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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 229-255 (01. Oktober 1902 - 31. Oktober 1902)
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neben dem Gefühle des Unwillens auch das einer gewisseu
Wurstigkeit sich breit macht.

Herr Pfarrec Hebel ist gewiß des Glaubens, datz
er seine Sache mit dieser Erklärring verbessert. Er wird
bald erfahren, daß dieser Glauben Aberglaube ist. Die
von Herrn Hebel produzierte Bemerkung war schon ebenso
haltlos wie uugehörig, als sie im Privatgespräch zwischen
ihm und ciner gleichgesinnten Seele fiel. Vor harmloseu
Wähleru in die Oefsentlichkeit geschleudert, wird dic
Privatbemerkuug zu einer geradezu skaudalöseu Volks-
verhetzung. Die Klausel „Man kann solche Aeußerungen
nur aufs höchste bedauern", besagt nichts, wenn man nur
Hinweise auf die „dumpfe Stimmunci" im Lande und
andere Wendung vorbringt, die den Eindruck erwecken
müssen, daß solche Ausfälle nur bedauernswert, nicht
aber daß sie eiue unlautere, der Wahrheit zuwiderlau-
fende Hetzerei sind.

Ausland.

England.

Loudon, 2ll. Oktober. Der Ertrag der neuen
Zölle während des er.Üen finanziellen Halbjahres war
für Korn 1 186 337, Zucker 1 991 852, Kohlen 963 365
Pfund Sterling. Tie Gesamteinnahme des Staats-
schatzes aus Steuern betrug vom 1. April bis^18. Oktober
68 611 329 Pfund Sterliug, gegen 61 765 681 für die-
selbe Zeit im Vorjahre.

— Tie drei B u r e n g e n e r a I e B o t h a, de Wet
undTelareh sind am Mittwoch Nachmittag nebst Ge-
folge in London glücklich angekommen. In der Beglei-
tung der Herrcn befanden sich neben ihren Privatsekre-
tären auch Herr Wesscls, General Delaveys Tochter uud
seine Gemahlin. Hecr de Villiers, der als Privatsekretär
dcr Generäle fungiert, erklärte einem englischen Juter-
viewer, daß weder Botha noch de Wet und Delarey eine
Konferenz bei dem englischen 'Kolonialminister Mr.
Chamberlain nachsuchen würden. Der Aufenthalt der
drei Generale sei bisher nicht endgiltig festgestellt, soviel
könne indessen heute bereits gesagt werden, daß ste nur
eine kurze Frist in Londou verweilen werden. ^General
de Wet dürfte bereits an, 1. November nach Südasrika
zurückkehreu... Bei der Ankunft der ehemaligen Füh-
rer auf dem Fenchurch-street Bahnhofe wurde ihnen von
deni Publikuni eine mäßige Ovation zuteil, in deren
Erwiderung sie ihre Hüte lüfteten. Die Demonstratiou
uahm erst größere Timensionen an, al.s sich die Generäle
uebst Gesolge in dem Privaten Mietswagen niedergelassen
hatten, der sie nach dem Hotel bringen sollte. Ein Herr
gab den Anfang indem er seinen Hut schwenkte und rief:
„.Nip, hip, hurrah, ungeachtet Deutschland!" Auf dem
Wege zum Hotel uud seM bei ihrer dortigen Ankunft
blieben die Generäle unertannt._

Aus Stadt und Land.

--- jiunstvcrcin. Wie bcreits erwähnt, wurde am letztcn
Sonntaa die Sonderansstellung von Zeichnungen der Munchner
„Jugend" cröffnct. Jctzt, wo noch nicht die „Ueberschwem-
^ ^ - - ' ' '. ' -'-""-n Ausstellun-

ru. c

c.-:> großc

mung" dcr Kl'.iisid. . - -

gen zurückgesandten Bildcrn begonnen hat, tann man ^intt
Mutzc die aus der „Jugend" bekannten Zeichungen im Ori-
ginal studicrcn. Welche Füllc von Empfindung, welche Men-
schenkenntnis und geniale Technik liegt diesen Blättern zu
Grundcl Jn gleich künstlerischer Weise sind Humor und Ernst
behaiidelt. Man betrachte die prächtigen Titelblätter von
Halmi und Jank, dann die hervorragendsten Zeichnungen von
Münzer, Dictz, Nieth, Weinhold, Seih, Georgi, Hofcr usw.
und man wird erkcnncn, datz dic Mitarbcircr der „Jugend"
zu dcn bedcutendsten Talenten dcr jüngern Münchner Malcr
gerechnet werdcn müssen. Zwei recht gute Oelgemälde sandtc
Leo Meeser sein gebürtigcr Hcidclbcrger) „Verfolgte Bac-
chantin" und „Frühling", das erstcre Bild ist in Auffassung
sowie in malerischer Wirkung äuhcrst intcresfant. Anch das
andere in sehr ergicbiger Technik. Resi Borgmann, eine
Meisterin der Blumenmalcrci, hat cinige prächtige Bilder ge-
bracht, die in der leichten flotten Behandlungsweise, dic wir
so sehr an ihr schätzen, gehalten sind. Recht gut ausgeführte
Bilder sandte Johanna Koch, Cannstadt. Vornehme Aquarelle
sehen wir von dem Antwerpener Künstlcr Richard Fohdmcr,
„Jn den Dünen", >m „Hafcn" und „Waldeinsamkeit" sind
meistcrhaft gemaltc Stücke. Zu bemcrkcn ist noch, datz Guido
Schmidl von hicr dcm Vcrein zwci Oelgemälde zur Ausstellung
übcrlasscn hat; auf sic fci hicrmit hingewiesen.

Das stiidtische Gaswcrk hat im vorigen Jahrc 588 820
Mark (einschlichlich dcr Rückstände) aus Gas erlöst gegen-
übcr cincm Voranfchlag bon 478 800 Mk. Der Konsum von
Gas in dcr Stadt ist also crheblich gewachsen. Für Beschaffung
bon Gaskohlcn ist trotzdem wcniger ausgegeben, als im Vor-
anschlag vorgcsehcn war; cs ist dics auf den Zufatz von

Wassergas zilnickziiführen. An die Stadtkasse koiinten 231000
Mark statt der erwarteten 200 000 Mark abgeliefert werden.
Das rcine Vermögen der Gasanstalt, repräscntiert durch
Grnndstückc, Gcbäudc, Rohrnetz, Maschinen nsw., betrug am
Schluh des vorigen Jahres 1 257 863 Mk.; es hat sich im
letzten Jahr nm 96 801 Mk. vcrmehrt.

Das städtische Wasserwcrk vereinnahmte im vorigen
Jahr an Wasserzins 225 592 Mk, d. i. ca. 12 000 Mk. mchr
als voriges Jahr war; es lieferte 115 000 Mk. an die Stadt-
kasse ab (Voranschlag 140 000 Mk.). Das reine Vermögen
dessclbcn stellt sich auf 1 265 084 Mk., das ist 48 790 Mk.
mehr als am Ende des Jahres zuvor.

** DaS stkdtische Elektrizitätswerk hat im vorigcn Jahre
aus Stromabgabe 63 563 Mk. vereinnahmt, während nur
59 650 Mk. vorgesehen waren. Es lieferte an die Stadtkasse
29 000 Mk. ab (Voranschlag 25 000 Mk.). Das rcinc Ver-
inögen betrug am Schlusse des Jahres 941 267 Mk.

" Die städtische Abfnhranstalt hat im vorigen Jahre einen
Zuschutz von 39 000 Mk. statt der vorgeschlagenen 27 000 Mk.
erfordert. Dic unentgeltliche Kehrichtabfuhr ist daran schuld,
batz die Absuhranstalt sich nicht mehr direkt rentiert.

X Familienfürsorge im Gastwirtsgewerbe. Die segcns-
reiche Thätigkeit in Familienfürsorge für das Gastwirtgewcrbe,
welchc die Sterbekasse des Bundcs Deutscher Gastwirte (Ju-
ristische Person, Sitz in Darmstadt) so erfolgreich entfaltet, hat
stnch in Dadcn Wnrzel gefatzt und schöne Früchte gczeitigt. So
wurdc dcn Angehörigen der kürzlich verstorbenen Gastwirte
E. Knrcher, E. W. Schweichert in Psorzheim, T. Wcidensohler
in Freiburg und F. Ronecker in Oberkirch das ansehnliche
Sterbcgcld im Betrage bon Mk. 3975 durch dic Bezirks-Orts-
rechner wcnige Stnnden nach Einlauf der Stcrbeakten ans-
bezahlt. Wir vcrfehlen auch bei dieser Gelegcnhcit nicht, auf
dcn gutcn Stand und das erfolgreiche Wirken dieses ange-
sehencn und wcitverbreiteten Jnstituts aufmerksam zu machcn.
T>en dicser Stcrbckasse noch nicht als Mitglicder angehörenden
Gastwirten dürfte der Hinweis auf obige anschnliche Aus-
zahlnng ein Ansporn zum Beitritt zu einem so segensrcichen
^nstitnt scin.

Sinshcim, 21. Oktoüer. (D i e V e r b a n d s f o h l e n-
w c i d e) des nnterbadischen Pferdezuchtverbandes auf dem
Eichhof war, dem „Bad. Landesboten" znfolge, diesen Sommer
besetzt mit 51 Fohlen, darunter 18 Jährlinge nnd 8 Zwei-
jährigc, 21 Stutcn, 8 Wallachcn nnd 22 Hengste. Jnfolgc
dcr natzkaltcn Wittcrung des Frühsommers erkrankten leidcr
einige FoUen an Lungcnentzündung und Druse. Ein Fohlen
verendetc an crstercm Leiden, ein andcres blcibt danernd ge-
schädigt. Die übrigen gesund gebliebencn Tierc cntwickcltcn
sich rccht gnt und es sind bei denselben folgende GewichtSzu-
nahmen zu konstaticren: 1. bei Jährlingen im Marimnm
111 Kilogramm, im Minimnm 23 Kilogramm, im Durchschnitt
67,3 Kilogrcmim; 2. bei Zweijährigen im Maximum 110
Kilogramm, im Minimnm 19 Kilogramm, im Durchschnitt
67,1 Kilogramm. Die Weide wurde gcöffnet am 17. Mai nnd
Endc Scptcmbcr gcschlossen. Ein Tci'l 'der Föhlen verblcibt
anf dcr Weidc bis zum Winter. Nach Herkunft warcn aus dcm
Bczirk Heidclbcrg 11 Stück, Mosbach 10, Adelshcim 9, Sins-
hcim 3, Taubcrbischofshcim 4, Eberbach 4, Eppingcn 2,
Wicsloch, Wcrtheim, Schwctzingen, Buchen und Brettcn je ein
'Stück.

Aus Baden. Die Rote Kreuz-Mcdailtc haben
vom Kaiscr untcr andcren erhalten: Oberbürgcrmcister Franz
Webcr in Konstanz, Professor Konstantin Föhlisch in Wcrthciin,
Bczirksassistcnzarzt Dr. Guttcnberg in Freiburg i. B., Schlosser
Karl Koch in Karlsrnhc.

Aer Aergvau in Schantung.

Zii den Niissichten des Kohlenabbans
im S ch antn n g gebiet schreibt die „D. As. W." :
Fiir die Ausfuhr der Kohle kommt zunächst die Versor-
gung der deutschen Marine uud der deutschcu Dampfer
in Betracht, sodann der Verkaus an Schiffe unter frem-
der Flagge nnd schließlich die direkte Aussnhr nach ande-
ren Hafenstädten. Die Bedingungen, nnten denen die
Kohle Non Fangtse auf dem Markte erscheincn kann,
sind aller Voraussicht nach günstig nnd lassen keinen
Zweifel dariiber zu, daß der Kohlenausfiihr von Tsing-
tau eine große Zukunft bevorsteht. Der Bedarf an der
ostasiatischen Küste ist in schnellem Anwachsen begriffen.
Die japanische Kohle kommt wegen ihrer schlechten Be-
schaffenheit für den Wettbewe'rb wenig in Betracht;
nnter den in China selbst 'bestehcnden Kohlenbergwerken
aber hnt die Lagerstätte von Jangtse einc bevorzugte
Lage. Sie ist nur 175 Kilometer von der Küste ent-
sernt. Die Bahn, die sie mit Tsingtau verbindet, führt
durch so ertragreichs, dichtbevölkerte Gegenden und
lsildet ihrer Natur nach einen so vorzüglichen Handels-
wcg, daß. ihre Rentabilität nicht von deni Kohlentrans-
Port abhängig ist. Dic wahrscheinlich schon im Frühjahr
nächsten Jahres eintretende Möglichkeit für die Seeschisfe,
die Kohkcn an ciner eigens dasür geschaffenesi Mole im
großen Hafen direksi einnehnien zu können, wird die
Kohlenausfiihr bcgimstigeu. Die einzige Konkurrenz, die

für die Kohle von Schantuug an der ostasiatischen Küste
vorläufig ernstlich in Frage kommt, ist die Kaipinkohle.
Bei Kaiping wurde auf Veranlassimg Lihuugtschangs
schon 1878 der Bergbau unter der Leitung eines eng-
lischen Jngenieurs begonneu. Lihungtschang selbst war
ein bedeutender Aktieninhaber. Die „Chiuesische Ma-
schinen- und Bergwerks-Gesellschaft wurde 1901 in eine
englische Aktiengesellschaft umgewandelt niit einem Ka-
pital von einer Million Pfund Sterling. Sie besitzt
eine eigene Dampferslotte, sowie Kohlen- und Werft-
niederlagen in Tientsin, Shanghai, Hongkong, Kanton
und anderen Plätzen. Der Schienenweg, der die Kaipm-
bergwerke mit Tientsin verbindet, ist ein Teil der nach
Mukden sührenden Bahn nnd hat eine Länge von 95
Kilometer. Bekanntlich können aber nur Schiffe von
geringem Tiefgang zur Flntzeit iiber die Barre des
Peiho gelangen. Die Folge ist, daß diese höchstens einige
100 Tonnen Kohlen einnehmen können. Dieser ungün-
stige limstand war die Deranlassung, daß man es unter-
nommen hat, die Rhede von Tsing whang tau als Kohlen-
hasisti auszubauen. Die Eiscn'bahnstrecke von dort bis
Kaiping beträgt 125 Kilometer, also noch 60 Kilometer
weniger, als die Bahnverbindung zwischen Tsingtau und
dem Kohlenselde bei Jangtse. Doch geht dieser Vorteit
wieder völlig Vertvren durch den Nachleil der nörd-
ticheren Lage nnd die geringe kommerzielle Bedeutung des
Kohtenhafens.

Warum sollm Kinder
Kathreiner's Malzkassee
ttinlen?

WeiliramhafteAerztenachAcwiesenhaben
daß Bohneiikaffee den Kindern dnrchaus
nicht zutriiglich ist, während durch
Kathreiner's Malzkaffee mit Milch glänz-
ende Erfolgein dcm G d.ihen derKleinen
erzielt wnrden! Diescs G.tränk wird von
d.>n Kindern auch danernd gern genom-
men. wührend reine Mitch oft bald
widersteht u»d in vieten Fällen nicht
gut vcrtragc» wird.

LttterarisctieS.

—" Tie Verjünguiig dcs meiischlichcn Gesichts. Unter die-
sem vielversprechenden Titcl crschcint in dem socben zur Ver-
öffentlicyung gelangten ersten Bandc der „Bibliothek der Untcr-
hnltung und des Wissens" Jahrgang 1903, (1. Jahrgang 13
Bändc ä 75 Pfg., Union, Stuttgart) ein namentlich für die
Lcscrinnen hochinteressanter dlrtikcl, aus dcm hervorgeht, datz
man allen Ernstcs und init Erfolg dcn Kamps gegcn die Spu-
ren, die das fortschreitcndc Altcr dcm Gcsicht aufzudrückcu
pflegt, unternommen hat. Aus dem Jnhalt des Aufsatzes
Ivollen wir nur so viel vcrraten, datz mit Geduld und Energic
nicht nur Hautuurcinigkeiten, Fältchcn und Runzeln bcseitigt
ivevden können, sondern sogar auch das vielen Damen so lästige
Toppclkinn zum Verschwinden gebracht wirü. Die Bchandlung
selbst fällt auch empfindlichen Personcn in keincr Weise läftig-
Jn eincm bequemen Armsesscl sitzend und dcn Kopf auf desscu
Rückenlehne legenv, kann man niigcstörl dabe'i scincn Gcdankcu
nachgehen. Fedc Sitzung hintcrläht die crquickendc Empsiu-
dimg dcr Erfrischuiig. Der Aufsatz ist mit hübschen, dic Kur
dcutlich veraiischaulichcndcn Jllustcationcii geschmückt.

—* Socbcn ist im Verlage von Hermann Sccmann Nach"
folger in Lcipzig erschiencn:

„Tie klcinc Königin" betitckt Felix Hübcl scine neucste si^
ebcn in zicrlicher moderner Aiisstattung erschienene Erzäh-
lung. Preis M. 1,50. Hübcl giebt dcn typischen Roman dcr
Köingin, der kleincn, jungen, jimgfräulichc». I» ihrer knos-
penden Schönheit entfaltet sie sich prangend und läht viele
Hcrzcn in breiinender Schnsncht sich nach ihr vcrzchrcn. D:e
tollkühnsten Vcrsuche werdcn von Dichtcrn imd anderen Mäu-
iicrn gcwagt, ihre Licbc zu crringcn. Und auch in ihr begiuut
sich schatteuhaft eine uicht standcsgemätze Ncigung zu regen-
Abcr Prinzessinucn blühen nicht für jcdeul Prinzessinneu
gehören zu dcn Prinzen! Und es kommt cin Prinz. Und dcl
ist schr dumm, und den muh dic Prinzcssin heiraten. Du
'steht sie dann am Fenster imd ist schr traurig. Und die klciue,
jungc, schöne Königin ist vcrheiratet und lcbt dcn typischeu
Roman der Königin. D'as klingt wic cin Märchcn und ist auw

wisse Schwicrigkeiten der Ueberlieserimg nicht verkennt.
Taß heute die ganzc Bevölkerung von Jthaka in großcr
Llnfregung sich befindet, ist begreiflich. Denn von der
Lösimg jener Frage hängt ein Teil ihrer Zukunft ab.
Würde sich ivirklich Lcnkas als das wahre Jthaka erwei-
sen. dann würde sich der Strom der Gäste und Fremden
von ihrer Jnsel wegzrehen und ein Verdi-enst, der schon
jetzt eine große Summe im Jahr ausmacht, würde den
Leuten genommcn werden. („Zlllg. Ztg.")

— Rvm, 20. Oktober. Heute fand vor dem Bürger-
meister Cokomia als Standesbeamten die Ziviltrammg
des NrtillerieleuMants Pietro Afan de Rivera, des
Sohnes des Generals und Neffen des Gesandten Tor-
nelli, mit Donna Maria Castognti, die dem klerikalen
Adel angehört, statt. Die kirchliche Trauung sollte von
Kardinal Macchi vorgenommen werden. Dieser v e r-
bot dem Bräutigam, in der Unifor m eines italieni-
schen Ofsiziers an den Altar zu treten. Da sich der Leut-
nant dem Verbot natürlich nicht sügte, wird nunmehr
die kirchliche Tranimg vom Pfarrer von S. Carlo in
Catinari vorgenommen werden.

— Papst Lco XIII. Man schreibt der „Frankf. Ztg."
aus Rom vom 22. Okt.: L>eit gestern nimmt Leo XIII.
mit Bezug anf die Regierimgszeit unter den Päpsten
die dritte L-telle ein. Die Päpste mit der längsten Re-
giernngzeit sind jetzt Petrus, Pius IX., Leo XIII. Er-
reicht Leo XIII. noch den 20. Februar 1903, den Jubi-
läumstag seiuer Thron'besteigimg, so rückt er auch iu
Bezug auf das Lebensalter an die dritte Stelle; destn
nnr zmei Päpste wnrden über 93 Jahre alt: St. Agatho,
gest. 682 imd S. Gregorius, gest. 1211. Am 19. De-

zcmbcr 1903 könnte Papst Leo XIII. auch sein sünfzig-
jähriges Kardmalsjubiläum feiern.

-- Brisbanc (Oueensland), 10. September. Ein
wohl kanm dagewesener S ch w i n d e l wurde durch eincn
hier kürzlich verhandelten Prozeß enthüllt. Ein Mr.
Campbcll hatte den Eisenbahnfiskus wegen dcr Suimne
von 200 000 Mk. verklagt: dnrch den mangelhaften Ver-
schlnß einer Wagenthür sei er 'beim Heransfallen schwer
zn S-chäden gekommen nnd völlig gelähmt worden. Oü-
gleich sich der Verunglückte bereits seit acht Monaten im
Krankenhanse besand, mußte er auf einer Bahre iu den
Gerichtssaal getragen werden. Ein gewisser Henderson
beschwor, dcn llnfall mit angesehen Zu haben. Turch
einen Zufall brachte nv.n der Richter in Erfahrung, daß
dieser Zenge in Neusüdwales angeblich ganz denselben
Ilnfall erlitten häben wollte und, da Campbell die That-
sache beschwor, auch richtig eine Entschädigung von
36 000 Mk. erhakten hatte — natürlich imter ganz an-
dcrem Namen. Jetzt drehte das Brisbaner Gericht den
Spieß nm nnd verhaftcte den Plötzli-ch nicht mehr ge-
lähmten Campbell. Henderson war schleimigst verdnstet,
ist aber in Bancouver gefaßt worden nnd auf dem Wege
hierher. Für den Schwindler war es sicher keine Klei-
nigkeit, acht Monate hindurch den völlig Gelähmten zu
spiclen.

Ußeater- und Kunstnachrichten.

Berlin, 21./Oktobcr. Jn cincr vorgcstern stattge'habtcn
Versammlung drs Verein s zur) Förderung >d e r
K u n st, iu dcr Abschnitte aus' Werken der russischcn Kunst bvr-
gelcseu uud crläutcriidc Vorträge dazu gehalten wurdcn, teilte

nach dcm „Vorwärts" dcr Vorsitzcnde dcn Vcrsammclten m'ck-
datz ein Vortrag dcs russisch-drutsthcn Musikschriftstellers Nikv'
laus B e r n st e i n ausfallen m ü s s e, da Herr Berisi
stcin vou dcr Bcrliner Polizci ausgcwicsen wordeu sci. Dct
Grund der Ausweisung ist imbckannt, doch soll, wic in dei'
'Versammlung behanptet wurde, cin Gcrücht kursiercn, wonaä'
20 'Bcrliner Musikkritiker, dic Herru Beruftein übcl gcsiiusi
seien, seine ?lnsweisnng in cincm an das PolizcipräsidiuR
gcrichtctcn Schreibeu bcfürwortet hütten. Von Berlin sei HM't'
'Bcriistein nach Hamburg gegangeu, aber auch vou dort ausg^
'wiesen 'worden, und zwar unter der Begründung, das; HaM
burg durch cin zwischcn dcu dcutschcu Bundcsstaatcu bcstchciide-
Bcrtragsverhältnis gczwungen sei, jcdcn aus irgend cincR
Bundcsstaat ausgewicsencn Ausländcr, dcr nach Hambisi'ö
kominc, ebenfalls auszuwcisen. Die Hamburger Polizci ju')
Hcrrn Bcrnstcin ausdrücklich crklärt 'habcn, dah sic dcn Gru>u
dcr Auswcisung nicht habe crfahrcn könncn und ihn für cn'ä'
iinbescholtcncii Mcnschen halte, der sich auch politisch nicht bc-
thätigt habe.

Humpcrdincks „Tvrnröschen". Humpcrdincks neues
ist cine Art Weihmärchen, iu eiucm Vorspiel und drei Akä'
von E. B. Ebeling-Filches, lehnt cs sich.cngc an das Grimmsst^
Märchcn an, das er modern zu vertiefen sucht. Das
zcrfällt in siebcn einzelne Bildcr, dcren Ucberschriftcn lautcU;
Vorspiel: „Die goldcncn Tcller"; crster Akt: „Die Spindc' '
zweitcr Akt: „Jm Ahnens'aal", „Dämonia" und „Jm Rcmst
der Sterne"; dritter Akt: „Die Ringe" und „Die Erlösuuö '
Jm Personenverzcichnis sind' vcrschied'cne Rollen mit Zeichc's)
dic durch eine besondere Anmcrkung dahin kommentiert U'c')
den, datz die Rollen durch Schanspieler oder Sängcr ivicdct
gcgeücn und im letztcren Falle dis hicrfür geeignetcn Stcsist-,
im Äi'clodrama gcsungen statt gcsprochen wcrden sollen. -P.
Mclodrama also ist in Permancnz crklärt, ohne das; das gh".),
Wcrk als ci» solches zu bezcichrieii wärc, d'cuii es cnthält '
scinen 33 Mnsiknummern Gcsangsvarticn.
 
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