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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 256-280 (01. November 1902 - 29. November 1902)
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Prinzessin gesiern Akentz-7 Utzr son Zchloß Snlem zu
dauecndem Wi> lerau'enihail hicr ewgelroffea r-nd haden
jm Baluis in dcr Karlsnatze Wvhuung bezoaen.

uc KarlsrIIhe, 24. November. Mit dem 'A II-
bau vou Taüak besatzten sich im Großherzogtuni
jm Erntejahr 1901 uach der endgiltigen Aeststellung
37 ü87 Pflanzer, die zusaminen eine Miche von
717 821 Ar bebauteu. Jm Vergleich zum Vorjahr hat
sich die Zahl der Pflanzer um 4413 (13,3 Prozent) und
bie der Anbaufläche nm 97 707 Ar (15,76 Prozent) ver-
mehrt. Diese Zunahme verteilt sich auf alle Bezirke,
ciuch auf die, in denen seit einer Reihe von Jahren ein
ständiger Rückgang des Tabakbaues zu verzeichnen war.
Die llrsache hierfür liegt in den günstigen Tabakpreifen
der vorhergegaugenen Iahre. Anch wird aus einzeinen
Bezirken geltend gemacht, daß die Preise siir die übrigen
Handelsgewächse oder sür Getreide minder giinstig wa-
ren, weshalb man sich umsomehr dem Tabakbau zuge-
wendet habe. Ter Gesamtwert der Tabakernte des Jah-
res 1901 betrng nach den erzielten Durchschnittspreisen
9 152 463 Mark gegen 8 953 737 Mark im Vorjahre,
somit mehr 198 726 Mark (2,21 Prozent). Jm lausen-
den Erntejahr 1902 ist nach den vorliegendeu vorläufigen
Feststellungen sowohl hinsichtlich der Zahl der Tabak-
pflanzer als auch bezüglich des Ilmfanges der mit Tabak
bebanten Fläche ein Rückgang zu verzeichpen. Die vor-
läufig ermittelte Zahl der Pslauzer beträgt nämlich
37 431 (weniger 150) und der Flächeninhalt der be-
bauten Grundstücke 706 964 Ar (weniger 11 867 Ar).

Aus der Karlsruher Zeitung.

— ES wurden die Expcditionsassistentcn Ludwig Diehl,
Fricdrich Eisenlohr Tmd Julins R n f bei der Fcntral-
verivalrnng zn Betricbssekretären ernannt.

K a r l s r n h e, 25. November. Am Sonntag Vor-
mittag nahmen die Höchsten Herrschaften an dem Gottes-
Lrenst in der evangelischen Stadtkirche in Baden teil.
Abends besnchten diefelben das Abonnementskonzert im
Konversationshanse. Gestern, Montag,^Vormittag von
halb 10 Ilhr an bis gegen 1 llhr hörte Teine Köingliche
Hoheit der Großherzog in Schlotz Baden den Vortrag
des Präsidenten Tr. Nieolai, welcher sodann nach Karls-
ruhe zurückkehrte. Zur Abendtafel waren verschiedene
Einladnngen ergangen. Nach Eintreffen der bedauer-
lichen Nachricht von dem unerwarteten Hinscheiden des
Wirklichen Geheimerats KrupP sandte der Grotzherzog
gemeinsam mit der Grotzherzogin der Witwe des Ver-
storbenen telegraphisch den Ausdruck der wärmsten Teil-
nahme und des treuen Mitgefühls an üem s-chmerz und
der Lrauer der Angchörigen. Der Grotzherzog beanf-
tragte den Präsidenten Nicolai mit seiner Vertretung als
Kommissär bei der ani Mittwoch stattsindenden Bei-
setzungsfeier und benachrichtigte Frau Geheimerat KruPP
von dieser Absicht. Letztere sprach darauf den Wnnsch
aus, daß Präsident Dr. Nicolai schon am Dienstag der
Einsegnnng der sterblichen Hülle anwohnen möge nnd so
reiste derselbe schon hente früh 3 Uhr nach Essen ab.
Ter Großherzog. die Grotzherzogin und die Kronprin-
zesfin von Schweden und Norwegeu begeben sich morgen
Normittag 9.50 llhr nach Karlsruhe und gedenken da-
selbst bis Donnerstag Nachmittag zn verweilen. Die-
selben wollen am 27. Ihre Königlichen Hoheiten öen
Erbgrotzherzog nnd die Erbgroßherzogin nach deren Ein-
zng in die Stadt im Schlosse willkommen heiszeii nnd mit
dem gesamten Hofstaat begrützen.

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AusLand.

Frankreich.

Paris, 25. Nov. Jn dem Verlage der Buchhandlung
Fasqnelle erscheint in den nüchsten Tagen der zweitc Band
der von Joseph Reinach verfaßten Geschichte der
Dreyfus-Affaire. Er behandelt die Persönlichkeit
und die Rolle Esterhazy's und enthält eine Reihe bis-
her unbekannter Einzelheiten und das Verhältnis von
Esterhazy zu dem deutschen Militärattachv Schwartzkoppen.
Reinach konnte sich dabei direkter Mitteilungen Schwartz-
koppens sowie der noch nicht veröffentlichten Memoiren des
Botschafters Fürsten Münster bedienen.

Englaud.

.— Das llnterhaus hat die gegen die Brüsseler Zucker-
konvention gerichtete Resolution Harcourt mit 213 gegen
130 Stimmen abgelehnt, und die Resolution Balfonr,
welche die Brüsseler Z u ck e r k o n v e n t i o n g e n e h-
m i g t, angenomme n.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 2ö. November.

-j- Voir der Universität. An unserer Hochschule hat sich
eiue neue schwarze Verbinduug „Nicaria" aufgethan.

-p An dic satisfaktionsgedcnde Studentenschaft der Nui-
versitüt Heidclberg erlätzt die Burschenschaft „Frankonia" fol-
gcnden Aufruf: „Kommilitonen! Die Häufung der Pistoten-
duelle in der deutschen Studentenschaft veranlatzt uns, unsere
Kommilitonen zu eüier gemeinsamen Aussprache einzuladen,
in welcher die Möglichkeit erwogen werden solle, dicse Duclle
in Zukunfi einzuschränken. Wir üitten die Kommilitonen, stch
zu einer Studcntenversammlung am Freitag, dcn 28.
Nuvember d. I., abends 8 Uhr, im grotzen Saale der
Harmonie möglichst vollzählig einzufinden. Es handelt sich
bei dieser Aussprache in erster Linie darum, in der gefamtcn

wie es die Figur hatte, dte Herr Holstlein schuf, auch die
Haltung war richtig, mehr Ruhe in der Sprache, eine gewisse
Nüchtcrnheit des Tons, eine gewisse Gedämpstheit der Laute
war zu vermisseii. Jm Ganzcu schnitk er beim Znsammenspiel
mir der Künstlerin nicht übcl ab. Brack ist 45 Jahre unb
schon etwas bequcm; Herr Brandt zeigte in dcr Maske
dcn tonvcntionellen Lebcmann, das war nicht nötig. Gefordert
war ein Gentleman des vorgeschricbenen Alters. Wenn Herr
Arandt spricht, hat cr ja alle für sich. Er unterstreicht nicht
nnd sagt die feinsten Dinge in einem gutnatürlichem Ton. So
fügte auch er sich dcm Ensemblc anfs Schönste ein; die Regie
lag in seiucn Händcn; es griss alles (bis auf eine Klcinigkeit
im crsten Akt) richtig in einander. Fräulein Hohenau spielte
iiicht ohuc Geschick die Tante Jule. Jm Grotzcn und Ganzen
gebührt der Direktion wicdenim dic wärmste Anerkettmmg
für das künstlcrische Untenrehmen dieses Abends. L. VV.

Studentenschaft der Ueberzeugung Bahn zu brechen, datz zum
Austragen von Ehceuhäudeln die blauke Waffc am geeignctsten
ist. Es handelt sich weiter darum, Mittel zu findeu, uni
Reiüuugen zwischen 'studenten und Offizieren vorzubeugeu,
bei den ehrcngerichtliche» Verhandlungeu für die Gleichberech-
tigung der Studenten mit den Offizieren zu sorgen, und schlietz-
lich die Pistole als Austragswaffe beim Zweikampfe zwischen
Studenten und Offiziercn möglichst auszuschlietzen nnd an
chre Stelle die blanke Wafse treten zu lasscn. Wir sind der
Ueberzengung, datz diesen Fragen jeder dcutsche satisfaktions-
gebende Stndent Jntercsse cntgegenbringt, dntz sie auch wichtig
genug sind, nm über üestehcnde Mciniiiigsiiiitcrschiede in der
Heidelbcrger Studentenschaft hinwcgzngehen und eine cinmütige
Stelliingiiahme erreichen zu können."

V Atndem'ischcr Vortrng zu Gunsten des Frauenvercius.
Der Vortrag des Herrn Prosessors Kahle über „Heidnische
Reste im Glanben und Kult der christlichen Germanen" ging
aus von dem Abstand, der zwischen Heidentum und Christen-
tum bestcht. Dem Heiden war die ganze Natur bevölkert.
Der Vielhcit seincr Göttcr stellte sich die christliche Dreiheit
entgegen. Welches Vcrhältnis fanden die Gcrmancn zu dem
neuen Kulrl Als sie den iieucn Glaubcn empfingen, hatten
sic schon eine Kultur, ja sie warcn von Rom aus schon ciniger-
matzen vcrfcinert. Jn das Christentum Roms hatte sich viel
Heidentum und Aberglauben eingeschmuggelt. Die selili
Lehre des Erlösers hatte ein glänzendes aristokr'atisches Ge
wand eihaltcii. Eine solche Kirche nahtc bekehrend den Ger-
maiien, altem Aberglauben im eigenen Schotze konnte sie nicht
wehren. Als den Germanen durch die jugendfrischeu begcister-
ten Angelsachsen das Christentnm gebracht wurde, verfolgte ma»
im allgemeinen zwei Wege, den der Gewalt und den klugcr
vorsichtigcr Schoimng alter Bräuche. Statt die Tempel, die
man vorfand, als heiduisch zu zerstören, wcihte man sie zu
Kirchen um, statt die hcidiiischeu Fefte auszurotteu, bildctc man
sie zu christlichen Festcn um. Für die Abstraktion des Geistes
Gottes hatre der Germane kein Verständnis. llnter Gott meinte
er ücsonders Christus, den er sich als Lord, Brotvater, Ge-
solgsherr dachte, und dem er als Gefolgsmauu Treuc schuldig
war. Den Führer schmückt besonders Milde, das heitzt Frei-
gebigkeii, so gilt Milde als besondere Tugend der Menschen,
die das Gcsinde des Herrn find. Auf Glauben und gutcn
Willen kommt es im allgemeinen wenig an, im Berhältnis zu
Gott gilt gewisseriiuißeu das <Io ut äss: der Mensch preist
Gotr, lim die Gabc der Glückseligkeit zu erlangen. Die soge-
naiinte duldeiide Scire des Christcmnins war dcm Germancn
schwer vcrstäiidlich. Die Ansicht von der Bcrümerlichung des
.Christciiturns durch die Gcrmanen erscheint bei näherem Zu-
schanen als Phrase. Christus isr Streiter, Sieger über dic
Hölle, er sitzt nnf dcr Himmclsburg (arr) und schützt die
Scilicii als Schuhgcber, Hortlvart, Gefolgsherr, truhtin. Wie
ein kriegerischer Volkskönig cntbietet er seine Manncii zur
höchsten Halle des Himmels, wo sie danu ein Lcbcu voll
Glückseligkeit führen. Redner erinnert an die Liedcr vom
Baucriihiiiimel und auch an das Lied, wo es heitzt „Marga-
rcth backt Küchlein gemig, Petrus schenkt 'cin." Die christlich-
gcrmaiiische Varstellung, datz der Gläubige nach dem Tode
zu einer frohen grüncn Wiese gelangt, fand sich bereits im
frühcn Altertmn. Versehwanden die alten göttlichen Mächte
aus dcm Bewutztsein der Germanen? Keineswegs, sie wurden
nur üis Christliche nmgebildel. Wie bei 'den Römcrn Maria
an Stelle der Vcnns, Magna Mater, JsiS trat, so bei dcn
Germanen an Stelle der Frikka. Ueberall, wo in Wäldern
an entlegenen Stellen Maricnbild'er zn findcn sind, liegt der
Verdacht alten Götterknltus bor. Auf unserem Heiligenberg
fand man einen Votivstein mit 'der Jnschrift Mereurio
Cimbrieo, mit welchem Namen man Wadan bezeichnct. Hier
ist seine Eigenschaft als Totengott, die ihn dem scelengeleiten-
dcn Mereur verwandt macht, hervorgchoben. Nn Stelle Wo-
dans, des Totcnzugansiihrers, tritt Michael, dcr christlichc
Scelengeleiter. — Jm Heidentum lictz man als Weihgabe für
den Vegetations'dämvn, den Wodendüwel oder wohl a»ch die
'Frau Wode einen Busch stehen, den man mit Blnmeii be-
kränzte, um eine gutc Ernte zu erflehcn. Analogc Gebräuche
fiiiden sich in christlichcr Zeit; wie man im Heidcntuin drei
Halme für dcn Oswalden stehen lätzt, so dankt man später
dcr heiligsten Dreifalligkeit, anderswo brachte man als solch»
Opfer Noggenbrot oder Nndcln dar. An. Stelle des Oswalden
trat der Sankt-Mähar. So finden sich zählreiche Zengnissc,
datz frommer Branch das Lebcn.von der Gebnrt bis ziiin Todc
begleitete »ud datz man ihn ins Christcutuni herübernahm.
Sprüchc, um den auf der Flur liegettdcn Zaicker aufziihcben,
findene sich hicr wic dort. Das Brot- »nd Eieropfer wird dnrch
das Palmopfer ersctzt. Der heidnische Brauch der Bittgänge
und Umgchuiigeli der Flur lebt weiter in der Art, wie man
den Patron in langem Zuge durch die Felder führt. So
bekräuzi niau daS Bild dcs heiligcn llrban mit Blumcn nnd
Rebenblüte und führt ihn einher. Der Pfarrer mit dcr Mon-
stranz zn Pferde, begleitct von Bauernburschen zn Pferde,
reitet am Leonhardstag durch die Flur. Jn alter Zeit wurden
blutige Opfer dargebracht, später üraehtc man dem Leonhard
kleine chcrnc Pferde als Gabe dar. — Rcdncr kommt noch anf
bcn Tokcnkult der Germanen zu sprcchen. Ilach der alten Vor-
stellung fordert die Scele Speise und Trank. Jn der Ober-
'pfalz glaubtc man, die Seclcn seien am Allerseelentage frei.
Illlgeniein brachte man ihnen Opser in Wcin, Mehl, Brot und
Licht. Das Gclagehalten un'd Tanzen auf den Gräbern muhte
Karl der Grotze vcrbicten. Die Toten heischen das Opser, sonst
schaden sic dcn Menschcn. Auch 'das Trinken der Martins-
weine, die Martinsgans, die Christ- und Marienmiime gehen
auf Heidnisches znrück. Dabei bedeutete Minne zuerst me-
moria, dauu amor. „Libs amorsn 8anoti lollamus", dcr
JohaiiiiiSwein, die Gcrtraudtenminnc (Gertraudt ist dic Schutz-
patronlii der Schiffcr; man trank ihr in eincm Glase zu, das
die Form cines Schiffcs hatte) geht auf altc heidnischc Bräuche
zurück. Hier kanu man pielleicht auch für unsere Abschieds-
schnäpse eine Stelle sinden. So crhält sich altcr Brauch durch
Jahrtausende, man soll nicht Eif-er zeigen, solche Reste aus-
znrotten.

Kniser Pnnvrnma. Jn dieser Woche lvird den Besuchern
des Panoramas ein besondcrs hoher Genuh geboten; dasselbe
bringt Ncapel, Pompejr und einen Ausbruch dcs Vesuvs zur
Ausstelluiig. Ju berauschender Naturwährheit und wundcr-
barcr Klarheit lvird uns Neapel in seincr malerischen Schön-
heit gczcigt, nachdem wir alle Herrlichkeiten dieser Stadt in
Augenschein genommen haben, machen wir cinen Ausflug nach
dcm Vesup, bekommen hier einen Bcgriff von einem Lava-
felde imd lvohneii 'dann dem Ausbruch desselben in nächster
Nähe üei, wenden uns nun nach Pompeji, ivo wir die ausge-
grabenen Denlmäler eiuer grotzen Kulturepoche beivundern.
Dcm Vielgercisten, dcr diese herrlichen Gcgenden in Natnr
gesehcn, bietcn die prächtigen Aufnahmen eine willkommene
Erinnernng, andcrc, und insbesondere anch der Jugend, ivert-
volle Belehrung.

-st Bergbalm. Wie die Direktion in dem Jnseratenteil nn-
screr Zcitung bekannt giebt, wird dcr Betrieb der Bergbahn
für dieses Iähr von morgen ab eiugestellt.

Ein Nnmensch. Vcrgangenen Montag Abend kam der
Stadttaglöhner Joh. Fischer in augetrunkcnem Zustande
in seine in Schlierbach gclegcne Wohuung. Die Familie besteht
mis Mann, Frau und drei Kindern. Das älteste von den drei
Kinderu, der clfjährige Stiefsohn Fischers, namens Friedrich,
hatte eiue schwere Krankheit (Bauchfellentzündung) dnrchge-
macht und war, oblvohl auf dem Wege der Besserung, immer
noch bettlägerig. Als die Frau ihrem Maun Mitteilung da-

vou machre, datz sie auf Iliiordmmg des Arztes sür den kranken,
K'uaben ein Flä,chchen Champagnec zum Preise von 3 Mark
getausl habe, geriel diescr wegen der Getdalisgabe iii grotze
Wut, schlug seine Frau, warf ,eine zwei leiblichen^-Kindrr im
Alter vvn ö und 8 Jahren auf den Bodeu, ritz den kranten
Knaben zum Becr heraus uud urachre den Bersuch, ihn zum
Kenster hlnauszuwerscn. Der Knabe kam durch diesen VorsaU
m eine solchc Ausregung, datz er alsbald, von einem Herz-
schlag berrosfeii, eine Leiche war.

X Schöffeugerichtssitzung vom 24. November. Joses
Bossert von hier erhielt wcgcn Diebftahls 3 Lage Gesängnis;
Theodor Augspurger von Neckarhäuscrhof ivcgen Belcldigung
20 Mark Geldstrafe; Peter Löschmann von Eppelheim wcgen
Beleidigung 80 Mark Gcldstrnse; Gcorg Ewald von hier
wnrde von dcr Anklage wegen Vergehens gegen die Gewerbe-
ordnillig freigesprochen; Aerdinand Abele, Heinrich Guland,
Ferdinand Baierle und Karl Eberle von Heidclberg sind wegcn
Rilhestörimg, groüen llnfngs, Körperverletzung und Widerslands
angeklagt; es erhielten Abele 0 Tage Hafr und 1 Monar 8 Tage
Gefängnis, Guland imd Eberle je 2 Wocheu Gefängnis,
Baierle wurde von der Anklage srcigesprochen; Magdalenc
Ileberlc hicc erhielr wegen Diebftahls 3 Tage Gesängnis;
Ernst Lridwig Bodin von hier erhielr wegen Ilnterschlagnng
2 Wochen Gefängnis; Philipp Ewald von Dossenheim ivegen
Hehterei 3 Tagc Gefängnis; Valenrin Flötzcr von Ludwigs-
burg, Johannes Bretschi und Adam Jakob von Alrenüach wur-
de» von der Anklage wegen Äörperverlctzung freigesprochen;
Jakob Bissou, in Hafr hier, erhielr wegen Berrugs und Be-
rrugsoersiichs i Tagc Gefäugnis; Jatob Saurer, Fricdrich
Kiesel u»d Georg Scnn, in Hafr, sind lvegen Haussricdens-
bruchs angeklagr; sauter erhielt 14 Tage, Kiesel 8 Tage und
Seim 8 Tage Gefäugnis.

X Polizcibcricht. Ein Gärrncc wnrdc wegen BettclnS
iind ein Kaufmann wcgen groben tlnfugs llerhasler. Wegen
IlnfiigS tämen zwei Personen zur Anzeige.

-i- Wicblingcn, 26. Novcmber. (E rtru n ke n .) Gestern
früh verbrcirere sicy hier die SchrcckenSnachricht, datz zwei
Knabcn im Neckär ertrunten seien. Tcn ganzen Neckar enr-
lang liefen die Elrern znsammen, uin ihre Kinder vou dem
«chlittenfahren und Schlittschnhlanfen zu holen. Es stellre
sich herans,datz die zwei iieiiiijährigenSchwäger, demTaglöhncr
Winter nnd dem Tüncher Blum von hier gehörig, ihren
Tod gefundcn hatten. Die Knaben fuhren auf dcm EtS mir
noch mchrcren Kindern Schlitten, plötzlich brach Blum mir
seinem Schlitten ein. Winrer, der am nächsrcn zur Srclle
war, wollte ihm Hilfe leisten, reichte ihm die Hand, doch der
dem Ertrinken nahe zvg Winrer mit in das Wasser hincin,
und so ertranken beide. Der Vater des Winter, der rn der
Dcntschen Holzwarenfabrik arbeitet, hinter der üas Ungtück
passierte, zog selbst seinen Knaben und seincn Neffen als
Leichen auS dem Wasser. Alle Wiederbeleüuugsversuche bliebcn
leider erfolglos. Die Eltern sind brave, fleitzige Leure und
werden aUgemein bedauerr. Eine Mahnung wird es haupr-
sächlich sür die am Ileckar wohnendeu Eltern sern, datz sic
ihre Kinder bei Thauwetter und an den Srellen, wo es ries
ist, wie -es hier der Fall war, verbieten, auf das Eis zu gehen.

f INannhcim, 25. Icovember. (D i e hicsige S r r a f-
k a m m e r) beschäftigre sich heute mit der Schlügerei, welche
sich in der Nachl vom 12. zum 13. Okrober hier äbgespielc
und die vcrhänguisvollerwcise mit dem Tode des 19jährigen
Kaufmanns August Wocruer geendigt harte. DaS Gerrchr cr-
kannte zwar an, datz der Hauprangeklagre, der Gipser Valeniiu
Gottervarm, der 'den Wocrner erstochen, in Norwehr gehandelr
habe, betrachtete aber im übrigen die Affaire nuter dem Ge-
sichtspnnkte des.Paragraph 227 R.-St.-G.-B. (schlägerei, bci
der jemaiid getötet wurde) imd verurteilte Gorrerbarm zu
1 Jahr, den Kaufmann Karl Weltmann zu 6 Wochen, den
Gipser Heinrich Brunn und die Taglöhner Richard Harz und
August Fellhauer zu je 2 Wochen Gefüngnis. — Ferner verur-
teilte die Strastämmer die 17 Jahre alte Rosina Hirtle von
'hier, ioelche ihr neugeboreues Kind erstickt und die Leiche im
Kücherhcrd verürannt hatte, wegeu Kindcstötung zu 1 Jahr
Gefäugnis.

Badcii-Badcn, 26. November. (Feuer.) Gesterir
Nachmittag brach im Scitenbau des K l o sl e r S zu L i ch t e n -
rhal Feuer aus, das den Dachftuhl sofort ergriss. Die
sosort zur Hilfcleistung herbeigeeilten Feuerwchren bon Lichten-
thal und Bäden konnten dcn Brand bald crsricken, so datz
nur der Dachstock dcm Fcuec zum Opfer fiel. Der Schaden,
auch durch Wasscr vcrursacht, ist immcrhin cin üelrächtlicher.

AuS Bndcn. Der untcr dcm Namen „H egausäng e r"
im ganzen Lande wohlbekännte Richard <otocker, Obcrrevisor
in Waldshut, feierr kommendcn 4. Dezember seinen 70. G»-
burtstag.

WetUer- usw Kuultnuchrrchten.

Hcideldci'a, 26. Nooember. (S t a d t t h e a i e r.) Fratt
Alwine Wiecke wird morgen, Donnerstag, die „Magda"
in Sudermanns „Heimat" spielen, ivclchcs interessante Srück
zu diesenr Zwccke ncu iuszenicrt wurde. Die Hauptrollen wer-
den gespielt von den Damen: Mathilde Bauer, Fischer,
Hohena», Serten, Marie Bauer, Olden, und den Herreni
Sigl (Regisseur der Vorstellung), Eckhof, Holsrcin, Brandr,
Grotzmann, Schncider. Es wird jedenfalls hohes Inreresse ge-
währen, die ausgezcichnete Künstlerin Frau Wiecke in der weib-
lichen Hauptrolle dcr Magda, nach'dcm sie uns in ihrer Hcdda
Gabler eine so ausgezeichncte Leistrmg geboten, zu sehen. Dw
Vorstellnng findet auher Abonnemcm statt.

Kleine Zeitung.

— RüdcSheim, 25. November. Nachdem sich, wie voi^
auszusehen war, dcm Plane allgemeiner N a r i o n a l f e st-
spiele auf dem It i e d e r iv a l d grotze Schwierigkeiten eni-
gegengestellt haben, soll, dem „Rhemgauer Anzeiger" zufolge,
jetzt über die Auflösung des vor mehreren Jahrcn gegründeten
Vereins und Verwendung des Barvermögens beschlossen wcr-
den.

— Bcrlrn, 25. November. Der Pcozetz gegeu
den Grafen P ü ck l e r vor dem hiesigen Landge-
richt ist heute noch nicht ganz zn Ende geführt. Es son
über den einen Punkt der Anklage, Beleidrgnng von Be^
amten dnrch den Satz: „Unsere Behörden laufen wß
toll und verrückt hinter den Juden her", in einem späterett
Termin noch nener Beweis erhoben werden. Jm übrigeu
ist Pückler wegen Beleidignng des Sanitätsrates Di'-
Naumann in Glogau zu 300 Älk. Geldstrafe nnd wegeN
Anreiznng zn Gewaltthätigkeiten in zwei Fällen
700 Mk. verurteilt worden. Ter Angeklagte Webei'
erhielt 100 Mark Geldstrnfe. Die übrigen Angeklags
ten wnrden freigesprochen. Der Vorsitzende führte b^
der llrteilsperküiidung aus, daß viele Sähe in Pückler-
Reden nnr „bildlich" zn nehnien seien und dazu koinin^
daß die Rede auch tiefes Gottvertrauen, Glanben an
christliche Religion iind ljoben Patriotischen Sinn be-
tnnde. Bildlich sei namentlich der Satz zu verstebeN;
„Die Jndenkerle müssen überall zerschmettert werden^
Der Staatsanwalt hatte bekanntlich ein Jahr Gesängw''
nnd sofortige Verhaftnng beantragt.
 
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