Mannheimer Zeitung (1824)

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Mit Großherzoglich badiſchem



anädigſt. ausschl. Privilegium.

N° 178.

_ Montag, den 28. Juni

1824.

Vaterländische Nachrichten.
(Fortſeßung.)

Es iſt jedoch die Dauer einer ſolchen Rede höchſtens
auf eine halbe Stunde beſtinmt. Das Amt des

Vorſängers soll mit dem Amte des Religions-:

ſchullehrers verbunden, dagegen der Dienst des
Schächters von dem Vorſängerdienſte getrennt wet-
den. Die Rabbiner. die Norſänger, die Ortsältes
ſten und Kirchendiener follen in der Synagoge in
einer beſonders ausgezeichneten Kleidung erſcheinen.
Es soll ein Religionslehrbuch in Fragen und Antwor-
ten in deutſcher und hebräiſcher Sprache eingeführt
werden, für den Unterricht der Jugend, wobey auf
der einen Scile das Hebräische und auf der andern
der Inhalt in deuiſcher Sprache angeführt iſt. Auch
wird eine Prüfung des Glaubensbekenntniſses einge-
führt. Dieſe wird in der Elementarſchule öffentlich
vorgenommen, und beſteht in der Prüfung der aus
der Elementarſchule. tretenden Kinder in den vornehm-
ſten Religionsgrundsätzen, durch die Rabbiner, Rabs
binatscandidaten, oder, in deren Verhinderung, durch
den Religionsſchullehre. Der Prüfungsgegenſtand
wird durch ‘tine. beſondere Vorſchrift bestimmt wer-

den. Die Bildung eigner Volksschulen für die iſrae-

litiſchen Glaubensgenoſsen iſt geſtattet.
.f ; Wunderbare Rettung.

: (Zufällig verspätet.)
Johann Friedrich Mehlin, Bürger von Badenweilcr
und Vater einer armen Familie, begab sich am 3.
Juni Abends auf den Weg nach dem, wenige Stun-
den von seinem Wohnorte gelegenen Städtchen Stau-

fen, wohin man ihm einen Auftrag gegeben hatte,

Unglücklicher Weiſe wählte er einen abkürzenden Weg
über das Gebirg und ſtürzte, bey eintretender Dun-
kelheit, in einen alten, 84 Fuß tiefen, Bergschacht,
Er blieb zwar lange ohne Beſinnung, fühlte sich aber,
als er dieſe wieder erlangte, nicht im Mindeſten ver-

letzt. Seine Familie befand ſich ſeinetwegen in der

grdßten Unruhe. Zwey Tage und zwey Nächte waren
vergangen , ohne daß sie ihn, den ſie ſchon am Mor-
gen des Tages nach seinem Ausgange wieder erwartes
ten, zurück kehren ſahen. Endlich fiel dem Conrad
Karrer, Bürger zu Ballrechten ein , Mehlin könne
wohl in den alten Schacht gefallen seyn. Er eilt
dorthin, wirft ein Steinchen in die Tiefe, und ruft
hinab. Da hört er die Stimme des Verunglückten,
der um Rettung fleht. Eilig holte nun Karrer Beis
ſtand und Rettungswerkzeuge herbey , und nach weni-
gen Augenblicken war der Unglückliche, den seine ver-
zweiflungsvolle Lage bereits dem Selbstmorde nahe ge-
bracht hatte – er führte ein Taſchenmeſſer bey ſich,
in den Abgängen des Schachts ſtanden tiefe Waſſer
~ wieder an das Tageslicht gebracht und den Seini-
gen zurück gegeben.



Politiſche Zeitge schichte.



Trieſt, den 15. Juni.

Mittelſt eines aus Calamata in dreyzehn Tagen hier
eingetroffenen Schiffes ſind griechiſche Zeitungen aus
Misſſolunghi angekommen , worin ſich die Nachricht be-
findet, Juſſuff Paſcha habe aus Patras mit 4000
Mann einen Ausfall gemacht, und ſey bis Voſtitza
vorgedrungen, aber endlich mit Verluſt nach Patras
zurückgeschlagen worden. Ob diese Blätter Glauben
verdienen, wagen wir vorläufig nicht zu entſchei-
den.

Am erda m, den 15. Juni.

Wir haben Nachrichten aus Demerary vom 20. April
und ersehen aus dieſen, daß die von engliſchen Blät-
tern mitgctheilten Berichte über efnen dortigen Ne-
geraufstand tm höchſten Grade übertrieben waren.
Auf der Ostküste hatte ſich eine kleine Bewegung ges
zeigt. Der Gouverneur Murray ſandte, nur aus
BVorſicht, ein Truppendetaſchement nach dieſer Gegerd
ab, nnd dieſe Maßregel war hinreichend, die Ruhe