Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Zeitung — 1824

DOI chapter:
No. 32 - No. 60 (1. Februar - 29. Februar)
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.44352#0189

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext


' ; Js * TIR.
; i ]
/ ; 1:1 EE ,]
i E) é L ,
Q.; W- q / tz. ( sj
. j ' §
M J H é ITI ti
L Z f T
i ; ' D 1§
z ". g
: § Ü , \ YAL! i
. J Z Q (i N j _

Mit Großherzoglich badiſchem

Zeitung.

F gnädigſt. ausschl. Privilegium,

N° 47.

Montag, den 16. Februar

1824.

Politiſche Zeitgeschichte.



' 1 Wien, den z. Febr.
(Forts. des Art. a, d. dſtr. Beob. )

In dem Eindru>k, welchen bürgerliche Verbrechen

auf das menſchliche Gefühl machen, liegen gewiſse
Gradationen, die nicht immer mit denen, welche die
Geſ:-tzgebung angenommen und ſanctionirt hat , zu-
sammen treffen. Mord, Gifimliſcherei, abſichiliche

Brandſtiftung und andre Unihaten dieſer Art, ſind

durch sich selbſt ſo gehäſſig und empdrend, daß das
allgemeine Gefühl dem Gesctz, welches die ſchwerſten
Strafen darüber verhängt , vollkommen beyſtimmt.
Dagegen gibt cs Verbrechen, die das Geſeiz mit
gleicher, oder doch mit großer Strenge behandelt,
während ſîe in gutgearteten Gemütihern leicht Mit-
leid, Zweifel an der Verhälinißmäßigkeit der Strafe,
Empfänglichkeit für Entſchuldigungs - und Miiderungs-

Gründe erwe>den. In diese Claſſe gehdren unter ans

vern viele der Verbrechen, die durch Verfälſchung,
heimliche Veruntreuung , und ſonſt an dem dffentii:
<en oder Privat - Eigenthum begangeu werden. Hier
mäſſen Vernunft und Raisonnement dem Gefühl zu

Hilfe kommen, um die Ueberzeugung aufrecht zu er- -

halten, daß das Gesammtwohl der Geſsellſchaft, daß
die Pflicht, den Staat und ſeine unbeſcholienen Bür-
ger vor den Faliſtricken frecher oder liſtiger Betrüger
zu ſchütßen, dem Gesetzgeber Rücksſichien vorſchreibt,
vox weichen jede falſche Zärtlichkeit verſtummen muß.

Aus welchem Standpunkte man aber auch politis
sche Verbrechen, und namentlich das der vorfätzlichen
Unſtiftung gewaltſomer Revolutionen betrachien mag,
~ immer läßt ſich bei der Beurtheilung dieſer Art
von Verbrechen, kaum ein ſcheinbarer Grund zum
Zwiespalt zwiſchen der Gerechtigk.it, und der wohl-
verſtaudenen Menſchlichkeit entdecken. Die großen
Uebel, die aus bürgerlichen Verbrechen entspringen
können, ſind in ihren Wirkungen auf Individuen, auf
einzelne Gemeinen beſchränkt. Der Urheber einer ge-

waltsamen Revolution hingegen, bffnet unter seinen
Füßen einen Abgrund , deſſen Umfang und Tiefe we-
der er noch irgend einer ſetner Mitſchuldigen, noch
die von ihm hingeriſſene Menge zu mesſen vemgzanze.

Der Umſturz der rechtmäßigen Autoritätt, in wels
<er Form er auch begonnen und ausgeführt werden
mdge, kann, seiner Natur nach, nie ein vereinzeltes,
nie ein vorübergehendes Attentat seyn ; die Zerrüttung
des gesetzlichen Zuſtandes in allen ſeinen vielfältigen
Verzweignng.n iſt die unausblelbliche Folge deſſelbenz '
aus ihr gehen, wie die Frucht aus der Blüthe, die :
Anarchie und uſurpirte Gewalt hervor; und ſoba.d
dieſe din Sieg davon getragen haben, kann nur blit-
der Zufall oder bewaffneter Widerſtand von innen oder
auſſen, der gâuzlichen Auflösung der Gesellſchaft zu-
vorkommen. Während der nicht zu berechnenden Daus
er drs ſurchtbaren Interregnums muß, nach den ewi-
gen Geſcten der moraliſchen Welt, neben den Catss
ſtrophen die den Staat zerreißen, auch eine Maſſe .
von Privatleiden und Privat- Verbrechen, die oft mit
dem gemeinſchafilichen Elend wetteifcrt, einheimisch
werden, und die Erfahrung aller Zeiten hat, wie die
unſrige, gelehrt, welche unäbſcehbare R. ihe von Grâu-
eln und Frevelihaten, jeder gewaltsamen Revoluiion,
wenn ſie nicht ſchnel ihr Ende findet, auf dem Fuße
folgt. Mögen nun die Urheber des eiſtcn Berbrechens
dicſe grauſamen Folgen deſſeiben in ſträflichem Leicht-
ſinn übcrſehen, oder als nothwendige Bedingungen
einer eingebildetcn Wicdergeburt ihrer ernſten Beher-
zigung nicht würdig gcachtet haben, ſie bleiben
nichts deſtoweniger verantwortlich dafür ; kein Richter
im Himmel noch auf Erden, kann ſie von dieser
ſchweren Veran;woriung lotſprechen ; und in ſofern
bei d m Ur1hril über ſtraſwürdige Thaten das Gewicht
der daz aus hervorgehenden Uebel in Aaſchlog tföm mt,
kann sich für den vorſätzlichen Revolutionsöſtifter wohl.
nicht leichr eine mildernde Siimme erheben.

Nicht weniger verkehrt iſt die durch denſc.lben Irek-
thum erzcugte Meinung, daß es billig, menſchlich und
verdienſtlich sey,, politiſchin Verbrechern, wenn ſir den
Schauplatz ihrer unseligen Thätigkeit zu verlassen ge-
 
Annotationen