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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 149 - 178 (1. Juni 1923 - 30. Juni 1923)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15611#0973

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^ burchaus Lefriedigend erachten, und dah ste auch «an
angvnommen werden könnte.

dir Vrre?endrrng der devlschen Mrlfchast

Aeichstagsdebatte iiber die Tcuerungsmatznahme» im Reich
Ergene Drahtmeldung.

Berli». 7. Jurri.

A« Regierrrnsstisch: Reichswirtschaftsininister Dr. Becker. ReichS
"erstnnnifier Dr. B r a u n s, Kinanzminister Dr. Hcrmes.
tie Ler Tagesorbnung stetzt etne sozsalbemokratische Jntervellation.

<euernngsmatznabmen iordcrt infolge bcr Markentwertuug.
Ück Dr. Auflrünscr (Soz.1 begrünbet bie Jntervellatton und wendct
bi? ^iiächst gegcn die „Zcit". die wegen dicier Jntervellatton bcliauptet hat,
k», Tvzialdemokraten wollten damtt nur itzrem Agitationsöedürfnis nach-
^wen. Das kennzetchne die sogenanntc Einbeitskront. Dre Jntervellattrn
vi»r Gegenteil eine Entivannnng herbcifübren. Man müfse enblich ein-
E, .^ronr machcn geger, btejenigen. die an der Markentrpertung Jnter-
vaben. gegen besttmnrtc Teile deS deutschen Beützes, die die Notlage
^vtzen: biese Kreise hätten seit dem Kriege keinc Produktionspolittk ge-
tzo, sondern lediglich vrivate Jnteressen verfolgt. Der Redner be-
datz in ausländischen Banken Dcvisev beutscher Kavitalisten auf-
eauft sind. lZuruf rcchtS: Bcweife.'l Dic Lohnemvfängcr fcien bie
b'igei, entcignet sind. Die Bcsttzenben wördcn geschont. Don der

z, Srkstützungsaktton babe de» Bortcil nur dte Grohindustrie gehabt. Der
^.fichsbankvräsident habe jetzt anerkannt, datz Qucrtrcibereten
t^Devisen tn bcn besttzenden Kreifen vorgekomnren seicn. Dtese Leute
W»« an den Pranger stellen. Hcute rechnen in> Reich nur noch drei
nach Paviermark: die Steuerbehörde. dte Lohn- «nd Gehilts-
K^tiirrger unb öie Rcichsbank. Der Nebner fordcrt elne Kontrolle der
,„'?nesfcheii Anlagcn im Buslande. Das Neich müste beteiltgt werden
d,,„k " Se.chwerten der Jndustrie. Die Lohnsteuer dcr Arbeitnehmer be-
-cr Milderung. Löbne und Gehälter müffcn cndlich an die Pretse an-
werden. Dcr Redner kritistert die Wirtschaftsvolitik bes Ministrrs

dh

Än dcr^ Regicrung und den bürgerlichen Partsien liege eS,

die d«r Krise inncrbalb dcs Parlaments zu ermöglichen. bever

Die''?l;sicrun>7 tzxr Mastcn autzerhalv deS Parlaincnts notwendig werde.
tz. Als erstcr RcgierungSvertrctcr Seantwortet Reichsarbcitsminister Dr.

dir- Inrerpellation. Die Reichsrcgierirng bsgrritze es lebhaft, batz
tj. ^clcgcnheit findc, in sachlicher Ausivrache mit dem Reichst.rg dis schwie-
ds, , ^sge zu erörtcrn, in die unZ bie starke Geldentwertnng und
't-runghaite Teueruna gebracht baben und die nötigcn Mahnahmcn
Abhilfe z« bcraten. Die Reichsregiernna wünsche lebhaft. dah trod
8?^ Hindcrniste nnd Hcmmungen eine sachliche Erörterung etne gswtste
^a^igung tür «nscr schwer lcibendeS Bolk bringen wird. Die Jnter-
^Sttou beginnt mit der Forberung,

RenLe« mid dre Unterftiitzimgeu a« die Tenerung auzupasien.

K?.öer letzten Zeit ift dem RcichSrat etn Entwurf zur Anvastuna der
tz^rentner-Nnterstützuna «nd der Wochenhilfe nnd Wochenfürsorge an die
h ldcntwertung rngcgangen. Jetzt liegt bem Reichstag auch ein Ent-
ly,? tfzm Erböhung der Unfallrentcn vor. Für das besetzte
jjs," EinbrnchSgcviet werden die nerien Gelbbeträgc noch nm 25 Prozent zn
^Tfichreiten sein. Da in der Kleinrentncrfürsorge der Personenkreis stch
tzo? weitcr a«saei>ehnt hat, so bat die Rcgterung bie im Haushalt
tz,,?^be!ren Mittelbeträchtlich verstärkt. Jm sozialyolitischcn
z,^!chuß tzcs RciKstags hat heut« bereits Lic Beratung über dte Mehr-
dieser Verordnungen aufgenommcn und es ist z« crwarten. datz cr
tziz morgcn zn Endc kommt. Unter dcn Verordnungen. die ni-ht
dj. ^enchmigung des Reichstags bedürsen, ist eine solche vorbcreitct, die

k, ^ e rficherungsgrenzeund Grundlöhne inder Kran-
^i,» »vb Rngestelltenversichcrungg mit den Löhnen

G e bältern in Einklang bringt. Ach nehme an, batz dcr
ir,t ürk eines NeichsknaovfchaftSaesctzes trotz der neu einge-
!tzi.:üeil Schwlerigkeiten doch in den nächstcn Tagen verabschiedct werden
Die Nenten der Kriegsbeschädigten »nd Hintcrbkiebe-
wcrdcn in -er in öen nüchslen Taacn zn verabschicdenben Novclle
«v »^"Esversorgirngssescb neu feftgesetzt. Die Renten weröen dadurch
R, ^ PreiSstetgernng tcweils angevatzt wle die Beamtengevältcr. Bis
TwrHsMnma werden entsprechende Dorichüsse sckon jetzt aezahlt.
Witttel Ler sozialen KricaSbcschädisten- und Hinterbliebenenfürsorae
-adurch eine gewiste Entlastung. Trotzdem stnd mit Rücksickt auf
"ntzergewöhnlichcn Umstände die hierfür bisker vorliegendcn Mittel
Auni um M Prozent. d. h. auf S.8 MUliarben Mark vermcbrt. Anf
r w e r b s l v s e n f ü r s o r g e legt auch die Regierung befonderen
^ >>druck. Die Erwerbslosermnierstützung svll nnverzüglich der sortschrri-
Gcldentmertung angepatzt werdcn. Die Dorlage der Regiernng
vy.o beut« nachmittag im Retchsrat veraten und soll mit Rückwirkung
Dkontaa. de « 4. Iuni, sn Kraft treten. Sie wurde allerbingS
!§,I:^^ellt z« ciner Zctt, alS die PrciScntwicklung noch nicht so weit vorge-
,^'sten war wie heute. Gie steht deshakv nur eine Erhöhnns »m SZlk Pro-
!>,/? öor. ych bin aber nvcrzcugt, bah d-r ReichSrat tn Nebereinstimmnng
ReichZrssterung betrökbtlich darüber hinattSgehen wird. Dicse
öie L " n g ist bcrcits dic sechste im laufendsn Jahr. Amb sv-ist hat
"eichsregierung stch nnansaesetzt bcmüht, drc Erwsrvslosenfürsorge so

l, ,^ wie iroend möalich an die ungünstige wirtschaftliche Entwlcklnng an-
bj,.Men und abgeseben von den Vesonderen Matznahmcn im bcsctztcn Ge-
«yz ü !>' ken lStzlen Monaten namcnilich die Fürsörge für die Kurzirbetter
pn"7staltcl wordcn. EIn Gesetzentwurf Lb-r bte Bcrkürzung der Wirte-
Z,-, bci Lcr Arbeitslosenunterstützrrna wrrb vorauSsichtltch tn ber nächstcu

' iem Reichstag zngeben.

Der Schgffring «e«er Arbeit die«t oor allem das System
. der prsdriktioen Nrbeitslose«fLrsorge.

bicseS hat in dcn letzten Monaten etnen beständigen Ausbau er-
Dcn Gemcinbcn fehlen freilich die Mtttel zur Ftnanziernng von
«r^üandsgrbeiten. Daher haben wir ihncn Darlehen zu dirlem Zwcck in
tz>,oitertem Umfang gegeben. Als ber nene Markstur, erfolgie und dte
dj, wertung der Mark «nbgültig fcststond, zog auch das Arbcltsministerinm
tz,!,whnvolitischcn Folgerunaen aus der vcränberten Sachlage. Das Ar-
ds^winisterinm ietzt überall ieinen Etnslutz dabin ein. datz bie Löhne
iqj; veronderten Preisen anacvatzt wcrden. Ich stellc ansdrücklich fest.
^ti- ^ keiw'sfolls iminer erft des Eingrisfs bcr Bchörben bednrfte. Wtr
ten dte Entwicklung der Löbne keineSwcgS als abgeschlossen. son-
»>ni! unscrer Ncberzeugung ist die wciiere Anvastnng an die Prcise
erfordcrlich. Jm Bergbau find berettS fstr Montag entivrechende
Itz"^nblungen anacsetzt. Dte Bebenken gegendte antomati-
tis^ 8 o h n r e g e l u n g, dte mit der Einführnng von GoldlöSnen iden-
kei, WSre. Snben sich nicht vermindcrt. Es gäbe bann in Dcutlchland
!0ärc Dlenschen mehr, der an bcr Niedrighaltung der Prcise interesstert


>»„. - Bielleickt wäre anch der Staat eincS TageS gcnötigt, seinc Zah-
etnznstellcn. Die Gcfahren bieser Regelung wcrben auch im Aorre-
i uzblatt des Allgemcincn Deuischen GcwerkschaftsbnndeS anerkan-it.
eS im Einverftändnis mit dcm Wirtschaftsministeriuin für ueine
kichki etnen Mahstab zu ftndcn, öer öie veräuderte Kaufkraft mög-
fchncll und genau wicbergibt unb bcn wir bei künftigen Lohnvcr-
^, ünoen zngrunde legen. Fch halte «S aber für ein Gebot der
^ Ktigkett. tn dtcscm Monat mit dcn Lövnen übcr dcn veralteten
bph k binguSzugchen. Jn bickm fchlen bekanntlrch alle Kultnrausgaben
«>, -"üch bie Takfachc ist ntcht berückstchtigt- datz alle Sausbaltungen ständig
°gs> ?rer SnSstanz zchrcn. Wcsentlichc Feblcr crgebcn stch auch darans.
MonatStndcx nur nach zwei Stichtagcn bcrechnet wirb. Aber
«derung LcS Jndcr ist ntcht vou hcutc anf morgcn möglich. Die
trh.°rung wird allerdtngs energtsch an bie Lösnng dieser Aufgave heran-
Lcider kann das Arbcitsministertum utcht auf dic Währung, dte
"ülagc uiiferer Not, etnwtrken.

Ei«e Gesunvong unserer WSHrung kst «icht mSglich, solmrae
^cht tm Inner« Rohe u«d Ordvong wiederhergestellt find.
^uhe ««d Ordnung im Innern werden wir aber nicht be-
Ev»rme«, solange das Reich der Spielball seindlicher Mächte
'8. die ihre Kriegsriistange« sortgesestt fteigeen «nd ««s
bedrohen.

in dte sanze
gegenseitigcii

Mtig rrchts.1 Der Minister schsieht mit bem Avvrst an -ie
Möge endkich einmal bri allcn Völkern ber Wille ber gegcns

Arf O'iNg. b,-r Anerkennuns ihrer Freiheit unh thres natürlicken Rcchts
!tj. i-cLen unb LebeuSentfoltung »um Durchbrnch konrmen! lBcifall.1 Die
^di^/krungist bereit. alleS ru tu«. maS i» khren Kräftcu licgt,
, ^stin Zick näber zu komrneu.

Siix, ^ichsfinanzminifter Dr. H-rmeS erklSrt. datz d«s Gefetz zur Anvast-
Steuern an die Gekdeirtwertuna fchon nicht mrhr drn heutigen
Ae zv'Misten enttzvveche. Dü- Stcucrerklärungen scicn febock abgegcbcn.

AttziL^onlagung im Gange »nd die.Finanzämter werben biS zmn Herbst
M öeschäftigt sein. Man dürfc khre Arbeit nicht dnrch cine Aendcrung
«s desetzes tns Stocken bringen. Ei» Ausgleich iei tcdvch möglich durch
vorgelegte Geketz zur Berbilligung des Bro-
- "»'„..ich bier reiche allsrdinos der vorgefehene Betra gtn HSS« beS
^ts-^airlrthebrtrageS nicht mehr aus. ES muh cine Bervicrfachung
üei-^?^n. Dic Baravtzz-M«ngen fstr die Einkommcnfteuer werden wahr-
°uf dcn Svfacheu Botrag dnr Steuer vvn WSS frstgeietzt werdcn
EStr sinü dabet. Ste Besttzsteuern möglichft bek Gekdentrvetrung
ü^rül,/wn. «nch u-m eime beträchtktchc Steigcrnns der Berbauchsfteuern
fte»»,chir »icht berinnkvmmcn. Dor allem dürfen di« im AuSlanb be-
unsere Stsvep. «yd KinanWoMk keme^ttcin

Fortsetzung der Zengenvernehmung.

Vo» un^erer Münchsner Redaktion.

MLnche«, 7. Zuni.

Verieidiger Dr. Endr-as wendet sich im Namen seines Man
danten Verger gegen dre von Mayer gebrauchte beleidigende
Bezeichnung „abgebrütes Jndividuum" und stellt daüei die Person
des Zeugen Mayer dagcacn, deffen sonderbare Rolle nicht überall
Sympathie finde. Er fühlt sich veranlaßt, seinen Mandanten gegen
derartigs Ausfälle zu schützen.

Verteidiger Pestalozza stellt dre Frage, ob Mayer schon in
früheren Fällen derartige Üeoerwachungen ausgeführt habe, z. B-
beim Kapp-Putsch. Hicraus verliest der Verteidiger Pestalozza unter
Zeugenbenennung folgeirde Beschuldigungen gegcn Mayer: 1. Mayer
soll auf sinem Layerischen Ministerium tlrkunden entwendet
habenj L. Er soll Dr. Peters eine günstige Versorgung versprochen
habsn, falls dieser ihm eine höhere militarische Lharge vermittle:
Z. Mayer soll Dr. Peters ein Motizbuch entwenöet und dessen
Jnhalt als eigenes Material benutzt haben. Mayer soll dies später
dem Prinzen zur Lippe inSchliersee mitgeteilt haben: 4. Mayer,
der sich als Antisemit betrachte, habe dem „Völkischen Beobachter"
durch Friedrich Vckart antisemitisches Material geliefert. (Zeugen
Esfer und Dr- Runge): S. Mayer habe den Bahninspektor
Knaus vom Bund „Oberland" vsranlassen wollen, das Offizier-
korps der Feiaheit zu bezichtigen: 6- Mayer habe sich durch Vermitt-
lung des Dr. Runge wegen des Anschlusses der Reichswehr an das
Unternehmen im Januar an den Oberamtmann Fi i ck Üei der Poli-
zeidirektion in München gewandt. — Das Eericht lehnt die erste
Frage als unbehelflich ab, eüenso werden dis gcnannten Zeugen in
den Beschuldigungen 1—5 abgelehnt. Der Zeuge Oberamtmann
Frick zur Bcschuldigung 6 wird geladen.

Der Zeuge Dr. Tafel äutzert sich über Fuchs und Mach-
haus: Fuchs haüe er nis gesehen, Machhaus kannte er als einen
Nationalsozialistcn und Redakteur des „Völkischen Beobachters".
Der Zeuge gewann von Machhaus den Eindruck eines unsteten, ver-
worrenen und unzuv-rlässigen Menschen, der nicht imstande sei, eine
politische JKee konsequent durchzudenken und durchzufiihren. Der
Verteidiger Pestalozza fragt den Zeugen, ob er im Januar und
Februar oon Putschgerüchten etwas gewutzt habe. Tafel: „Putsch-
gerüchte schwirren ja seit drei Jahren durch die Luft. denen nach-
zugehen unmöglich erscheint. Jch habe nie etwas darauf gegeben."

Pestalo'zza: „Destimmte Spezialfälle sind Jhnen vielleicht in
Erinnerung?" Tafel: „Ja, bei der Beisetzung des bayerifchen
Königspaares." Pestalozza: „Nicht auch im Zanuar, nach der
Tendenz, bald loszufchlagen?" Tafel: „Jm Januar und Februar
nicht mehr als vorher." Pestalozza: „Kaben vaterländische
MLnner die Lust zum Losschlagen im Januar und Februar unter-
stützt?" Tafel: „Darüber möchte ich mich nicht ILnger politisch
äußern." Pestalozza stellt den Antrag, den Zeugen, der diese
Frage nicht ohne mitzoerstanden zu wsrden beantworten kanir und
ohne sich über politische Zusammenhänge zu verbreiten, auch als
Sachverständigen zu beeidigen und ihn zur Darstellung der politischen
Znsammenhänge zu veranlassen. — Das Gericht lehnt diesen Antrag
ab, da Fuchs als Verüündeter Frankreichs ein Freikorps zu errich-
ten, ferner Vayern unter Mitwirkiing Frankreichs vom Reiche loszu-
trennen «nd dem Rheinbundstaat von Frankreichs Gnaden anzu-
glisdern erstrebte.

Der sZeuge Dr. Decke kennt Machhaus persönlich und geschäft-
lich. Machhaus habe in seinen Aeußerungen als Steckenpferd immer
den Bolschewismms angsfiihrt und er sah den Termin eines
noiwendigen Vorgehens gegen den Bolschewismus immer näher
rücken. Machhaus habe im Herbst 1821 zum ersten Male den Namen
Fuchs mit seinen politischen Plänen genannt.

Der Zeuge Prätl, Hauptmann a. D. nnd Mitglied des
„Blücherbundes": Jn einer Führersitzung mit Schäfer am 17- Fe-
bruar sagte dieser, man solle sich bereithalten, aber vhne Bsstimmung
eines genauen Tages- Der Zeuge sagt, in seinen Besprechungen mit,
Machhaus sei der Z ü sa mm c n sch l u ß der v a t e r l ä nd r s ch e n
Verbände zu einer gemeinsamen Abwehrfrönt be-
Mossen wordsn. Die Herren P ö h n e r und Ett. die Prätl und
seine Freunde aufsuchten, mahnten zur Vorsicht, da wohl französtschee
Geld mit im Spiele sei. Sie wollten eine Ueberwachung der Bezieh-
ungen Machhaus. Schäfsr war mit Prätls Standpunkt ein-
verstanden. Prätl bstonte sein Vedauern. als Soldat durch die
Umstände gezwungen gewesen zu sein, mit Leuten wie Machhaus und
Eenossen zusammenzubleiben.

Der Zeuge Held, Hotelbesitzer in Vad Reichenhall, erzählt,
Richert habe vom 20. bis 26. Juli 1922 bei ihm gcwohnt und stch
als Kaufmann aus dem Elsaß angemeldet. Er Lezsichnete sich als
Mußfranzose und als Deutschenfreund imd verschwawd am 26- Juli
plötzlich.

Der Zeuge Stiegelbauer. Kaufmann in Weilheim, Mit-
glied der natronalsozialistischen Arbeiterpartei und des „Blücher-
Lundes" stand zu Machhaus durch deffen Bruder in Beziehung.
Machhaus erzäblte Stiegelbauer seinen Plan in bezug auf Frank-
reich, die T s ch e ch o s l ow a k e i und Richert-

lleber die letzte Sitzung ist noch nachzutragen:

Dsr Zenge Mayer erklärt dann weiter, im Jcchre 1921 sei
seitens Frankreichs die Errichtung eines

Eroßbayerns mrt DeutschSsterreich,

der Pfalz, den rechtsrheinischen Rheinlanden unter der Herrschast der
Wittelsbacher geplant gewsscn. Kronprinz Ruprecht habe aber
schon damals jede Berührung mit dem französischen Sendling
energisch abgelehnt. Später, im Frübjahr 1922. habe Fuchs Paris
über diesen Plan Lefragt. Er habe aber keine Geneigtheit gefunden,
dem Zerstörer von Lille dte Führung dieses Staates anzuvertrauen.
Auch wolle man nicht auf die Pfalz verz!cht-n, die mit
dem linken Nheingebiet Preußens bei Frankreich
bleiben müsse.

Bei seinem Besuch in Rommental am 16. Februar drängte
Richert immer wieder zur Tat. Mayer dagegen wies auf die völlrge
Entwaffnung Dayerns hin Richert erwiderte, durch Machaus habe
er gehört, daß in Dayern ja Leirächtlich viele Waffen gesammelt
seien. Mayer wrdersprach, es seien nur fü: ein Vataillon Wafsen
vorhanden. Richert machte anf Mayer den Tindrnck eines militärisch,
sonst aber wenig gebildeten Mannes. Richsrt, dcr bis dahin auf
falschen Paß gereisi war. verlangte einen richtrgen Paß, zu welchem
Zweck er sein eigenes Paßürld dem Zeugen gab. Gleichzeiiig legte
Rrchert in den llmschlag «nauffällig ein weihes Papier, das sich
später als dcr schon erwähnte Scheck im Betrage von 1009
Dollars entpuppte, den Fuchs am 20. Februar von Mayer als
Spende sernes Freundes Richert, w!« er sagte, in Empfang nahm.
Mayer bezeichnete dLn Nichard Gutermann als völlig ahnungslosen
Statisten, der durch Machaus skruvellos mißbraucht wurde. Ebenso
der Zeuge Rudolf Eutermann. Machhaus schrlderte Mayer als willens-
starken, phantastischcn Menschen von suggestiver Kraft. Wegen der
Verhaftung des Richert fand am 20. Februar eine Unter-
reduna mit dem Znncnmimstei Schweyer in Anwesenheit des Hof-
rats Pixis statt- Der Minister lehnte eine sofortige Verhaftung aus
innerpolrtischen Eründen ab. denn der Franzose könnte ja siiäter
»ireder herübergelockt werden. Daran anschließdnd fand d!e letzte
Unterredung in der Wohnung des Machhaus statt, am 20. Febrriar
absnds, die zwei Stunden dauerte. Richert wurde mit seinem
wahren Namen erngeführt. Anwesend waren Friedmann. Kautter,
Fuchs, Machhaus und Richert. Kautter verlangts von Frankreich
schriftliche Garankien, worauf Richert lediglich mit Dankesphrascn
antwortete, da. wis er hinzufügi«. Frankrsich solche Zusicherungen
nicht geben könnte. Ueber die vermutlich unzureichende militärischs
Vorbereitung entspann sich eine längere Diskussion, aus der die
napoleonische Kontinentalpolitik des heutigen Frankreich trotz Aus-
weichens seitens des Ri«bert klar hervortrat. Mayer hat den Ein-
drnck, daß Richert mit Wkffen und Unterstützung seiner Regierung
ein Sonderunternehenen begann, deffen glückliches Gelingen ihm
Ehren gebracht HStte, u. a. das Kommandeurkreuz der Lhrenlegion.
Jm gegenteiligen Fall« galt Richert als erledigt. Mayer, oüwohi
ein politischer Eegnrr Pöhners, hielt diesen dnrch die Tatsachs.
datz ihm Richert eimM LMfijtzrt wiuche. nicht im ge^irrgsten sür
^omprowtttrert.

Der Derterdiger stellt einige Fragen an den Zeugen, n. a.: Jß
es richtig, daß Zeuge schon ähnliche Äeberwachungen in fremdew
Auftrag oder aus eigener Anschauung gemacht hat. Zeuge üejahjj
lleber die Zulässigkert solcher Fragen entspimrt sich eine Meinungs-
verschiedenhert zwrschen Verterdiger Pestalozzi und dem Vorsitzende«:
Der Vorsitzend« lehnt dre Zulässigkeit ab. Der Verteidiger erbittsi
Entscheidung des Gerichtshofs. der nach kurzer Beratung fich d-A
ablehnenden Standpunkt des Vorsitzenden zu eigen macht. Trotzdem
befaht Mayer nochmals freiwillig, daß er derartigs Ueberwachungeu
schon frühsr vorgenommen habe. Jm Lauf weiterer Fragen seitcns
R.-A. Pestalozzi zeigt Zeuge Mayer eine wenig sichere Haltung und
eine wenig präzise Beantwortung der Fragcn, was zeitweise eine
gewiffe Erregung auf berden Seiten hervorrüst. Pestalozzr fragt deu
Zeugen u. a-, ob es ihm bekannt war, daß Mayer als Esneralissimuz
des ganzen Unternehmens in Aussicht genommen goweseu wäre.
Zeuge- bejaht schließlrch.

Sie Amichrn in LeiNM

Die Zahl der Tote« ond Berwmrdeten ist nicht bekarrnt
Eigene Drahtmeldung

Leipzig, 7. Zuni.

Am Donnersiag zergt« die Stadt wieder das altgewohnte
Bild. Ansmnmkungen sanden nicht mehr statt, man sa>h vislmohL
nnr einzelne kleinere Trupps von Ne-ugierigen an Ler Stell«, wo dis
letztsn Zussmmenstöße stattgestrnden batten, und wo noch jetzt d-is
Spuren derselbon fich>tLar sind. Die Zahl der Verletzten hev
dsn gestrigen Unruihen ist auch jetzt nochnrcht gcnaubekannt-
Zrrs Krankenha-ns St. Zako>b sind 54 Berletzte einseliesert worven.
20 da-von konnten nach einer leichten Behand-lung '>wieder entlaffew
werden, 18 Personen sind -schwer mrd 20 le-icht verletzt. Es scheinjt
jedoch, daß die Zahl der Opser eine weit größere ift,
da hie D«nonstranjen bei ihrem erl-igerr Rückznge ein« Dtenge ver»
l-etzte Personen mit srch gesch-leppt haben, u-nd da sie allsm Anfcheine
nach auch Tote mrt rvegschleppten.

(Wiederholt, dä «ur in einem Teil der gestrkgen Anflage enthaltes.)

Sie Vrüffeler Konferenz.

Aufrechterhaltung der alteu Bedingungen.

Vonunserem F.-Korrespondente«.

Paris. 6. Zrmi.

Der franzöfische Ministerpräfident ist herrte nachmittag um
1,30 Uhr inBrüjfel angslangt, wosram Bahnhof u. a. vom
Eeneral Degoutte und vom Oberkommrffar Tirard begrüßt
wurde. Dre Üelgischen »nd die französischen Minister haben sich um
2^ Uhr zu einer Konferenz vereimgt. Nach einer Unterredung
zwrschen PorncarS, Theunrs und Zaspar, dre mehr als
eine Stunde gedauert hat, sind die Sachverständigen zur Teilnahme
an den Beratungen berufen worden. Dre Sitznng dauerte bis
6ls Uhr. Sofort nach Beendigung rst folgendes Kommuniquä
ausgegebsn worden:

«Die belgischs ond die franMsche Regie««»g haben hente die
gemeinsäme Priifung dsr verschiedcnrn durch die RiihrLrsetznng
ausgeworfenen Fragen fortgesetzt. Sis häben restlos älle ihre
früheren DeschlLsse aufrecht erhalten. namentlich
was die Bedingmrgen Letrifft, nnter denen die Räuwmrg des
Ruhrgebiets nach Zahlnng der Reparationen erf.>lger: wrrd mrd
was di« Berpflichtmrg Deutschländs betrifft, vor jeder Prüfung
feiner Vorfchläge dem paffiven Widerstand ei» Eudä
z « bereiten. Die berden Rsgiermrgen häben das Progräm «
nenzuergreifendsrMatznähmengeregelt.um dew
DrM z« verMrle« nnd nm Dentfchländ M einer rafche« ErfSlluvg
fekner BerpflichtMrgen z» zwingen."

Wre dre Havasagentur Lerichtet, haben dre Mrnistrr den Sitzmrgs»
saal durch eine Hintertür verlaffen, mn den Fragen der Io»rnalisten
zu entgehen. Poincar« wird dem „Temps" zufolge Brüfsek
frühestens Donnerstag morgen 8 Uhr verlassen. Solltea
außergewöhnlrche llmständs etntreten, könnts fsrn Nufent«
halt vrelleicht noch etwas verschoben werden. Mit dtesen an.tzer-
ordentlichen Umständen ist dre Ueberreickmng der dsntschcn Vorichläge
gemeint, dre, wie man hrer vrelsach anninrmt, früh oenug in den
Händen des belgischen Außenministers sein würdrn, um von der
Brüffeler Konferenz nock besprocheu wsrden zv können.

Das „Zournal des Debats" will wiffen, datz London sich sehr
bemüht habe, um Belgren zu veranlaffen, airf Poincar« einen Druck
auszuüben .zugnnsten der Eröffnung gemeinfamer Ver-
handlungen. Das Dlatt fchrerbt hisrW. datz man in Frankreich
geneigt sei, die Unterhaltung mit dem snglitzhen Autzenamt bei der
ersten Gelegenheit wiedcr aufzunehmcn und diese Gelegenheit würds
durch die lleberrerchung der deutschen Notc geboten fern. Obwohl
diese wahrscheinlich (!) kerne Verhandlungsbasis brlden werde, seien
Parrs und Vrüffel entschloffen, sich in London var der Absendung
ihrer Aniwort an Dentschland zu beraten. Es mnß beigefügt werden,
daß die gesamte französische Preffe und vor allem auch der „Temps"
immsr und immrr wreder betont, daß ein Efnverständnis mtt Eng-
land nnr möglrch sei, wenn England dre Forderung nach Aufhebung
des pasfiven Widerstandcs mrt unterschreiLt, sowie die RLr>.mmlg der
Ruhr nach Maßgabe deutscher Zahlungen gutheitzt:

Siedni Toke in

Wuste A«sschreitu«gen der KomMnntsts«.

Leipzig. k. Zuni.

Der drrtte Tag dcr Leipziger DLMonstrationen frtzte morgens
rlchig ein. Trst in der Mittagsstunde begannen eirrzelne Pl 8 nke.»
leien mitden Poliziften. Dis gegen 4 Uhr waren fetenfnlls
die Polizisten Herr der Sitnation. Da drang plötzlich «n drr Grim».
marschen Stratze die Menge gegen fün? Neamte vor. Die Polizistr«
wnrden Wsrwkltigt und einPolizeibeamter niedergrfchlage«.
Er ift in dem Kranlenhaus Sankt Zalob an den Fslge« eines Stichss
in dcn RMrn gestorben- Jn der fLnften Nachmittegsstundo
fanden die vo» dcr fozlaldcmolr. Parier und deni Eewerlfchafrs-
kartell einbcrufcnen ProtestversaWmlungrn statt, die einsn rnhtgc«
Verlauf nahmen. Gegen 6 Uhr trasen fich ans dcm Rvgnstnsplatz di«
Demonstranten, deren Zahl auf etwa 28880 geschätzt
wurde. Dic ReLner sämtlicher Parteien proteftierts« gegen üie Bc-
setznng des RlihrgcLrets und lritisterten dre Haltnng drr Reichsrszie-
nmg. Die Redner warnten davor, fich praosziere« s« laffen. W8st"evd
die besonnencren Teilnehmer nach Schluß der Dersammlung den Platz
verließcn, lam es znAnsammlungen junger Leote «nd
kommunistischer Elsmente. DsrgeMch versuchten die
Funktronäre, eine grstzere Menge. die in die Erinrmaische Stratze
dringen wollte, zurriÄMhalten. Die Menge bombardicrte dir Be>
amtes mit ElasfEcken und Steinerr, und machte »o» Taschen-
messern nnd KnKppeln GeÄranch. Anfs äutzersts bevrängt,
m«tzt«l dre Bramte» BrrMrkmrg ertzitten. Da SchrMllchüll- fich als
vergrMch crwiefen, wnrden s ch ar f e S ch 8 f s e a b : n In

«ikder Fluckt stfirmts die Meng« nach dem Naguk-uspn' - ' 'Man
sah Prsvslatenre, die die Flichenden -nrLSMhatten ssrfuchte« mrd
fie zum Borgehe« gsgen die Pvlizkstcn antteizten. Etwazmanzig
Personen blieben liegen. Die Zahl der BerWUirdeten wicd
aof iibsr hrmdert angegeben.

Rach amtlichcn Feststellungen von 18 Uhr abends beteSgt die
Zahl dcr Toten sieben. llnter ihnen brfindet fi^> a»ch der
vorrrwähnte Polizsibeamte. Dcr Polizeipräfidcnt hat ci«
Berbot von Ansammlungen und llmzügen erläffen. Der iuuer«
S t a d t g ü r t e l i st a b g e s p « r rtt
 
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