnrch ihre Ansstellung geleitcten. Znnächst
führten sie den Großherzog vor die Büste ihres Vaters,
des nm Dentschlands ftidnstrielle Entwickelung hochver-
dienten Geh. Kommerzienrates Lonis Baare. Groß-
herzog Friedrich hatte Louis Baare sehr gnt gekannt nnd
ihn mit vielen Gnadenbewejsen ansgezeichnet; lange
weilte er vor der Büste Baares. Dann wandte sich der
Grotzherzog mit der Begleitnng znr Halle lllk., die die
Grnppen Polygraphische Gewerbe nnd Schnle nnd Unter-
richt birgt. Hier hielt er sich längere Zeit bei dcr Aus-
stellnng der Firma M. Dn Mont-Schaiiberg („Kölnische
Zeitnng") a»f. Die Chefs der Firma erwiesen die Eh-
ren. Der Grotzherzog änßerte sein Erstauncii über die
Entwicklnng der „Kölnischen Zeitniig", von der ein Band
im Format des Jahrganges 1814 nnd daneben ein
Jabresband in der heutigen Gestalt der Zeitnng vorge-
führt wnrden. Dann wurdcn im Betriebe vorgeführt
dic Harrispresse, die in Satz- und in Stcreotypdrnck Kar-
ten- nnd Briefhüllenarbeiten in kurzer Zeit in erstaunlicher
Menge liefcrt, serner eme Antotypiemaschie mit schwin-
gendem Zylinder und cine Rotationsmaschine für va-
riable Formate. Noch besichtigte der Großherzog in die-
ser Halle die Druckereien und die Maschinen der Firmen
Gebr. Dietz, Jagenberg, Flinsch nnd Qnack nnd Fischer.
Ein Rnndgang dnrch die Ausstellnng der gewerbllchen
Fachschnlen in Rheinland und Westfalen überzengte den
Gast Yon der hohen Bliite dieses Unterrichtszweiges in
den bciden westlichen Provinzen des prcntzischen Staates.
Ietzt wnrde die Besichtigimg der indnstriellcn nnd ge-
werblichen Werke nnd Pavillons nbgebrochen nnd noch
ein Besuch deni Panorama „Blüchers Uebergang über den
Rhein bei Caub" abgestattet.

Es war 2 Uhr geworden, als dcr Grotzherzog von
seinem ersten Besuch in der Ausstellung zu seinem Ab-
steigeqnartier im Breidenbacher Hof fnhr, Nach 2 Uhr
sand im „Breidenbacher Hof" eine Tafel statt.

An dem Essen nabmen anßer den Herren des Gefolges
teil: Oberpräsident Nasse, Regierungspräsident von Hol-
lenffer, Oberbürgermeister Marx, Excellenz Krupp, Ge-
heimrat Jencke, Geheimrat C. Lueg, Professor Fritz
Röber, Oberbürgermeister Haiimann, Dr. Wilms, Kom-
merzienrat Kirdorf. Gegen 4 Uhr fnhr der Großherzog

„Ein ctivas magcres Vergnügen für eine junge Dame."

„Ach Gott, aus Gesellschaften mache ich mir nicht viel."

„Abcr Sie wcrden boch Freundinncn lhabcn?"

„Eigcntlich nicht... mein Vater wünscht keinLn Verkehr
und —"

„Also ist er Ivirklich so streng?"

Sie errötcte leicht.

„Die Tante hat Jhnen Ivöhl erzählt? Mein Gott, er ist
cin alter Mann, ettvas Ivunderlich. Manchmal ist es ja nicht
leicht, mit ihm auszukommen; aber er meint es gewiß gnt mit
uns. Er Izat ja anch viel Aerger mit den Lcnten und wird
leicht heftig. Daß Fritz nicht gern Lckndwirt ist, ist sein gröhter
Knmmer, und darmn ist'er so streng mit ihm."

Sic hatte es zögcrnd und nachsichtig gesagt nnid schaute
nnn vcrlegcn bor sich hin. Um ihren Mund aber lag jetzt ein
müder, beiimhe ältlicher Zug. Sie erschien ihm rührend und
begehrenswert, ein Dornröschen, das der Befreiung harrte.

„ArmeS Fräulein," murmelte Platen, ihre Hand er-
greifend.

Eine arnie, harte, kleine Hcmd, der man die Arbeit an-
merkte. Jnnig drückte er seine Lippen daraisi, immer wieder,
bis sie sie ihm entzog.

Er kampfte einen schlveren Kampf mit sich selbst. Vor sich
das süße, licbe Mädel mit den prächtigen Aztgen, >das arme,
liebebedürftige Geschöpf... Er brcmchte nur aufziistehen, die-
sen schwellcnden, schönen, jugendlichen Leib in seine Armc M

wiederum zur Ausstellung und besichtigte hier zuna^!
deu Paviüon der Rheinrscheu Metaüwaren- und Mawl
uenfabrik „Ehrhardt". Aksdann besichtigte der Groh
herzog die Maschinenhalle unter Führung des
ters des Maschinenwesens auf der Aussteüung, Zivst
ingenieur Dücker. Hier wurde S. K. Hoheit nicht inü^'
die genialen Werke der rheinisch-westsälischen Jndusir^
kunst zu bewundern, nnd mit zarter Gewalt mutzte oo^
wärts gedrängt werden, nm das vorgeschriebene Pts''
gramm vor Anbruch der Dunkelheit durchznarbeiten. ^
der Gutehofsnungshütte, die atsdann besichtigt wurd»
führte Herr Geheimrat K. Lueg, und auch ü'ber diese groN
artige Entfattnng dcr Hütten- nnd Jngenieurkunst spra^
der Großherzog seine hohe Bewnndernng ans, desgleichr^
fanden die 'hervorragenden Erzengnisse der Deutzer WS'
motorenfabrik seine nneingeschränkte Anerkennung.
Anschlntz hieran lietz sich der Grotzherzog im Pavilloe
Goldschmidt-Esscn dnrch dessen Vertreter Herrn Wassi^
mann das Thermitschweitzverfahren vorführen, das
besonderes Jnteresse erregte. Den Beschluß seines sch^
ren Tagewerkes, das der greise Großherzog mit geradeZ^
bewunderungswiirdiger Ausdaner nnd Frische abwickelt^
niachte die Besichtigung des Bergbaulichen Vereins. Äw
Abend kehrte der Grotzherzog abermals znr AusstelluNZ
znrück, nm das Feuenverk und die Beleuchtnng in AugeR
schein zu nehmen. Etwa 50 000 Menschen standen KoA
an Kopf gedrängt, und als der greise Fürst auf dem Bal'
kvn der Hanptknppel erschien, wnrde ihm eine HutdiguNg
dargebracht, wie sic Düssetdvrf iiicht vst ertebt bat; imnie)
und immer lvieder mntzte. der Grvtzherzvg für die stürnM
sche nnd dvch ans vvllem Herzen kommende Begrüßunö
danken. Das Ausstellnngsgebäude geivährte mit seiiiek
herrlichen Beleuchtniig in Verbindnng mit dem prächll'
gen Feuerwerk, das sich in den Flnten des Vvn zaw
reichen belenchteten Schiffen belebten Stromes lvidek'
spiegelte, einen feenhaften Anblick. Nach Schluß
Feuerwerks stattete der Grvtzherzog dem Panorama Sub
denthal und Zillerthal nvch einen Besuch ab.

Heute, den 1. Oktober, mv'rgens, begab sich der Grv^
herzog wieder nach der Ausstellung nnd nahm im Fü^
stenzimmer des Hauptweiiirestanrants ein Frühstück eüu
Hier begrützte ihn Prosessvr Röber mit einer Ansprachsi
in der er den Grvßherzog als Mitkämpser in großer Zeü
und Förderer nationaler Einheit feierte. Ter Groß'
herzog dankte, indem cr betvnte, er habe nnr seine Pfli^
gethan. Was damals errnngen wordcn sei, solle abek
anch erhalten werden und dazn bedürfe es nicht nnr de/
nativnalen Kräste, sondern auch des Fvrtschritts ans ge^
stigem Gebiete, wie letzteren die Ansstellung in so he^
vorragendem Maße zeige. Er beglückwünsche die Staw
Tüsseldorf zu diesem großen Werke nnd fordere die ÄU"
wesenden auf, ein Hoch auf die Stadt Düsseldorf anszU'
bringen. Nachmittags Uhr verlietz der Grotzherzois
die Stadt, um znnächst nach Coblenz zn reisen. Au!
deni Hauptbahnhofe hatten sich u. a. zur VerabschsednUS
eingefnnden: der Regierungspräsident, der Oberbürgeo'
meister, die Herren der Ansstellnngsteitnng, Generoü
oberst von Loe nnd Geheimrat Krupp. Jn seiner N'
gleitnng befand sich anch Oberpräsident Dr. Nasse. Da^
Pubtikum brachte dem Großherzog stürmische Ovatiou^
dar.

Meine Zeitung.

— Bingc», 29. Sept. Etn zweiter Schiffsu R
saIk ist gestern Nachmittag bei Frelweinheim vorgo'
kommen, indem der etserne Schleppkahn „Eugen" des
Schiffers Hühnle, der ohne Streckenstencrmann zu Berö
fuhr, ein großes Leck erhielt nnd sank. Das Binger LoÄ
ist noch immer teilweise gesperrt, so datz die Schiffe do>u
stnndenlangen Ausenthatt haben. Der Unfall dort dürf^
auf den niedrigen Wasserstand des Rheins znrückzuführe^
sein, der die Schisfahrt überhanpt sehr zu behindeiR
beginnt. Sowohl die Schleppkähne wie die Giiter^
schraubendampser müssen vor der Durchfahrt dnrch da^
Gebirge nnd den Rheingan nmfangreiche Leichterung^
arbeiten vornehmen.

— Kasscl, 28. Sept. Tie heutige aus allen Teilr^
Deutschlands beschickte Versammtung von Vertretern del
stenographischen Schnle Stolze-Schrey hat einstiminiA
Folgendes beschlossen: Die Versammlung hält eine Eiiü'
gung mit der Gabelsbergerschen Schute in der ZukiMn
für ausgeschlossen, nnchdem die erfolglos gebliebenen Ver'
handlungen des vergangenen Jahr'es und auch die
gebnisse der jüngsten Revision des Gabelsbergerscheü
Systems gezeigt haben, datz eine Einlgnng zwischoU
Stolze-Schrey nnd Gabelsberger nur mit erh.eblichop
Rückschritten in Theorie und Praxis erkauft werde»
könnte. Die stenoaraphische Systemeinheit im deutschep
Sprachgebiet wird also nur auf dem Wege des fortgV'
setzten Wettbewerbes zu errclchen sein. 'Nach der Uebe^
zeugung der Versammlung hat das stenographische Ein^
gungssystem Stolze-Schresi in der jetzsg,en Form sich iM
Unterricht und in der Praxis, namentlich auch als Rede'
schrist, so trefflich bewährt, daß es keiner Aenderung be'

pressen, den rotcn Mund abzuküssen, bis ihr der Ate>»
berging...

Er fü'hltc, er lvußte, daß sie ihin nicht widerstreben würde>
und es trieb ihn dazu mit wildcr Lust. Sein Herz poäch
stürmisch, er blickte sic glühend an, schwcr atmcnd. Er lrebt^
sie, ja, cr liebte sie.. .

Plötzlich kam er zur Besiuuuug. War er denu imw^
noch das willenlose Opfer dcr Leidenschaft?! Was hakte ec
sich geschworen? I Er >wollte seinem Herzen nicht die Oberham
über den Kopf lassen; nicht das Blut nnd die Sinne, be-
Verstand sollte herrschen. War er denn sichcr, ob er es morgeo
nicht bitter bereuen würde, wenn er diesen Schritt that?

Lisbeth ahnte nichts von diesem harten Kampf. Er hat^
ihr die Hände heiß geküßt. Und wie hatte er sie dabei ang^
blickt I .. . Ach, aufjauchzen hätte sie mögen. Welch' eim
Stunde war dies! Sie brachte das Glück.

„Die Frau Professor schcint nicht so bald zu kommen;,^
muß also doch wohl gehen," sagte da plötzlich Platen gelass^'
als sci nichts vorgefallen, indem er sich erhob. „Berzeihen Src'
mein gnädiges Fräulein, daß ich Jhre Zeit so lmige in A0s
spruch genommenl Grüßen Sie den Onkel und die Tau^
Und auf Wiedersehen, morgen! Wann reisen Sie?" „
„Jch Iveiß nicht... in einigen Tagen Wahrfcheinliäi-
stammelte sie mit erblaßten Lippen. ,/

„Hm! Na, also bis morgenl Adieu, Fräulein Lisbetw
(Fortsetzung folgt.)
 
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