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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Juli bis Dezember)

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„Heidelberger Neueste Nachrichten" — „Heidelberger Anzeiger"

Lokat-Chronik.

Heidelberg, 2. November 1936.

Geheimat EvdenM» f.

Am Samstag starb hier im Alter von 79 Jahren
der bekannte frühere langjährige Vertreter des römi-
schen und deutschen bürgerlichen Rechts an der Heidel-
berger Universität, Geheimrat Professor Dr. jur., Dr.
med. h. c. Friedrich Endemann, der am 24. Juni
1857 in Fulda geboren wurde. Nachdem er am 1. Äpril
1882 in Bonn zum Doktor promoviert hatte, habili-
tierte er sich 1886 in Halle, wurde 1888 außerordent-
ncher Professor in Königsberg, kam — nachdem er
1892 in Königsberg ordentlicher Professor geworden
war — in gleicher Eigenschaft im Jahr 1895 wieder
nach Halle zurück und erhielt 1994 einen Ruf an die
Heidelberger Universität, an der er bis zu seiner Eme-
ritierung im Jahr 1924 lehrte. Jm Studienjahr
1917/18 war er Rektor der Universität.

Gedenkt man der w i ss e n sch a s t l ich e n Ver-
dienste des Gelehrten, der Ehrenmitglied der Heidelber-
ger Akademie der Wisssnschaften und Ehrendoktor der
Heidelberger Medizinischen Fakultät war, so ist vor
allem sein fünfbändiges Lehrbuch des
deutschen Bürgerlichen Rechts hervorzu-
heben, das zu einer grundlegenden Arbeit für das
Rechtsstudium wurde und viele Auflagen erlebte.
Dazu kommen wertvolle Arbeiten und Abhandlungen
zu wichtigen Einzelfragen, die Endemann nicht nur
dogmatisch, sondern auch historisch und rechtspolitisch
behandelte. Weitere zusammenfaffende, aber kürzere
Darstellungen galten dem römischen Privatrecht und
dem Erbrecht.

Aber neben dem Gelehrten Endemann stand immer
in besonders ausgeprägtem Maß auch der Mensch,
dieser Hochschullehrer, der sich schon früh die Gedan-
ken des Nationalsozialismus zu eigen ge-
macht hatte und in dem die Iugend stets eine grotze
Stiitze fand, wenn es galt, ihre Jnteressen zu vertre-
ten. Er hatte, wie nur wenige in jener Zeit, immer
den engsten Kontakt mit der studicrenden Jugend. Jm
Kreis der jungen Kommilitonen sah man ihn auf den
Sportplätzen bei allerlei sportlicher Betätigung, und
erst vor garnicht langer Zeit zwang ihn das zuneh-
mende Alter, diese ihm liebqeworden« Deschästigung
aufzugeben. Erst in den letzten Jahren warf ihn
ein schweres Leiden auf das Krankenlager, von dem
ihn nun der Tod erlöste.

Der Saninieliag von SA. 6S vnd NSKK.

Nm Samstag und Eonntag bewiesen die Männer
der nationalsozialistischen Gliederungen der 821, SS
und NSKK von neuem, wie sie sich mit der Ausgabe
desWinterhilfswerks verbunden fühlen und be-
reit Islind, sich für die bedürftigen Volksgenossen einzu«
sctzen.

Da fehlte keiner, als vom Samstag nachmittag ab
die verschiedenen Stürme bei den einzelnen Ortsgrup«
pen der NSV. eingesetzt wurden. Aeberall schallte das
Klappern ihrer Düchsen, durch alle Strahen und Gas-
sen klang der Ruf: „Kaüst das schöne Abzeichen, Jhr
helft damit bedürftigen Dolksgenossen!" Es konnte sich
aber auch keiner der sammelnden Männer über man--
gelnde Teilnahme beklagen, denn das Publikum kaufte
sleihig. Die Mädchen vvr allem hatten es bald heraus,
dah dies kleine Steinchen nicht nur etwas für den einen
Tag war, dah es sich lohne, das hübsche Stüä auszuhe-
ben, um es später irgendwi« als Schmuck zu verwen-
den. Da muhten die Männer mit lächelnder Geduld
warten, bis die suchenden Hände in der kleinen Schach-
tel das Aechte gefunden hatten. Tvpas z. D. war sehr
beliebt, wenn er auch Tränen bringen soll. Dann war
Lapislazuli gern gekauft, Malachit desgleichen, und vor
allem die roten Steinchen, denn ihr helles Leuchten gab
den besten Schmuck. Die sammelnden Männer bereuten
es fast, dah sie nicht vorher schnesi noch zu Spezialisten
der Edelsteinkunde geworden waren: sie HStten solche
Kenntnisse wohl brauchen kvnnen, angesichts der vielen
Fragen des Publikums.

Aber eS ist ja bekannt, dah der Soldat nie um
eine Antwort verlegen ist, so wuhten sich die politischen
Soldaten des Führers bei ihrem Hilsswerk zu helfen.
Ein kleiner Scherz war der Ersatz für mangelnde erakte
Kenntnis, und dabei fuhr keiner schlecht, das Publitum
nicht und der Verkäufer, der mit Freude am Werk war,
denn sein Geschäft ging gut, besonders am Samstag
nachmittag und Svnntag früh. Zwischendurch wurden
in den Häusern Liejenigen erfaht, die den Sonntag ge-
mütlich daheim verbrachten. Auch die Gäste in den
Wirtschaften bekamen ihr Schmucksteinchen. So ging
das Werk den ganzen Sonntag durch, unbeeinfluht durch
den Regen, der gelegentlich kam. Jmmer fand sich noch
einer, der noch kein Abzeichen hatte — er entgjng den
braunen und schwarzen Sammlern nicht, die ja den Ehr-
geiz hatten, die Hoffnung der Hilfsbedürftigen nicht zu
enttäuschen!

Montag, 2. November 1936 Nr. 267

Dle Neformationsfeler ln Seidelberg.

Zur Reformationsfeier hatten sich am gest-
rigen Sonntagabend die Angehörigsn der evange-
lischen Kirchengemeinden der Stadt mit ih-
ren Vororten in so großer Zahl versammelt, datz Saal
und Balkon der Stadthalle von den Teilnehmern dicht
besetzt waren. Orgelklänge, Präludium in E-moll von
Fohann Sebastian Bach, leiteten die weihevoll-sestliche
Stunde würdig und groß ein. Dr. Herbert Haag be-
treute die Stadthalleorgel wie immer in vollendeter
Form und ließ die herrliche Tonschöpfung des Altmei-
sters deutscher Kirchenmusik in ihrer ganzen Schönheit
wiedererstehen.

Dekan Kampp entbot hierauf der großen Ge-
meinde die Willkommensgrüße, indem er sinnvoll an-
knüpfte an das Vortragsthema des Abends und auf
das reiche geistige und musikalische Erlcben des Abcnds
vorbereitete. Auf dem Weg von Wittenberg bis in
die Gegenwart liege nicht nur der dreißigjährige Krieg
mit seinen unendlich vielen Opfern, sondern auch viel
Wundersames, so wie wir es z. B. in dcn Werken
unserer großen Meister der Kirchenmusik in so reichem
Maß heute noch erleben dürsen. Es gelte dem Evan-
gelium von Luther mehr denn je die Treue zu halten,
auf daß Christus wieder als der Heiland und Gottes-
sohn frei und leicht durch das Glaubensleben des deut-
schen Volkes schreite.

Jugendpfarrer Schmidt wies in einer kurzen
Ansprache darauf hin, daß die Reformationsseier im
Rahmen des kirchlichen Geschehens des Jahresablauss
stehe,w ürdigte die Aufgaben und Arbeiten des Me-
lanchthonvereins mit seinen drei Schülerhei-
men in Freiburg, Heidelberg und Wertheim, und er er-
innerte u. a. noch an die Aufführung des Dramas
„Wolgadentsche rufen", das am 7. November im Neuen-
heimer Gemeindehans im Auftrag des Evangelischen
Bundes stattfindet.

Zur Aufführung der Festkantate „Gott der
Herr ist Sonne und Schild" von 'Johann Sebastian
Bach (Werk Nr. 79) hatten stch die vereinigten evange-
lischen Kirchenchöre Heidelbergs mit geschätzten solisti-
schen Kräften wie: Rose Huth (Sopran), Agnes
Schlier (Alt), Gustav Schlatter (Baß), Dr. Her-
bert Haag (Orgel) und einer Abteilung des städtischen

Orchesters unter der Gesamtleitung von Landeskirchen-
musikwart Profeffor Dr. Poppen in den Dienst des
Abends nlit diesem hehren Gemeinschaftswerk der
Kunst gestellt, dessen restloses Gelingen völlig in den
starken musilalischen Führereigenschaften des Dirigen-
ten gelegt war. Dr. Poppen meisterte den grotzen
Apparat der Mitwirkenden in überragender Form und
vermittelte damit den Besuchern seltene Eindriicke
Bachscher Tonkunst. Schon der Eingangschor der
Kantate (von einem kleineren Chorkörper gesungen)
bereitete die Auhörer vor auf den macht- und kraftvol-
len Aufbau des Werks, dessen thematische Fortführung
sodann innig und schön in der Arie „Gott ist unser
Sonn und Schild!" übernommen wird. Orgel und
Oboe als Begleitinstrumente wirken dabei ungemein
reizvoll und rundeten sich mit dem Gesang zu einer
Klangwirkung von erhabener Schönheit. Mit dem
jubelnd aufbranseuden Choral „Nun danket alle Gott",
bei dem der ganze große Mitwirkendenapparat beteiligt
ist, führt das Geschehen zum Höhepunkt der Kantate.
Das Baß-Rezitativ (mit Orgelbegleitung) „Gott Lob,
wir wissen den rechten Weg zur Seligkeit" stellt mit der
Arie für Sopran und Baß („Gott, ach Gott, verlaff' die
Deinen nimmermehr") die dramatische und musikalische
Verbindung her zum gläubig-fromm ausklingenden
Schlnßteil im Choral (großer Chor, Orchcster und Or-
gel) „Erbalt' uns in der Wahrheit."

Die Zuhörer standen noch tief im Bann des reichen
musikalischen und seelischen Erlebens dieser Meister-
Schöpfung, als Pfarrer Dr. Kurt Hutten (Stutt-
gart) das Wort zu seinem Vortrag nabm über
das programmatische Thema: „Ueber Witten-
berg hinaus?" Die Aussiibrungen waren ein
starkes Bekenntnis zu Luther und Christus und waren
Ausdruck und Forderung der Treuc zum deutschen
evangelischen Glauben. Am Schluß erhob sich die
Menge und sang das alte Bekenntnis- und Kampflied
des großen Reformators Dr. Martin Luther: „Ein'
feste Burg ist unser Gott."

Feierlich wie die Einleituna und der ganz« Derlauf
des Abends war auch der Ausklang mit dem Prälu-
dium und der Fuge in C-Dur für Orgel, ebensalls von
Fohann Sebastian Bach. bckr.

Konzert bes Münnergesangoerelns..Elntracht" Kirchheim.

Das vom Männergesangverein „Eintracht"
Heidelberg-Kirchheim gestern nachmittag im
Saal „Aum Badtschen Hof" veranstaltete Herbst-
Konzert verdient in mehrfacher Hinsicht besonders
hervorgehoben zu werden. Es war in erster Linie die
vorbildliche charaktervolle Programmgestaltung uno
Vortragsordnung, die m drei Teilen Ausschnitte aus
unserer reichen Chor- und Liedliteratur und dem uner-
schöpflichen Kunstschasfen unserer Tonmeister von der
Zeit der Deutschen Romantik bis zur Gegenwart bot,
und dann im dritten Teit der Vortragssolge auch denr
alten und neuen deutschen Volkslied eincn guten
Platz einräumte.

Jn zweiter Linie ist es der Chorkörper der „Ein-
tracht" selbst, der die Aufmerksamkeit erregt, schon rein
äutzerlich in seiner fast ausgeglichenen Besetzung. Da
gibt es nämlich — o Wunder und Glück — auch viele
junge Sänger, und zwar in einem recht guten
Stärkeverhältnis zum Gesamtchorkörper. Das dars
als ein gutes Zeichen gewertet werden für den kul-
turellen Sinn der Kirchheimer und mag zugleich als
Beweis dafür gelten, daß die hohen sängerlichen und
vaterländischen Jdeale der Liedpslege im deutschen
Männerchor, die die alten Sänger durch die Jahr-
zehnte zum Segen vou Volk und Nation in die neue
Aeit als kostbares Volksgut Hereingetragen haben, auch
von der Jugend gewürdigt werden sollen und datz sie
sich gewillt zeigen möge, diese alte deutsche Volkskultur
weiter zu Hcgen und zu pflegen und im Volkstum sort-
terwirkend lebendig zu erhalten.

Jn dritter Linie wurde gestern nachmittag wieder
einmal klar erwiesen, welcher Leistungen 40 Sänger be-
fähigt werden können, wenn sie in einer Schule sich
befinden, wie sie Chormeister Fritz Leutz (Wiesloch)
seinem Chorkörper augedeihen läßt. Sie kommt im
Männerchor der „Eintracht" sehr eindrucksvoll in der
vorzüglichen Disziplin, einer schöneu Tonbildung und
verständnisvollen textlichen Ausdeutung, in einer fort-
geschrittenen Dyuamik und Atemtechnik sinnfällig zur
Auswirkung, und wenn die Sllnger flch noch mehr im
Vortrag vom Blatt befreien, dann eröffnen sich für den
mit Umsicht und zielstcherem Willen arbeitenden Chor-
meister Leny noch größere Leistungsmöglichkeiten.

Jmmerhin verdienen Darbietungen wie man fle in
dem schöuen Werk „An das Vaterland" von Konradin
Kreutzer (nach einem Gedicht von Ludwig Uhland)
gestern nachmittag mit Recht bewundern durfte, rück-

haltlose Anerkennung. Mit Franz Schuberts schönem
Stimmungschor „Die Nacht" hätte der Austakt zu dem
musikalisch erlebnisreichen Konzertnachmittag nicht pas-
sender abgerundet werden können. Würdig uud groß
klang dann der erste Teil mit Schuberts 23. Psalm aus
„Gott ist mein Hirt, mir wird nichts mangeln." Leider
wirkte der Chor flch in dieser herrlichen Schöpfung nicht
so völlig aus, wie es zu einem restloseu Gelingen not-
wendig gewesen wäre. Der zweite Teil erhielt mit
Hugo Kauns „Vale Caristma" als gewählter Vertre-
ter zeitgenössischen Schaffens, ferner mit Franz Phi-
lipps großer Hymne aus „Heilig Vaterland" und end-
lich abschließend mit dem bekenntnisstarken und kraft-
vollen Chorwerk von Richard Trunk „Deutschland,
mein Deutschland" sehr wertvollc Darbietungen. Vor-
uehmlich die Wirkung des letzteren Chors in seiner
Hohe Anforderungen stellenden Schwierigkeit, war voll-
kommen befriedigend und sehr schön.

Jm dritten Teil bewies die „Eintracht", daß sie
es gut gelernt hat, das Volkslied mit innigem Ver-
stehen und Liel'e zu behandeln. Friedrich Silchers
„Jn der Ferne" war gut erfaßt, und schlicht und tief
in der Wiedergabe. Grotz, krastvoll und erhebend war
auch der Ausklang mit Georg Nellius „Mein Dorf".
Es war eine reine Herzensfreude, wie die Sängerschaft
dieses schöue, stimmungsreiche Werk wiedererstehen
ließ^ und froh und beschwingt war der Ausklang mit
dem „Abmarsch" von Wilhelm Jung, dessen straffer
Rhythmus und kerniger Soldatenhumor vortrefflich
nachgestaltet waren und, wie übrigens alle Chordar-
bietungen, begeisterten Beifall fanden.

Der Solist Franz Fehringer vom Badischen
Staatstheater in Karlsrnhe hatte seine Liedgaben vor-
trefflich dem Charakter der Vortragsfolge eingeglie-
dert. Er bot im ersten Teil bekarinte Schubertlieder
und im zweiten Teil schöne Lieder von Richard Strautz.
Am Schluß spendete auch er zwei reizende Volkslied-
chen von Franz Abt. Seine guten Stimmittel sichern
ihm rasche innere Verbindung mit den Zuhörern, ob-
gleich hie und da bemerkbare nasale Tonbildung sowie
die Art des Auftretens (mit gespreizten Beinen) wohl
zu stören vermag. Der Beisall war teilweise sehr leb-
haft und veranlaßte den Sänger zu Einlagen, so dem
schönen Liedchen „Zueignung" bei den Schubertliedern.
Fehlgcgriffen darf die Zugabe nach den schönen Volks-
liedchen bezeichnet werden. Hier wäre man dem Künst-
ler für eine weitere Volksliedgabe herzlich dankbar ge-

wesen. Wolfgang Stucke (Nutzloch) war dem Sänger
ein zuverlässiger Begleiter am Klavier.

Dcm Konzert wohnten ersreulich viele Sängerkame-
raden aus anoeren Vereinen bei, ebenso war auch
Sängerkreisstihrer Fritz Kaufmann unter den zahl-
rcichen Güstcn zu bemerken. — Eine kameradschaftliche
Stunde beschloß den Konzertnachmittag in geselliger
Form. dckr.

Die Immatrikulationsfrist an den Hochschulen.

Ablauf am 7. November.

Die Jmmatrikulationsfrist für das Winterhalb-
jahr 1936/37 an den deutschen Hochschulen hat begon-
nen: ste endigt am 7. N o v e m b e r. Es wird darauf
aufmerksam gemacht, daß bis spätestens zu diesem
Tag Anträge auf Ammatrikulation persönlich im Hoch-
schul-Sekretariat zu stellen stnd. Desgleichen müssen
bis zu diesem Tag alle Studierenden, die die Hoch-
schule nicht gewechselt haben, ihre Rückmeldunfl
durch Abgabe eines Rückmeldescheines persönlich vor-
nehmen. Nur in Ausnahmefällen (Krankheit, prakti-
sche Arbeit) kann eine schriftliche Willenserklärung ab-
gegeben werden, die jedoch gleichfalls bis zum Ab-
lauf der genannten Frist vorliegen muß, da bei Frist-
versäumnis ein Studium im Winterhalbjahr 1936/37
an reichsdeutschen Hochschulen nicht möglich ist.

Heidelbergs Wohlfahrlserwerdslosenzahl.

Am 28. Oktober standen beim Wohlfahrts- und
Jugendamt Heidelberg 686 (Vorwoche 701) W o h l -
fahrtserwerbslose — arbeitsfähige Perso«
nen — in offener Fürsorge.

Am gleichen Tag standen in Arbeit: Für-
sorgearbeiter 59 (59), Notstandsarbeiter 183 (250), Ge-
meinschastsdienst 243 (282), bei Maßnahmen der Stadt
waren 141 (141) Arbeitsdienstpflichtige untergebracht.

, _ _ ag,

3. November, begeht Weichenwärter a. D. Ludwig R e u t-
ner in körperlicher Gesundheit seinen 70. Geburtstag.

—' Mvnatsdersammlung der Kriegsopfer. Die
Grotzortsgruppe Heidelberg der ASKOV. hielt ani
Tamstag im Haus der Arbeit ihre Monatsver«
fammlung ab. 2m Mittelpunkt des Abends stand
der Dortrag von Aervenarzt Dr. Richardt über
„Schmerz und S ch mer zbe k ä m p f u n g". Der
Aedner, der sein Thema in leichtverständlicher ForM
behandelte, führte eingangs aus: der Schmerz zeige an.
dah an irgendeiner Stelle des Kvrpers ein Gefahren«
herd bestehe. Er sei also das Alarmsignal, den Kampi
um die Gesundheit energisch aufzunehmen. Den sinw
vollen Weg zur Wiedergesundung zeige der erfahren«
Arzt. Dach Stellung einer klaren Diagnose habe dm
vrtliche Dehandlung einzusetzen, und gemäh Behand"
lungsplan habe die Allgemeinbehandlung unterstützend
mitzuwirken. Hier seien Diät, richtige Tageseinteilung.
Wasseranwendung, Atemübungen, Dewegung, Sport
usw. zu nennen. Erfolge seien aber nur zu erwarten ber
dem unbedingten ganzen Einsatz des Kranken, der vor
allem mit feinen alten Gewohnheiten zu brechen habe,
die oft die Llrsache der Erkrankung bildeten. Wider"
spenstig seien meistens nur die Kopfhänger und Dörg"
ler, die Egoisten, die sich von der Gemeinschaft abge"
trennt hätten. Durch Einsah des Kranken mit seinev
eigenen Gaben und Fähigkeiten für die Gemeinscha"
würden die Gesundungskräfte angeregt, und es entstehe
die bejahende, froh zupackende Lebenseinstellung, dw
wir jetzt erst auf dem Boden der Dolksgemeinschaft
recht erleben dürfen. Dach Dankesworten des Dersamm"
lungsleiters für die beifällig aufgenommenen Aussüb"
rungen des Redners berichtete Mitglied Dieger übec
eine Radtour mit einem Degleiter über Saarbrücken-"
Metz in has ehemalige Kampfgebiet um Derdun. ^
schilderte in eindrucksvoller Weise seine Erlebnisse. DaÄ
dem noch Kam. Müller vom Ortsgruppenstab gG
schäftliche Mitteilungen bekanntgegeben hatte, u. a. dav
die geplante Schwerbeschädigtenfahrt dieses 2ahr au»
falle bzw. bis zum Frühjahr verlegt werde, fchwv
Kreisamtsleiter Obmann Kun, der die DersammlunS
eröffnet und begrüht hatte, mit einem Sieg-Heil «ui
den Führer. Die anschliehende kameradschaftliche
terhaltung nahm noch einen sehr schönen Derlauf.

Aenderung bei der Mrundung von
gesprächsgebühren. Vei der Verechnung der Fernsprc"'
gebühren werden z. Zt. nach den Äestimmungcn d>.
Fernsprcchordnung Vruchpfennige so gerundet, dast
ein halber Dsennig und mehr als ein voller Psennig a>
gerechnct, Vruchteile unter einem halben Pfennig avc
unberücksichtigt gelaffen wcrden. Nach eincr im Anm-'
blatt des Reichspostministeriums bekannt gcgeben^
Nerordnung des Reichspostministers wird vom l. Fanua
1937 an dic Verechnung der F e r n g e s p r ä ch s g^.
bühren aus technischen Gründen dahin geändcrt, dan
sich ergebende Pfennigbeträge von fünf Pfennigen
mehr auf volle zehn Pfennigc nach oben gcrundet, Pü.
nigbeträge unter süns Pferinig unberücksichtigt bü'u's
Bei den übrigen Fcrnsprechgebühren wird jcdcr c>
zelne Gcbührenbetrag wie bisher gerundct.

l^Iammsnrsioksn übsr Lpsnisn

z Oi-iginsl-k?omsn von

„Oh, es ist noch durchaus nicht gewitz, datz ich jeht
nach Deutschland zurückkehre. sind Cilly? Sie war ein
Kind von sünfzehn Jahren. Jch sagte ihr damals: „Klsine
Cilly, wenn du einige Iahre älter bist, und es vielleicht
um Deutschland beffer steht, dann möchte ich dich als
meine Frau heimholen. Aber du darfst dich nicht an mich
gebunden sühlen, wenn dir ein anderer befler gefällt—"

Wieder eine Pause voll sinnender Schwere zwischen
ihnen.

„Ich mutzte sie aufgeben —, ja, ich mutzte sie ans-
geben, als ich ihr den Cntschlutz meiner Auswanderung
mitteilte! Cine Antwort von ihr konnte ich nicht mehr
abwarten. Mein eigenes Schicksal war damals vollkom-
men aus den Angeln gehoben. Wie durste ich fie da bit-
ten, auf mich warten zu wollen?"

Ludwig Cscheburg richtet fich auf und lätzt die Arme
von der Reeling gleiten: „Wir wollen unser Gspäck rich-
ten und unseren Ordonnanzen geben —"

Ricardo absr ergreist jetzt dis Hand des Freundes
und sagt voller Wärme: „Also bis nachher, Ludwig. Ich
danke dir in dieser Stunde auf ewig, was du unserer
Truppe drunten im Kriege gewesen bist! ilnvergetzlich
sind mir die Iahre der Kricgskameradschaft niit dir, —
mein Freund, — unvergetzlich sürs Leben —I"

Cin roter Agitator droht.

Als der Andalusier über das Mitteldeck schreitet, um
sich in die untcren Räume zu begeben, erblickt ihn ein
Soldat, der die Treffen eines Korporals trägt. Sofort
solgt der dem jungen Offizier. Sein Auge ist sinster,
seine Schritte sind voller ilnruhe und Hast.

Und kaum, daß Ricardo seine Kajüte betreten hat,
um sein weniges Gepäck zu überblicken, tritt der Korporal
auch schon ein. Cr HLlt es weder für nötig, anzuklopfen,
noch in seiner Haltung den sintergebenen auszudrücken.
Aber Ricardo wundcrt sich darüber'nicht. Der Korporal
stammt aus Varcelona, diesem ewigen bolschewistischen
sinruheherd Spaniens, und hat immer schon in der
Truppe in verhängnisvoller Weise unterirdisch gewühlt
und geheht. Ietzt, seit dem Sturz des Königtums und
der Äusrufung der Republik, hat der Korporal Oberwas-
ser bekommen und deckt seine Karten auf.

„Ich habe Ihnen etwas zu sagen, Don Ricardo," be-
ginnt er in seiner knappen, herrischen und unruhigen
Weise. „Ieht, wo wir an Land gehen und der Krieg
beendet ist, und endlich eine andere Luft in Spanien weht
— wird man Leute, wie Sie cs sind, künftighin nicht aus
den Augen laffen."

Als der Ofsizier sich in grenzenlosem Staunen aus
seiner gebückten Haltung vom Koffer aufrichtet, fährt der
Korporal fort:

„Ich weitz, daß Sie einer der königstreuen Offiziere
sind. Durch Ihre Geburt als Sohn eines Marquis stnd
Sis stets ein Vertrcter der vermeintlichen Rechte des
Adels, der Krone und der Vornehmen gewesen. Das

ies Orups-l-ötcsisi'. dlsOickruc-k vsrbotsn

werden Sie jetzt nicht fortsehen können. Im heutigen
Spanien ist kein Raum mehr für Leute Ihres Schlages
und Ihrer sieberzeugung —"

„Du willst mich aüf Befehl deiner roten Heher, die
sich in den grotzen Städten breitmachen, erschietzen laffen?"

„Vielleicht."

„Was willst du? Mir drohen?"

„Ich warne Sie, sich für das abgesehte Regime zu
betätigen!"

„Oh, ich komme gar nicht zu euch nach Varcelona wie-
der hinauf, sondern ich habe große Lust, den Uniformrock
auszuziehen, obgleich ich durchaus nicht mit irdischen Gü-
tern gesegnet bin. Ich suche einen bürgerlichen Veruf —"

,/Auch dann . . . Leute von Ihrer Gesinnung werden
überwacht. Ob Sie Soldat sind oder nicht. Ich selbst
werde jeht eine führende Rolle bei uns in Varcelona spie-
len, — und dazu habe ich das Recht, nachdem ich in der
Hölle von Marokko agitiert habe—"

Droben auf Deck bricht cin elementarer Iubelschrei
aus. Tausend Männerkehlen jubeln.

„Wir find angelangt!" sagt der junge Offizier nach
einem kurzen Schweigen, und wendet sich der Kabinentür
zu. „Du Clender, du Schurke, der du in dieser Stunde
der Heimkehr aus tödlichen Gesahren und furchtbaren
Strapazen nichts hast als — Drohungen!"

Da der Korporal ihn mit einer jähen Verlegenheit
und vem Ausdruck plöhlicher Feigheit anstarrt, wird
Ricardo von leidenschaftlichem Zorn gepackt. Cr schüt-
telt die geballten Fäuste gegen ihn: „Ihr Elenden, du
und deine Gesinnungsgenoffen! Ieht werdet ihr unser
liebes Vaterland zerwühlen und zerfleischen, um es an
den Rand des Verderbens zu bringen."

Seine Cnipörung erstickt seine Worte. Cr eilt an
Deck und hat nur däs eine Bedürfnis: Raum zu legen
zwischcn sich und diesem Menschen!

Manuelas Spihentuch.

Droben sieht er den jungen Osfizier Ludwig Csche-
burg noch unbeweglich am B»tg des Schiffes stehen. Was
mag in ihm vorgehen? Ricardo schwankt, ob er dem
Freund dieses Vorkommnis von eben mitteilen und die
Stunde des Abschieds überschatten soll.

Plötzlich wendet sich Ludwig hcrum, als er Ricardos
Schritte dicht hinter sich hört.

„Cs ist auch hier schon recht schwül und sehr staubig!
Ich habe ein starkes Bedürsnis nach Höhenluft und fri-
scher Lust — nach dieser Dürre in Marokko."

Ricardo blickt nachdenklich zum Land hinüber. „Du
hast recht," meint er. „Der Frühlinq ist hier schon in
einigen Tagen vorbei. Man sollte nach Nordspanien fah-
ren! Du kennst dem Namen nach doch den Verg Mont-
serrat? Cr liegt in der Nähe von Varcelona.' Droben
ist ein Wallfahrtsort, die Kapelle der berühmtcn Ma-
donna von Montserrat. Sie liegt etwa 700 Meter hoch.
Man hat auch mehrere Hotels dort oben erbaur. Man
ist der Welt entrückt —"

„Mis ware ein Ort für uns, Ricavdo, mn uns aus-
zuruhen nach diesen Kriegsjahren in Marokko."

„Fahre du dorthin voran, Ludwig. Ich komme dir
nach. Wir verbringen oben einige Wochen der Crholung.
Hier in Sevilla werde ich bald alles abgewickelt haben
da ja auch meine gute Mutter inzwischen gestorben ist.'
Viel zu erben gibt es nicht für mich. Die Familie des
Marquis de Lara war nie mit irdischen Gütern gessgnet,
wenn auch mit Chre und Ansehsn —

„sind das Häuschen deiner Cltern, von dem du öfter
sprachst?"

„Ist durch den Vermöqensverwalter verkauft worden.
Ich konnte mich vom Felde aus nicht um Crhaltunq des
Hauses kümmern."

Dte letzte, scharfe Biegung des Guadalquivir ist eben
umschifft.

Wioder schallsn Iubelschreie empor. Alle diese
braungebrannten Männer auf dem Dampfer stchen in
diesen Augenblicksn unter einem einzigen gewaltigen Ge-
fühl: Das Bcwutztsein, am Leben zu sein! Diese'Stunde
der Rückkehr zu erleben, während viele Kameraden als
Skelette bleichen im Sand dcr fernen afrikanischsn Wüste
und der Felsen-!

Vrennende, suchcnde Vlicke fliegen vom Dampfsr
zum Afer, und von den am Haferiufer Wartenden zu den
Soldaten auf dem Dampfer.

Auch Ricardo ist plöhlich von der allgemeinen Lln-
ruhe und Spannunq überwältigt. Cin Funken Hofsnung

ist in ihm jeht wiedcr aufgewacht — eine Hoffnuna-ü

Sein Blick schweift über die Menge.

Dort in einer Cquipage mit zwei Rappen steht eine
junge Dame aufrecht. Sie winkt unausgeseht dem Damp-
fer entgegen. Ricardo faßt sie schärfer ins Auge. Dann
packen seine Hände dcn Arm des Freundes, und er ruft
in all den jubelnden Lärm hinein. „Dort steht Manuela!
Mein Gott, sis hat mich nicht aufgegcben!"

Ricardo hat seincn grotzen Schläpphut vom Scheitel
geriffen und schwenkt ihn ihr zu —, und sie, den Gelicb-
ten nun gleichfalls entdeckend, lätzt ihr weitzes Spihentuch
flattern ...

Ach, wer so glücklich ist, in die Hciniat zurückkehren
zu können, und von der Vraut empfangen zu werden—I

Als Ricardo flüchtig den Freund bstrachtet, steht
er in deffen Gesicht einen wehen Zug —, einen wehen
Zug, der Cntsagung bedeutet.

Vincente wird eingeschaltet.

Cin ungeheurer Fremdsnstrom ergießt sich alljährlich
zur Karwoche nach Scvilla. um Zeuge dss illustren
Schauspiels der berühmten Rachtprozeffion zu sein. Die
Sevillaner amtlichcn Anqaben zählen in manchen Iahren
an hunderttausend Fremde in diessn Tagen. Das Haupt-
kontingent der Gäste stellen selbstverständlich die Spanier
selbst, die aus allen Provinzen des Landes kommen. Aber
man sieht auch eine Llnmenge Amerikaner, deren Pro-
gramm diesen „Trip" ins östliche Sevilla verlangt; man
hört sranzöstsch, schwedisch, deutsch, und nsben 'Cnglän-
dern erscheinen im wechselvollen Straßenbild auch Süd-
amcrikaner!

All dieser Menschentrubel ist Dubli willkommen, da
er in ihm leicht verschwinden und untertauchen kann.

Durch gcschickt aufrechtcrhaltene Deziehungen
spanischen Grafenpaar und Cilly von Kleist ist er n
der Vegegnung in Wiesbaden über alles auf dem
fenden gebliebcn. Fräulein von Kleist hat sick tatsäcm,
in Wiesbaden srci gemacht und sich den alten HcrrickH
ten angsschloffen. Man fährt über Madrid direkt h ,
Sevilla und hat so Valencia bis jcht noch nicht beriw .

Dubli hat eine Deckadreffe sür Varcelona ange ^
ben, indes er bereiis in Sevilla weilt; er hat nu»
erfahren, daß die drei hicr in einem der vnrnehn'Zli
Hotels heute zum Palmsonntaq erwartet wcrden. DU g.
ist deshalb schon vorher gekommen, um die Vorbs
tungen zu dem Anschlag mit seinem Freund und L>cin
helfer Vincente persönlich treffcn zu könncn. Cr '
jedoch unter keinen Umständen von den Wiesbanc ^
Freunden in der Stadt am Guadalquivir bemerkt
entdeckt werden. Für sie ist er drobcn im Norden
Spanien, in Varcelona. , ..ge,

Cs geht bis jeht alles ganz vortrefslich.
der sich nicht nur schon bei früheren ilntcrnchmungcn
recht geschickt erwiesen hat, verfügt über ausgezcick'
Orts- und Personalwiffen in Scvilla, das cinsack "
zahlbar ist. Hätte Dubli sich träumcn laflen, daN
Freund den jungen Marquis Ricardo de Lara^m's^.
oberflächlich kennt? Aber wclcher eingeborener S-e
ner kennt nicht den anderen, besonders^ wenn cr ni»
in die Schule ging? ,,

Dublis Gedanken gehen auf höchster Tourenzab -
ist die treibende Kraft bei dem Plan, der ihm benn
lingen so visl einbringen wird, daß er scin Lebcn
weder auf neue Tricks sinnen, noch zu „arbciten' .„gbec
Denn selbstvcrständlich hat sich Vincente ihm^geg^^. rk
auf eine sehr ansehnliche Summe festlegen müssen, .„n
jeden Monat fortlaufend an Dubli zu zahlsn ha", .»
er, Dincente, der Crbe dcs Grafenpaares geworvcn
Das Ziel winkt Dubli jedenfalls mit gvidcac'
nahen Händen. Himmel, wcnn dieses Unterneymp^^.s-
länge! Wenn auch der alte Graf sich seht nacki der sgA
badener Kur erholt haben sollts, so ist er doch ' Agsim
und lebt bestimmt nicht mchr sehr lange. Scine
ist, wie alle Spanierinnen der verwöhntcn reichc" ^ hc'
wcichcs Wachs in den händcn der Männer. dw'/jcvc'
stimmen haben, und wird sich ihrem „Neffen" ayn ^„i>
Zwang in allem unterwerfen. In absehbarer -ck ÜKS'
also Vincente unbeschränkter Vesiher und
des ansehnlichen Vesihes und des grotzen ,

sein. . ... hia,

Absr — es gibt doch noch die und jene Run c
ken! Manchmal will Vincente der Mut siukc"' „hlin^
ist feige und macht leicht schlapp. In solchen A"N V'
sagt er: „Ich weitz nicht, ob wir es schassen, Dw
habcn doch unerhörte Dinge vor —na/
Dann hält ihm jedoch Dubli stets
„Als ob nicht schon mehr Menschcn bei Gclcgc „
schwunden wären! Man muß nur entschlosicn
rasch handeln können, da glückt alles!" .

Vincente ist, wie viele Südspanier, cm w ' y„rt
barer Mensch. Cr sühlt sich immer mchr vcw

Cneraie Dublis fasziniert und führt schlictz' '
Anordnungen widerspruchslos aus. g fols'^
 
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