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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Juli bis Dezember)

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„Heidelberger Reueste Nachrichten" — „Heidelberger Anzeiger

Dienstag, 29. Dezember 193v

Nr. 303

Lokat-Lhronik.

Heidelbcrg, 29. Dezember 1936.

Weihnachtsseier der Heidelberger Liedertasel.

Am ersten Feiertag hielt die Heidelberger Lieder-
tafel ihre Weihnachtsfeier im „Schwarzen Schiff" in
Neuenheim ab. Der weihnachtlich geschmückte Saal
empfing die vielen Mitglieder des Vereins mit ihren
Angehörigen in freudiger Erwartung des Kommenden.
Zur Einleitung der Feier spielte das verstärkte Ver-
einsorchester. Süngerkamerad Emil Flory trug
das bekannte Weihnachtsmärchen von Walter Flex
„Jm Felde 1911" stimmungsvoll vor. Der stattliche
Chor unter Leitung des Chormeisters Dr. Osfried
Wachter erfreute mit dem herrlichen Chorwerk „Dte
Ehre Gottes in der Natur" von Beethoven. Erika
Ueberle erntete mit ihrem Weihnachtsprolog verdien-
ten Beisall. Vereinsführer Philipp Herton hielt
die Begrüßungsansprache. Wie jedes Jahr, so auch in
diesem konnte Sängerkreisführer Fritz Kaufmann
verdienten Sängerkameradcn Auszeichnungen
verleihen. Für 50 Jahren treue Sängertätigkeit er-
hielt Schuhmachermeister Peter Paul den Ehrenbrief
des deutschen Sängerbundes Für 45 Jahre die gol-
dene Ehrennadel des Badischen Sängerbundes Naver
Feuerstein. Das Diplom für 40jährige Zugehörigkeit
die Ehrenmitglieder Karl Becker und Karl Herrmann.
Für 25jährige Treue die silberne Nadel des Badischen
Sängerbundes Robert Schäfer und Anton Waldherr.
Vereinsführer Herirm verlieh im Namen des Vereins
an folgende Sängerkameraden nachstehende Vereins-
ehrungen: Das Pereinsabzeichen mit der Zahl 50 an
Peter Paul. Mit der Zahl 40 an die Sängerkameraden
Karl Becker und Karl Herrmann. Den Säugerring für
25jährige Vereinszugehörigkeit an Robert Schäfer. Für
10jährige Treue das Vereinsabzeichen 10 an die
Sängerkameraden: Paul Grittmann, Karl Grotz, Al-
fred Noe und Anton Waldherr. Der Sängerspruch be-
eudete diesen Ehrungsakt. Männerchöre wechselten
mit musikalischen Vorträgen, bis der Nikolaus erschieu,
der einer stattlichen Anzahl von Kindern praktische
Geschenke überreichen konnte. Auch die Kinder-
singstunde unter Dr. Wachters Leitung war für
die Kleinen wiederum eine besondere Freude.

Nochmals machte der Nikolaus Besuch bei den
fleißigen Sängerkameraden, um sie für ihre Treue im
vergangenen Jahre zu ehren, und zwar: Für ein und
mehrere Jahre Georg Schmitt, Heinrich Dallmus, Pe-
ter Wilhelm, Theo Diener; für fünfjährigen ununter-
brochenen Probebesuch Philipp Herion, sür 7 Jahre
Xaver Feuerstein; sür 8 Jahre Pr. Dickert, Peter Paul,
Georg Schmidberger, Ottokar Ledermann, Georg
Schäser; für 9 Jahre Robert Schneider; für 14 Jahre
Otto Fischer.

Der dritte Teil galt der heiterenMus« mit
dem Motto: Buntes Allerlei. Ein reichausgestatteter
Gabentempel brachte manchem Glücklichen schöne Ge-
winne.

—* Die Grabungsstellen im Ostchor der Heikiggeist-
kirche wurden gestern unter Führung von Oberbaurat
Rösch durch eine Kommifsion der kirchlichen
Denkmalspslege besichtigt. Auch Persönlichkeiten
aus Heidelbevg hatten sich angeschlossen. Von den vor kur-
zem entdeckten und hier bereits mehrfach erwähnten
Grundmauern der romanifchen Kirche war bei
den inzwischen weiter erfolgten Grabungen ein neues
Stück des bereits in seinem Verlauf festgelegten Bogens
der Npsis aufgedeckt worden. Man wird nun noch ver-
suchen, Len romanischen Fundamenten an verschiedenen
Stellen ganz auf den Grund zu folgen und möglichst auch
die Krhpta zu finden, wenn davon noch Mauerreste vor-
handen sind.

—* Dienstprüfungen beim Arbeitsamt. Die nach der
Prüfungsordnung für den Dienst bei der Reichsanstalt
für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vor-
geschriebenen Fachprüfungen sind sür das Jahr
1936 beim Landesarbeitsamt in Stuttgart abgenommen
worden. Vom Arbeitsamt Heidelberg haben folgende
Angehörigen bestanden: Hans Hennh, Fritz König
die zweite, Heinrich Hennecka, Wilhelm Hosstetter,
Max Kirschenlohr und Leopold Molz. die erste
Fachprüfung.

—* Ein Achtzigjähriger. Kleinrentner Ernst
Schweinhammer, früher Korbmachermeister,
Oberer Fauler Pelz 1, vollendet heute sein 80. Lebens-
jahr. Trotz seines hohen Alters besorgt er noch täglich
seine Einkäufe selbst.

—* Ein Todesfall. Vorgestern abend ist hier im
Alter von 66 Fahren Alwin Seeländer gestorben,
früheres Mrtglred des Städtischen Orchesters. Seeländer,

Ser MI des Films und wie er kergestellt wird.

Wenn der Borhang ausgebt...

Da sitzen wir bequem in unserem Seffel im Parkett
oder im Rang und nehmen mit der Angeduld der Cr-
wartung auf den Beginn des Filmspiels den Tttel-
vorspannzur Kenntnis als eine unvermeidliche Selbst-
verständlichkeit. llnd keiner der lesenden Zuschauer macht
sich Gedanken darüber, wreviel Wollen und Können des
Zeichners oder der Zeichnerin in diesen handgeschriebe-
nen Texten zum Ausdruck kmmnt.

Der Titelvorspann eines Films ist mehr als nur ein
sachlicher Programmzettel, der die künstlerischen und tech-
nischen Mitarbeiter am Film bei Namen nennt. Cin
guter Titelvorspann ist wie ein gewandter Ansager vor
dem Spiel ein Stimmungsmacher, der schon durch
seine äußere Crscheinung und Aufmachung jeweils auf
die Vesonderheit des Filmspiels vorbereitet. Cin guter
Titelvorspann ist im Verein mit der eigens geschaffencn
Musik als „Ouvsrtüre" ein wesentlicher Teil des ganzen
Werkes.

Die Konfektionsarbeit im Filmtitel, der maschinelle
Druck von Vuchstaben, Wörtern und Verzierungsleisten,
wie er in der Frühzeit des stummsn Ftlms üblich war,
ist längst überwunden. Heute ist es die besondere Aufgabe
und Kunst des Titelzeichners, das Schristwerk rn seiner
zeichnerischen Gestaltung jedem Film wie beste Maß-
arbeit anzupaffcn. Sind doch die Möglichkeiten für den
zeichnenden Künstler, immer wieder neire und etgenarrige
Cntwürse schaffen zu können, fast unerschöpflichi da vor
der Filmkamera jedes Vild bewegt werden kann und so-
mit auch jeder zeichnerische Cinfäll ausführbar wird.

Mit allen Arten von Schreibfedern, mit dem weichen

Kreidestift oder mit dem schmiegsamen Pinsel entwirst
der Titelzeichner hell auf dunkl'em Grund seine Schutz-
bilder und erreicht durch Verwendung der Spritzpistole
feinsts Zwischentöne und Schattierungen im stehenden
Bild. Oder er wirbelt ausgeschnittene und gelegte Vuch-
staben nach Velieben durcheinander wie Schneeslocken,
bis sie sich zu Namen, Aeilen und ganzon Texten zu-
sammenftnden. Wenn er ganz besondere Wirkungen er-
ziolen will, lätzt er das Schristbild Plastisch vör dem
Hintergrund stehen, als ob es frei im Raum fchwebt, läßt
die Schrift aus weiter Cntfernung nach vorn kommen,
schiebt sie von oben oder von unten wie auf einem unsicht-
baren Vorhanq ins Blickseld, oder er kippt ganze Zeilen
auf oder um wie einen Zaun und richtet das nächste Text-
bild auf.

Fast ebenso unbeschränkt ist er in der Wahl seines
Hintergrundes. Von der etnfachen grauen oder schwarzen
Fläche bis zum ramntiefen Sternenhimmel, vom Vütten-
karton mit geprägtcr Schrift bis zur granitenen Stein-
platte mit eingemeißelten Vuchstaben, vöm Tapetenmuster
bis zur gstuschten Landschaft oder zum Lichtbild kann er
jede Kombination verwenden. Selbst auf dem bewegten
Filmbild als Hintergrund, zwischen ziehenden Wolken
und schäumenden Wogen, zwischen Schisfen und Cisen-
bahnzügen in voller Fahrt oder vor Wäldern und Häu-
sorfaffaden kann er seine Schriftzeichen aufleuchten laffen.
Immer ist der Zeichner bemüht, sein Textwerk in Cin-
klang mit dcm gesamten Filmwerk zu bringen
und mit dam Komponisten des Films eine Ouvertüre
aus Schriftbild und Klang zu schaffen.

der vielen Keidelbergern bekannt gewesen ist, war 1903
als erster Klarinettist beim Skldtischen Orchester
eingetreten und hat dort jahrzehntelang mitgewirkt, bis
er vor einiger Zeit in den Ruhestand treten mußte.

—* Ein gcopolitisches Schulungslager findet in
Heidelberg vom 2. bis 6. Januar in der „Gol-
denen Rose" statt. Die Vorträge behandeln die Themen:
1. Grundzüge und Anwenidung der Geopolitik und 2. Der
deutsche Ostraum. Es sprechen der Leiter der Arbeits-
gemeinschaft für Geopolitik Dr. Wagner, Prof. Dr. Neser,
Dr. L. Pfeil (Berlin), Dr. H. F. Zeck (Berlin), Springen-
schmid, Prof. Dr. Schrepfer lWürzburg) und Dr. Jantzen.

—* Zum Flaggenerlaß vom 7. Dezember. Es sind
Zweifel darü'ber entstanden, oib der Runderlaß vom 7. De-
zember 1936 i'RMBli. S. 163b) über die Auslegung des
Verüots des 8 4 des Blutschutzgesetzes auch iwnn
Anwendung findet, wenn in einem Miethaus u. a. auch
jüdische Mieter wohnen. Der Reichs- und preußische
Minister des Jnnern gi>bt daher bekannt, datz derFlaggen-
erlaß auf Fälle dieser Art keine Anwendung findet. Das
Flaägenverbot trifft vielmehr nur die Wohnungs-
inhaber, in deren Haushalt ein Fude lebt.

—* Zu einer Bcrsammlung der Klcingärtner in Hei-
delberg-Kirchheim am zweiten Weihnachtsfeiertag war der
Landesführer Czokallh aus Karlsruhe mit mehreren Mit-
gliedern des Landesvorstandes und verschiedenen Stadt-
gruppenführern aus badischen Städten erschienen. Ver-
einsleiter Hartmann -begrüßte alle Gartenfreunde
und betonte, der Verein habe bereits die Mitglisderzahl
230 erreicht, noch vor Jahresfrist kaum den Lritten Teit.
Stadtgruppensührer Gartenbaudirektor Diebolder er-
innerte an die Aufgabe der Kleingärtnervereine, und Rek-
tor Fischer begrüßte die Versammluna namens der
Partei-Ortsgruppe. Landeskührer Czokallh dankte
dem Leiter des Vereins, Hartmann, der unermüdlich tätig
sei, um den Verein stark zu mqchen. Daß der Anbau im
Kleinaarten sich in erster Linie auf solche Gewächse be-
schränle, die auch wirklich zur Ernährung seiner Familie
beitrage und daher dem deutschen Volk nutze, sei sebbstver-
ständlich. Gedichtvorträge folgten, auch eine reiche Ver-
losung schlotz sich an und dann blieben die Gartenfreunde
bei Musik und Tanz noch länger beisammen.

—* Ueber die weitere Arbeit am Neckarkanal be-
richtet der Südwestdeutfche Kanalverein
folgendes: Die kurze Pause, die nach der Fertigsiellung
der Strecke Mannheim — Heilbronn in den iveiteren
Bauarbeiten eingetreten ist, ist überwunden. Bei A l-
dingen unterhalb Stuttgart wlrd seit Monaten an
der Erstelluing der dortigen Staustuse im Zug der künf-
tigen Wasserstraße gearbeitet, uud wir ercharten, datz
in don nächsten Jahren die zwischen Heilbronn
und Plochingen noch fehlenden Teilstrecken —
entfprechend den dringenden Erfordernissen unseres
Gebietes — vollends ausgebaut werden. Darüber hin-
aus gewinnt für uns die Frage der Fortsetzung des
Neckarkanals als eines billtgen Massengüterweges bis
in das Geislinger Erzgebie an Bedeutung.

Diese Frage rechtzeitig zn untersuchen und zu kläre-
wird eine unserer nächsten Aufgaben sein.

—* Ein Aimmerbrand. Jni Nebenzimmer einer
Wirtschaft in der Schwetzinger Straße brach am
Sonntag infolge übermüßigen Heizens des Ofens ein
Brand aus, der durch den Wirt gelöscht werden
konnte. Der Sachschaden beträgt etwa 150 Mark.

Levorskehende Veranskalkungen.

* Bom Stabttheater. Die Operette „Dichter und
Bauer" von Franz von Suppe wurde vom Publikum
uud Presse sxendig begrüßt. Der Melodienreichtum des
Werkes und feine interessante Handlung verbürgen einen
anhalteuden Erfolg. Die Operette gelangt heute für
Stammplatzmiete A zur Aufführung. — Am Sonntag,
den 3. Januar, wird zum lstzten Mal das reizende Kin-
dermärchen „Der gestiefelte K a t e r" von Arthur
Wagner bei besonders ermäßigten Preisen gegeben.

* Silvesterfeier in der Stadthalle. Unter dem
Motto „Die letzte Nacht des Jahres 1936" findet wie
bereits mitgeteilt cin „Bunter Heiterer Abend"
mit anschließendem Silvester-Tanz am 31. Dezember in
der Heidelberger Stadthalle statt. Bekannte Künstler
des Rundfunks u>nd Varietös wurden aufgeboten. Tanz,
Stimmung und Humor werden die Besucher in allen
Räumen der Stadthalle einschlietzlich des Bierkellers
unterhalten. Schieß-, Scherz-, Likör- und Sektbuden
werden wieder ausgebaut.

* Dkiziel „Südtirol". Südtirol ist für den Skiläufer
verheißungsvolles Land! Seine Berge, die Berge der Do-
lomiten, stnd dem Wintersportler längst nicht mehr Vor-
stellung von schroffen Felsburgen und wildzerklüfteten
Talern, denn zu viele Jünger des weißen Sports haben
das Lob der winterlichen Höhen der Dolomiten >be-
reits mit bsgeisterten Worten in die Welt hinausgetxagen.
Die Bswohner des Landes fühlen auch heute noch deutfch.
Slnd wir Deutsche ihnen nicht schuldig. daß wir sie ge-
legentlich befuchen? Wer stch von den landschaftlichen
Schönheiten Südtirols und den Sportmöglichkeiten im
Winter überzeugen will, der erhält Aufklärung durch den
Lichtbildervortrag dcr Heidelberger Rei-
severeinigung heuie Dienstag abend 8V. Uhr im
Gartensaal der Harmonie. Das Thema des Vortrags
lautet: „Skiziel Südtirol". Der Eintritt ist frei. (S. Anz.)

* Die Evanqelrsche Frauen- und Müttervereinigung
der Altstadtgemeinden veranstaltet am Mittwoch, den
30. Dezember, abends 8.15 Uhr, in der „Harmonie" eine
Weihnachtsfeier.

Almschau.

Capitol: „Glückskinder".

Gloria-Lichtspicle: „Port Arthur".
Kammer-Lichtspiele: „Der Hund von Baskerville".
Odeon-Lichtspiele: „Seine Tochter ist der Peter".
Schloß-Lichtspiele: „Port Arthur".

Ste..Etserne Ro,e akS AnsleWilhen.

Retchsstratzensammlung am 2. und 3. Januar.

- (Presse-Photo, K.)

Am 2. und 3. Januar gibt es als Ansteckabzcichetz
die ,Eiserne Rcs e", die in der Kunstgietzerei
witz der Preutzischen Bcrgwerks- und Hüiten-A.G. uiw
in der Kunftgießerei Harzgerode im Harz hergefleul
worden ist. Neun Millionen solcher Abzeichen sind ui
Harzgerode, weitere sechs Millionen in Gleiwitz ang^
fertigt worden. Der Gußeisenverbrauch stellt sich ius^
gefamt auf 500 Tonnen. Beide Betriebe konnten aul
Grund dieses grotzen Auftrages einer grotzen AnMst
von Arbeitslofen mehrere Monate hindurch Beschäst^
gung geben, i>n Gleiwitz z. B. 70 Männern uno
Frauen für sieben Monate.

. . .. >-»---

Kammerlichtspiele: „Der Hund von Basle^
ville". Es ist immer schwer, Romane erfolgreich,^
verfilmen, ohne sie in wesentlichen Punkten zu än"
dern. Das, was im Buch oft Spalten beanspruchu
kann im Film manchmal durch eine knappe Geste
fetzt werden, oder man denk« an die Zwiegespräche, ",
Stärke der meisten Bücher. Und doch sind es Worte,
die die Spannnng eines Films gefährden. Die
mane Conan Doyles zeichnen sich durch knappe Sch>^
derung der Handlung aus und eignen sich deshalb gu>
zur Verfllmung. Gerade der Roman.„Der Hund vo»
Baskerville" ist schon oft Pate bei einem Film gestst^
den, bisher aber leider nur bei stummen Filmen. Di^
ser letzte Ma-ngel ist nun überwunden worden, und de^
Ton hilft hier mit, das Geheimnisvolle und Phantalt^
sche der Dohleschen Erzählungen „Wirklichkeit"
den zu lassen. Das grauenvolle Heulen des Hundes
von Baskerville und die unheimlichen Töne aus dew
Moor wecken erst das Verständnis sür die Handlung-
Das Ganze bleibt aber — auch im Film — der Row?"
Conan Doyles, phantastisch und doch glaubwürdlg-
abwechslungsreich und spa-nnend. Jn den Hintergruno
tritt eigent'lich allein Sherlock Holmes, der in dew
Film nicht die überragende Rolle spielt wie im
man, vielleicht zum Vorteil des Films, denn dadurw
bekommt das ganze Werk einen viel ausgeglichenercu
Charakter. Die Darsteller (Peter Voß, Friedrich Kavw
ler, Alice Brandt, Bruno Gürtner, Fritz Odeniai,
Fritz Rasp) vollbringen ihre Aufgabe, die Ätmosphuw
Eonan Doylescher Dichtungen zu erwecken, sehr g"<
und verdienen volle Anerkennung. Kurt App-
Odeon-Lichtspielc: „S e i n e Tochter ist ,d e l
Peter". llnserer gestrigen Bcsprechung über dieiltu
Film Iragen wir noch nach, datz außer 'Carl Ludwtg
Diehl noch Paul Hörbiger beschäftigt war, dm
als Freund niit unerschütterlichem Humor über schww(
ribe Lagen hinweghilft. Olga Tschechowa wartw
mit allem auf, was sie so reizvoll macht: mit ElegauZ,
Glanz der äußercn Erscheinung und einem verführer^
schen Lächeln. Daneben bleibt der andere, weiblicm
zurückhaltende Typus Maria Andergasts auf few«
Art wirksam. Eins der natürlichsten deutschen Fil»^
kinder ist Traudl Stark, der man das Spielen auw
dadurch erleichtert hat, daß ma>n statt zwischen Kulisst''
den Film in der herrlichen Umgebung von Salzburg
und Kitzbühel drehte. Ratürlichkeit und hnmorvolte
Frische geben dem Film viel Anmut.


Komsnv. v. Zarenkoken

c^opxrkxkt b? kiarl liükler u. Oo.
verllN'2ek!cn<1orl. - blackür. verboten 20

Sie lacht ein wenig zerstreut. „Sie Schlaukerl! I
Aber was habt ihr denn heute gefilmt? Ach ja, ich
weiß schon — ein Vauernstück. Da machen Sio den Sepp,
er liegt Jhnen eigentlich nicht, Sie haben so gar nichts
von einem Vauern. Sie sollten beim . . . Vrennhuber
in die Schulo gehen, der ist cin Vauer und wird es
bleiben."

„Ia, der Vrennhuber. . ein tiefer Seufzer
springt ihm über die Lippen.

„Ich werde Sie ihm empfehlen, kleiner Otto. Was
spricht man denn jetzt von mir bei euch? Ich kann mir
denken, die Aga, diese neidische Person, wird jetzt trium-
phieren, wsil ste meine Rollen spielen kann."

„Wollen Sie denn wirklich, Fräulein Mia, ganz vom
Film fort? Können Sie das Ihren Verehrerii aus der
Lsinwand antun, von anderen ganz zu schweigen?" stnd
er kützt ihre Hand.

Sis läßt es ruhig geschehen. „Ach Otto, der Arzt
hat mir Ruhe verordnet, ich weiß noch nicht. Ich habs
das denen so daher gesagt, vom Heiraten. Ich soll nach
dem Süden. Aber wer sagt mir, daß ich dort nicht ge-
rade den Vrennhuber treffe, und das will ich nicht, es
bringt nur Ausregung mit sich." Sie lächelt fahrig. „Ia,
und da könnten Sie mir einen Gesallcn tun, mein lie-
ber Iunge. Schauens, der Mucksrmann ist schon abgereist,
und ich habe ihn vorher nicht mehr sprechen können, und
bei seincr Hausdame, nicht wahc, das geht nicht gut sür
mich. Aber Sie könnten das leicht tun, wenn Ste vor-
geben, der Muckermann hätte thnen ein Cngagement zu-
gesagt, und Sie stünden jeht vor der Frage, öb Sie das
scine oder ein andcres annehmen solltsn, das Ihnen
soeben angcbotcn wurde. Sie mütztsn ihm darum tele-
graphieren. Nicht wahr, kleiner Otto, Sie tnn mir die
Lisbe an!"

Sis lsgt einen zärtlichen Ton in die Vitte und
schaut ihn so verheißungsvoll an. datz er ihre unruhige,
kleine Hand an scins brennenden Lippen führt und sie
lange und inbrünstig küßt.

„Wenn es weiter nichts ift, Mia, was Sie von mir
wünschsn. Ich könnte alles für Sie tun."

In Abbazia blaut das Meer, weiße Möven streichen
über die Wellen, rots Segel ziehen sern am Horizont.
Cine strahlende Sonne taucht alles in ein warmes Licht
und gibt auch dem bescheidensten Häuschen einen Glanz,
der es in einem Fcsttagskleid erstrahlen läßt.

Dem Frühlingsrausch des Südens gesellt sich ein
anderer bei, der Rausch eines Ramens. Große Plakate
leuchten von den Litfaßsäulen, auf dencn der Name Tont
Vrennhubsr steht. Der gefeierte Tenor gibt morgen ein
einmaliges Konzert. Im Vorjahr hat man es wiedcr-
hole« müffen, und jeht sind auch bereits alle Plähe aus-
verkauft. Abbazia ist stark besucht, dis Saison steht auf
ihrem Höhepunkt.

Am Morgsn des Konzertabends ist Toni angekom-
men und von Muckermann aufs herzlichste begrüßt
worden.

„Pünktlich wie immer, Antonio mio! Ich bin im
Hotel schon bedrängt worden von den Menschen, dte keine
Karten mehr bekommen haben ... nicht auszudenken!
Hohe Persönlichkeiten sind darunter, wir werden das
Konzert wiederholen müffen. Spielraum haben wir ja.
Abcr — nun laffen Sie stch erst mal anschauen, mein
Lieber! Ia, no," er schüttelt bedenklich den Kopf, „gut
sehen Sio nicht aus, Antonio, die englischs Luft scheint
Ihnen verteuselt schlecht bekommen zu sein."

„Möglich!" gibt Toni mit erzwungsnem Lächeln zu.

„Nun mal zunächst ins Hotel. Sie mllffen sehen,
daß Sie für den Abend einigermaßen frisch stnd."

Sie trachten danach, einen Wagen zu erreichen, zu-
mal man auf den Sänger ausmerksam goworden ist und
einige AutoArammsammler sich schan aii ihn drängten.

Toni gibt sedem freundlich seine Kntsrschrift, er
nimmt die Last seiner ungewollten Verühmtheit wie jede
Arbeit wiever ruhig auf seins starken Schultern. Datz er
in seinsm Innern ein blutendes Herz trägt, weiß ja
niemand.

Muckermann gelingt es nur schwer, ihn frei zu ma-
chen mit dem Hinweis auf die angestrengts Reise, dis
Herr Vrennhuber soeben hinter stch hat, und den heuti-
gen Abend, den er vor sich hat. Cr sslbst weiß wohl, daß
Toni Schweres trägt, die stillen Augen verraten es ihm,
aber er rührt nitt keiner Frage an dieses Crleben in
Langley. Cr ist nur froh, daß er Mia gegenüber so
sorgsam jeds Andeutung über ihren Aufenthalt hier ver-
mieden hat, wie natürlich auch Tonis Diener Heinz, so
daß man mit ihrem Auftauchen jeht nicht zu rechnen hat.
Freilich sollte es sich schr schnsll zeigen, daß er sich geirrt
hat, wcnn er glaubte, nur Toni kenne Mia noch immer
nicht. Cr kennt sie ebensowenig.

Nach Muckermanns Weisung hat Toni fast den gan-
zen Tag über auf seinem Zimmsr verbracht und geruht.

Ciiie Viertelstunde vor seinem Auftreten steht er,
fertig angezogen, eins Zigarette rauchend, vor dem Fen-
ster 'und schaut auf den Hafen hinaus, über dem noch
ein letzter Schein des verblaffsndcn Tages spielt.

Da fliegt ihm etwas von hinten her an den Hals.

„Da bin ich, Toni, da bin ich. Ietzt hast du mich
wieder, und ich blsibe nun immer bei dir! Laß dich an-
schauen ... Wie elend du aussiehst! Hat sie dir einen
Korb gegeben ... die Lady? Nun ja, das habs ich mir
gleich 'gedacht, das hätte ich dir im Vorhinein saqen kön-
nsn. Solche Frauen haben doch nur ihr Spiel."

Toni steht ganz still, gestrasft, nur seine Hände sind
unruhig, sie scheinen etwas greifen zu wollen. Das Ge-
sicht ist aschfahl. Mia wirst ihr Täschchsn auf einen
Stuhl und knöpst den Seidenmantel auf. Sein paradies-
rotes Futter leuchtet aufdringlich.

„Uebrigens habe ich meinen Vertrag gekündigt."

„Warüm?" Dunkel steigt das Wort aus seiner
Kehle. Cs ist, als befreite es ihn von einer vulkanischen
Gewalt, die in ihm tobt.

„Warum?" stagt er noch einmal, da sie ihm nicht
antwortsn will.

„Ach, Liebling, wie du nur so dumm daherrcdcn
kannst!"

„Warum?" Zum dritten Mal stellt er dis Frage,
fast drohend steht sie in dem Rauni.

„Gott ..." sie verkriecht sich in einen Seffel, „weil
ich doch krank bin! Ich kann nicht mehr filmen. Der Arzt
hat gesagt, ich bin gemütskrank, ich soll mich ausruhen,
soll mich erholen."

stnd da springt sie auf. „Wie stchst du dcnn da? Ist
das mein Cmpfang? Wegen dir bin ich krank geworden,
du machst mich verrückt! Du machst mich komplett ver-
rückt!"

Sie senkt ihre Hand in dje innere Manteltaschs und
umklammert dort etwas Kaltes.

„Ich bleibe jeht bei dir, sage ich dir!" schreit sie ihm
ins Gssicht. „Ob du mich heiratest oder nicht ... ich
bleibe bei dir!"

„Nein!" sagt er kurz und hart. Knd macht ein paar
schwere Schritte auf sie zu.

Wie das würgends Schicksal srscheint er ihr, als er
immer näher kommt, mit dem fahlen Gesicht, mit den
leicht schwingendon Armen ... sie starrt thm entgegen mit
offenem Mund, in dem ein Schrei festgefroren ist vor
maßlosem -Cntsehen. Will er sie mit seinen HLnden er-
würgen ...?

So sieht sie ihn. Aber der Toni will das durchaus
nicht, nur eine zurückgedrängte Wut, dis den Vauern ge-
packt hat, verlangt nach einer endlichen Befreiung, er will
sio bei den Schultern packen und zur Tür hinausschie-
hen ... auf Nimmerwiedersehen.

Wis aber seine griffbereits Hand in die seidenen
Schultersalten dss Mantsls faßt, fährt gleichzeitig die
ihre aus dsr Tasche.

Cin kurzer Knall ... ein zweiter-und dann ist

alles still.

Der elektrische Lüster hängt hoch an der Decke mit
fünf matten Kngeln, die wie sanfte Monde leuchten.

Knten strömt eine festliche Msnge dem Konzertsaal
des Kurhauses zu.

Muckerman geht unten im Foyer des Hotels auf
und ab, den Vlick immer auf die sthr gerichtet.

Fünf Minuten vor acht Uhr. Drsi Minuten vor
acht. In einer Minute acht. Acht sthr.

Wo bleibt dsr Toni? Ist er am Cnde doch schon
an ihm vorübergegangen, ohne daß er ihn geschen hat?

stnd so geht er hinaus zum Portiex.

„Der Herr Kammersänger ist noch nicht herunterge-
kommsn?"

^Vitte — nein."

Da hastet Muckermann die Treppe hinauf ... klopft,
klopft noch einmal.

„Antonio mio! Was ist denn mit Jhnen? Cs ist
schon acht Uhr vorüber!"

Cine unheimliche Kälte sitzt ihm plötzlich im Genick.

Warum gibt er denn keine Antwort?

Zögernd macht Muckermann die Tür auf, sie öffnet
sich nur eine Handbreit, irgendein Widerstand hsmmt sie.

„Antonio, es ist acht Uhr!"

Kaltcr Schweiß steht auf seiner Stirn. Keine Arst'
wort. .

Da leat er seine Schulter qegen die Tür und drüm
an. Der Widerstand gibt nach, Muckermann steht ""
Zimmer.

„Mt..."

Dcr Nuf erstickt auf seinen Lippen, er lehnt sich ^
einen Augenblick an den Türpfosten. Dann läust er w<
gehetzt den Gang entlana. die Treppen hinunter. ..

„Hilfe ... Hilfel" Cr weiß gar nicht, was er schr^'

Türen fliegen auf, Mcnschen stürzen mit entsetzt^
Gesichtern heraus.

„Was ist denn?"

„Cs brennt ...!" ruft eine Frau hysterisch. ,

Iemand hält den laufenden Muckermann an
Treppe auf. „Um Gotteswillen, was haben Sie den"'
Was ist los?"

Er kann nicht antworten, er bricht auf einem Sku"
zusammen. .

Der Hotelwirt stürzt auf ihn zu, er ist kreideble'A
„Was ist denn geschehen? Herr Muckermann, was hab"
Sle? Was ist Ihnen?"

Da bringt es Muckermann stoßweise heraus.
schoffen ... dcr Antonio ... erscho ..."

„Wen meint er denn?"

„Wie entsctzlich!" kreischt eine Frau auf. „Ich blet"
nlcht hier! Ein ... Toter im Haus ...!"

„Wer ... ist tot?"

„Cinen Arzt!" befiehlt der Hotelier.

Der Ruf pslanzt sich durch die ilmstehcnden chr '
„Ist vielleicht zufällig ein Arzt ...?"

„Hier ...!" ruft jemand. ^

„Kommen Sie bitte mit!" Der Hotelier stürzt "
dem jungen Doktor in das Zimmer dss Toni Bre>>
huber.

Ietzt wiffen si- es.

Cinen Äugenblick tödlichcs Schweigen. Sie W'
sich nur an.

Cine Viertelstunds später sieht der junge Arzt nrbe"
Muckermann, der sich von einem Herzanfall wieder ia o
sam erholt. „

„Veruhigen Sie sich nur, tzerr Muckermann! re
der Arzt lhni gut und tröstend zu. A^e,

„Cr kann mit dem Leben davonkommen. Denken ^
wie viels Lungenschüffe wir im Krieg geheilt habcn-

Muckermann schüttelt traurig den Kopf.
nie mehr singen können. Man wird nie, nie mehr "
einzigs Stimme hören."

Cr schluchzt auf und sieht den Doktor mit schwiwwe ^
den Augen an. „Und ich habe sie entdeckt. Aber be ^
Sie nur nicht, mtr wäre es um meinen Verdienst äu
wenn ich auch ein Vermögen durch ihn verdient b"
nein, darum geht es mir nicht. Nur, datz wir ryn

nun verlieren sollen ..." Cr kann nicht weiterspreche»-
Da legt stch plöhlich von hinten her eine
schwer auf seine Schulter. Muckermann fahrr E
einein^ sntsehlichen Schrscken und fällt dann soforr

lFortsetzung folgt-)

dem Kopf ganz zur Seite.

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